3. Liga Interne Konflikte, sportliche Krise - der TSV 1860 am Scheideweg
Die Saison 2023/24 der 3. Liga ist beendet. Dem TSV 1860 steht im Sommer ein Umbruch bevor. Nicht nur im Kader, sondern auch im Verein, wenn am 16. Juni ein neuer Verwaltungsrat gewählt wird. Das "Bündnis Zukunft 1860" bringt sich schon in Stellung.
Dynamo Dresden, Rot-Weiß Essen, MSV Duisburg, Karlsruher SC, 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Braunschweig: Mit großen Gegnern hat und hatte es der TSV 1860 in den sechs Saisons, in denen die Löwen in der 3. Liga spielen, zu tun. Seit sechs Saisons verpassen die Münchner Spielzeit für Spielzeit das große Ziel, den Aufstieg in Liga zwei. Und so groß die Konkurrenz um dieses sportliche Ziel ist: Jahr ein Jahr aus, wird man den Eindruck nicht los, der größte Gegner, den der TSV 1860 kennt, ist er selbst.
TSV 1860: Grabenkämpfe überschatten wichtige Entscheidungen
Grabenkämpfe sind bei den Münchner Löwen praktisch Tradition. Wirklich ruhig war es in diesem Verein nie. Doch seit Hasan Ismaik 2011 für 18 Millionen Euro 60 Prozent der Aktien des TSV 1860 kaufte, sind die Gräben, die sich durch den gesamten Verein ziehen, besonders tief. Der Abstieg aus der 2. Bundesliga im Jahr 2017 und der darauffolgende Absturz in Liga vier verschärften die Situation noch einmal.
Seit Jahren prägen gegenseitige Vorwürfe, Anschuldigungen und öffentlich ausgetragene Streits das Klima im Verein. Auseinandersetzungen werden nur selten sachlich geführt. Wichtige zukunftsweisende Entscheidungen stehen immer im Schatten der internen Konflikte: Trainersuche, Geschäftsführer-Entscheidungen, Kaderplanung - über allem schwebt immer der große Konflikt zwischen "der Ismaik-Seite" und der "e.V.-Seite", die sich seit 2017 um Präsident Robert Reisinger formiert.
Großer Umbruch beim TSV 1860 steht an
Die sechste 3.-Liga-Saison in Folge ist nun beendet. Sportlich verlief sie enttäuschend. Eine Trainerentlassung, Abstiegssorgen und am Ende Rang 15 in der Tabelle. Die eigenen Ansprüche wurden weit verfehlt. Im Sommer steht wieder einmal ein Umbruch an. Im Kader, schließlich verlassen mindestens 13 Spieler die Löwen, - aber auch in den Gremien.
Am 16. Juni wird auf der Mitgliederversammlung auch der Verwaltungsrat gewählt. Eine womöglich wegweisende Wahl. Insgesamt 24 Kandidaten bewerben sich für den Verwaltungsrat. Es ist das Schaltorgan des Vereins, kontrolliert die Geschäfte des e.V., des Präsidenten und schlägt diesen auch vor.
BR24Sport-Infos: "Bündnis Zukunft 1860" lädt zu Online-Veranstaltung
Mit dem "Bündnis Zukunft 1860" organisieren sich nun bekannte und weniger bekannte Gesichter, um - nach eigenen Angaben - die Gräben zu schließen und den Verein in eine ruhigere Zukunft zu führen. Das bekannteste Gesicht: Klaus Josef Lutz. Wirtschaftsmanager und der ehemalige Vorstandsvorsitzende von 1860-Sponsor BayWa.
"Ich rede mit jedem und würde mich auch freuen, wenn von allen Seiten ein entsprechender Beitrag kommt", sagt Lutz im exklusiven Interview mit dem BR und erläutert seine Position: "Zum Beispiel muss man mit Hasan Ismaik sprechen. Dem Mann gehören 60 Prozent der KGaA." Ein klarer Fingerzeig in Richtung Präsident Reisinger. Doch als "Ismaik-Mann" möchte Lutz aber nicht gelten: "Das bedeutet nicht, dass man sich mit ihm gemein macht. Wir haben hier zwei Gesellschafter. Da muss man miteinander sprechen."
