BR24 Sport Hitzlsperger: Vereine müssen homophoben Aussagen entgegentreten
Zehn Jahre ist es her, dass Thomas Hitzlsperger sich als homosexuell outete. Seitdem sieht der ehemalige Fußball-Profi Veränderungen im Umgang mit dem Thema Homosexualität - positiv wie negativ.
Am 8. Januar 2014 bekannte sich Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger als erster prominenter Fußballer zu seiner Homosexualität - knapp drei Monate nach seinem Rücktritt vom aktiven Profifußball. Auch zehn Jahre später gehört das Thema Homosexualität zu den großen Tabus im Fußball.
"Es war nicht mein primäres Interesse, der Welt mitzuteilen, dass ich homosexuell bin, sondern wie wir damit umgehen, wie wir mit Homosexualität im Profisport, aber auch in der Gesellschaft damit umgehen", stellt der 41-Jährige im Exklusiv-Interview mit BR24Sport klar.
Als aktiver Fußballer "noch nicht stark genug" fürs Outing
In seiner aktiven Zeit als Fußballer habe er viel darüber nachgedacht, wie er mit seiner Homosexualität umgehen soll. "Ich wollte es öffentlich sagen, aber ich war zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch nicht stark genug." Und es stand auch die Frage im Raum: "Was passiert, wenn ich an die Öffentlichkeit gehe?" Der Druck sei damals groß gewesen. Hitzlsperger konsultierte auch einen Anwalt - und der gab ihm den Ratschlag: "Lassen Sie es lieber bleiben". Aber nach dem Ende seiner Profilaufbahn war dem ehemaligen Nationalspieler klar: "Ich möchte es jetzt sagen - das redet mir niemand aus!"
Hitzlsperger sieht Verbesserung im Umgang mit Homosexualität
Nach dem Bayern hat sich bislang kein weiterer Fußball-Profi in Deutschland geoutet. "Dass in der Beziehung gar nichts passiert ist, ist schon erstaunlich", sagt Hitzlsperger. Er sieht aber durchaus Fortschritte im Umgang mit dem Thema Homosexualität: "Es gibt Verbesserungen, in der Art und Weise wie Vereine und Verbände über das Thema sprechen. Sie zeigen, wie wichtig ihnen Vielfalt ist - das zeigt sich auch in den Kurven".
Doch es gibt nach wie vor Anfeindungen und Diskriminierungen. Fabian Reese von Hertha BSC lackiert sich gerne die Fingernägel - und das steht für manche im Widerspruch zu den klassischen Idealen im Männerfußball. Reese bekam dafür in den Sozialen Medien Gegenwind. "Reese setzt damit ein klares Statement - aber die Reaktionen zeigen die Konflikte, die wir immer wieder auszutragen haben", so der 41-Jährige.
Im Video: "Der Erste" - Die BR24Sport-Story zur Homosexualität im Profifußball
"Vereine müssen diskriminierenden Äußerungen gegenwirken"
Und wie soll ein Verein reagieren, wenn ein Spieler mit homophoben Äußerungen auffällt? So wie beispielsweise im Fall Noussair Mazraoui? Der Bayern-Profi solidarisierte sich mit einem Spieler, der einen Aktionstag gegen Homophobie boykottierte.
Der FC Bayern betont hingegen immer wieder, dass er für "Toleranz und Vielfalt" stehe. "Der FC Bayern hat beim Thema Homosexualität eine klare Haltung: Niemand soll sich wegen seiner sexuellen Orientierung verstecken müssen", sagte Präsident Herbert Hainer im Mai 2021.
Muss der Verein da gegenwirken? Die klare Antwort von Hitzlsperger lautet "Ja". Denn "natürlich haben Fußballspieler auch das Recht, ihre Meinung zu äußern. Wenn diese Meinung der Spieler aber konträr zu dem ist, was der Verein nach außen gibt, dann wird es kompliziert. Ich finde, dass die Vereine die Pflicht haben, mit den Spielern in den Dialog zu treten. Dass man mit ihnen darüber spricht, dass man in Erfahrung bringt, warum sie so sprechen, warum sie so denken."
Die aktuelle Lage findet Hitzlsperger "bedenklich". Die Stimmung in der Gesellschaft sei "durch verschiedene Gründe aufgeheizt". Der 41-Jährige hofft, "dass es wieder in eine Richtung geht, wo wir ein gutes Miteinander haben werden."
Alle Folgen der BR24Sport-Story "Der Erste - Homosexualität im Profifußball" in der ARD Mediathek
Dieser Artikel ist erstmals am 26.12.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
Quelle: Blickpunkt Sport 17.12.2023 - 21:45 Uhr