Tour de France Femmes Riedmann feiert Premiere, Koch hilft Kool zum Etappensieg
Zum ersten Mal fand der Grand Depart der Tour de France Femmes im Ausland statt. Von der Innenstadt Rotterdams ging es an die Nordsee nach Den Haag. Auch deutsche Fahrerinnen sind am Start, darunter einige Routiniers, aber auch eine Newcomerin.
Sommer, Sonne, Strand und Meer - eigentlich bräuchten die meisten Menschen nicht mehr zum glücklich sein. Oder? Zumindest der geneigte Radsportfan würde nicht lange über die Antwort nachdenken müssen: Das berühmteste Frauenrennen der Welt natürlich. Wie gut also, dass die erste Etappe der Tour de France Femmes am Montag (12.08.2024) in unmittelbarer Nähe der Strandpromenade von Den Haag endete.
Und noch besser, dass sich die niederländischen Gastgeber auch noch über den Sieg ihrer Landsfrau Charlotte Kool freuen durften, die im Massensprint allen davoneilte und somit das Gelbe Trikot der Gesamtführenden in Empfang nehmen durfte.
Koch feiert Kool-Sieg
Bedanken durfte sich Kool für ihren ersten Tour-Etappensieg auch bei ihrer Teamkollegin Franziska Koch. Als Helferin ist es Kochs Aufgabe, Lücken zu schließen, Getränke zu liefern und ihre Sprinterin in die perfekte Ausgangsposition für den Sprint zu bringen. Sie selbst freut sich jedoch am meisten auf die dritte und vierte Etappe, welche an die Frühjahrsklassiker erinnern - halt nur im August. "Ein hartes Rennen mit kürzeren Anstiegen liegt mir einfach am besten", so Koch gegenüber der Sportschau.
Doch auch die letzte Etappe mit dem legendären Alpe d'Huez lässt sie strahlen. Das alles im Trikot der deutschen Meisterin zu absolvieren, nachdem sie so oft vierte Plätze eingefahren hat, sei überdies eine große Ehre: "Das gibt einen guten Kick an Selbstbewusstsein. Ich repräsentiere damit Deutschland, worauf ich wirklich stolz bin."
Lippert auf Etappenjagd
Ebenfalls auf den hinteren Rängen, aber ohne Zeitverlust, kam Liane Lippert ins Ziel. Die 26-Jährige ist Deutschlands aussichtsreichste Kandidatin auf einen Etappensieg, wie sie bereits im vergangenen Jahr bewiesen hat. Damals feierte Lippert ihren ersten Profisieg überhaupt - und das ausgerechnet auf der größten Bühne des Frauenradsports. Dies sei ein unbeschreiblicher Moment gewesen, so die dreimalige deutsche Meisterin.
Während Lippert 2023 noch als Edelhelferin von Radsport-Superstar Annemiek van Vleuten im Peloton unterwegs war, übernimmt sie nun nach deren Rücktritt bei der diesjährigen Ausgabe die Kapitänsrolle in ihrem Team Movistar. Dennoch wird nicht auf das Gesamtklassement geschaut. Das Ziel seien Etappensiege, vor allem zum bergigen Ende der Tour hin. Dass das funktionieren kann, zeigte sie beim Giro d'Italia - trotz einer langen Leidenszeit aufgrund einer Stressfraktur des Oberschenkels, der sie lange außer Gefecht setzte, holte sie sich einen Tagessieg.
Ein Traum geht in Erfüllung
Alles andere als ein alter Hase ist dagegen Linda Riedmann. Denn die Fahrerin vom Spitzenteam Visma-Lease a Bike feierte beim Auftakt ihre Tour-Premiere. Das sei etwas ganz Besonderes, wie die 21-Jährige der Sportschau im Vorfeld der ersten Etappe erzählte: "Seit ich klein bin, habe ich davon geträumt, die Tour zu fahren und dass das jetzt Wirklichkeit wird, ist megacool." Vor allem auf den Alpe d'Huez freut sich die Newcomerin. Den sei sie bereits im vergangenen Jahr abgefahren - allerdings im Regen und ohne großes Publikum: "Der Berg an sich ist natürlich mystisch. Schon allein, wenn man an jeder Kurve die Namen der ehemaligen Sieger sieht, das ist schon ein tolles Gefühl."
Auch wenn die Vorfreude auf die heutige Etappe überwog, sei sie doch schon nervös gewesen. Davon gemerkt hat man allerdings wenig. Als beste deutsche Fahrerin überquerte Riedmann als 34. die Ziellinie in Den Haag. Ihr Ziel, Marianne Vos zum Etappensieg zu fahren, ging jedoch nicht ganz auf. Der niederländische Sprintstar wurde Fünfte.
Kasper als Kapitänin gefragt
Auch Romy Kasper war einst im Helferdienst tätig, bei der diesjährigen Tour führt sie jedoch das Team an. Die 36-Jährige ist die Erfahrenste aller deutschen Starterinnen, allein sechs Giro d'Italia-Teilnahmen kann sie vorweisen. "Meine Aufgabe im Rennen ist es, das Geschehen zu koordinieren, den Überblick zu behalten und die richtigen Entscheidungen zu treffen, um eine unserer Fahrerinnen in der Gesamtwertung mindestens in die Top Ten zu bringen", so Kasper im Gespräch mit der Sportschau.
Allerdings gäbe es ebenfalls Etappen, in der sie freie Fahrt habe. "Wenn es die Chance gibt, wie im vergangenen Jahr in eine Spitzengruppe zu gehen, bin ich natürlich bereit. Aber wenn das Team gut durch die Tour kommt, dann ist alles bestens", gibt sich Kasper bescheiden. Zumindest auf der heutigen Etappe gelang für Human Powered Health die erste Top-Ten-Platzierung durch Daria Pikulik.
Rücktritt vom Fast-Rücktritt
Dass Hannah Ludwig heute im Trubel von Rotterdam am Start stand, war auch nicht selbstverständlich. "Ich war nach der letzten Saison ziemlich sicher, dass ich aufhören würde, weil mein Vertrag bei Uno-X Mobility nicht verlängert wurde und ich mental überhaupt nicht gut drauf war", so Ludwig im Interview. Auf Anraten ihrer Freunde und Familie habe sie sich jedoch für das Weitermachen entschieden - auch weil sie ihre Karriere nicht auf solch einem Tiefpunkt beenden wollte.
Nun fährt die 24-Jährige für das französische Team Cofidis, mit dem ihr im Mai der erste Profisieg der Karriere gelang. Das habe sie selbst überrascht. "Ich bin sehr entspannt und eigentlich ohne Erwartungen in die Saison gegangen. Jetzt habe ich aber meine Freude am Radsport wiedergefunden", sagt Ludwig. Auf der heutigen Etappe ging es dagegen hart zu, am Ende verlor sie 25 Sekunden auf die Führenden. "Es war nicht super, aber auch nicht schlecht. Aber jetzt muss ich erst einmal viele kalte Getränke trinken", kündigt Ludwig nach dem Rennen an. Ein Sprung in die kühle Nordsee wäre bei dieser Hitze allerdings auch eine Option gewesen.