Nach exklusiven Informationen von BR24Sport lädt das Bündnis am 3. Juni zu einem Online-Termin. Eingeladen sind vier amtierende Mitglieder des Verwaltungsrats. Dann soll über konkrete Inhalte zum Wohle des Vereins gesprochen werden. "Zukunft 1860" hat einen sogenannten "Matchplan" entwickelt, den die Teilnehmer den Vertretern des Verwaltungsrats erläutern wollen.
Auch Gernot Mang tritt zur Wahl an. Der CEO der Unternehmensgruppe Vivonio ist bislang ein eher unbekanntes Gesicht im Dunstkreis des TSV 1860 und kein Teil des "Bündnis Zukunft 1860". Er tritt als freier Kandidat an. Mang wirbt ebenfalls für mehr Dialog an der Grünwalder Straße: "Wenn wir wissen, wohin der Verein will, müssen wir alle an einem Tisch sitzen", sagt Mang und erklärt: "Es kann nur gehen, wenn ein starker e.V. und ein starker Verein sagt: 'Das ist der Weg und dahin wollen wir'. Ich bin überzeugt, dass man dann miteinander spricht und vor allem Entscheidungen trifft", so Mang gegenüber dem BR.
Präsident Reisinger kritisiert "Bündnis Zukunft 1860"
Martin Gräfer, ebenfalls Teil des "Bündnis Zukunft 1860" und Vorstandsvorsitzender des Löwen-Sponsors "Die Bayerische", sagt: "Es gibt bei beiden Seiten keinen Plan. Keine Strategie. Keine Vision dafür, wie es in Zukunft auf einem gemeinsamen Weg weitergehen kann." Gräfer und das Bündnis Zukunft ist allerdings nicht ganz unumstritten.
Zuletzt kritisierten einige Fans, dass der Unternehmer immer wieder betont hatte, kein Amt beim TSV 1860 anzustreben und empfinden dessen Kandidatur nun als Wortbruch. Der FDP-Politiker Martin Hagen, lange Teil des Bündnis Zukunft 1860, hat sich aus zeitlichen und beruflichen Gründen zurückgezogen.
Auch Präsident Reisinger sieht die Kandidaten des Bündnisses - wenig überraschend - kritisch. "Sponsorenvertreter aus dem Bereich Profifußball sollten sinnvollerweise nicht in Gremien des gemeinnützigen Vereins sitzen, in denen es um Amateursport geht, sondern sich in einem Wirtschaftsbeirat für die TSV München von 1860 GmbH & CO. KGaA engagieren. Dort sind sie näher am Gegenstand ihres Interesses und können ihre Erfahrungen und Kompetenzen beratend einbringen. Das Präsidium des Muttervereins wird das in der Gesellschafterversammlung anregen", so Reisinger in einem Statement gegenüber dem BR. Und so begleitet auch die Opposition, die für mehr Dialog und weniger Streit beim TSV 1860 sorgen will, schon vor der Mitgliederversammlung einige Nebengeräusche.
Mang: Dialog ist "alternativlos"
24 Kandidaten stehen am 16. Juni zur Wahl. Aktuelle Mitglieder des Verwaltungsrats, freie Kandidaten, das Bündnis Zukunft. Lutz richtet im Vorfeld einen Appell an die Mitglieder des TSV 1860: "Wenn ich meine Verantwortung als Mitglied in einem Verein wahrnehmen möchte, etwas ändern möchte und damit die Grundlage für Lösungen schaffen möchte, dann muss ich am 16. Juni zur Mitgliederversammlung gehen." Auch Mang mahnt eindringlich: Dialog sei "alternativlos".
Am 2. August startet die 3. Liga in die Saison 2024/25. Mit Hansa Rostock und VfL Osnabrück stehen zwei Zweitliga-Absteiger fest. Große Gegner für den TSV 1860 im Kampf für die großen sportlichen Ziele, die der Verein in München-Giesing hegt. Es wäre den Löwen-Fans zu wünschen, wenn solche Traditions-Teams die größten Gegner sind, die sich den Aufstiegsträumen in den Weg stellen.
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Quelle: Blickpunkt Sport 19.05.2024 - 22:00 Uhr