Juan Ayuso vom Team UAE
analyse

Sieger bei Tirreno Adriatico Juan Ayuso - großer Schritt für "kleinen Pogacar"

Stand: 17.03.2025 08:07 Uhr

Juan Ayuso gewinnt souverän den Tirreno Adriatico. Der erst 22-jährige Spanier vom Team UAE wird mit Tadej Pogacar verglichen - und scheint in der Lage zu sein, auch den Giro gewinnen zu können.

Von Tom Mustroph, San Benedetto del Tronto

Das letzte Häkchen ans Kästchen machte Juan Ayuso am Sonntag in San Benedetto del Tronto. Gut aufgehoben in der Mitte des Pelotons rollte er in der Stadt an der Adria über den Zielstrich. Sein Gesamtsieg beim Tirreno Adriatico stand damit fest. "Das ist ein weiterer Schritt in seiner Entwicklung. Er kam hierher, um gut zu performen. Dann klappte es schon gut mit dem Zeitfahren. Und auf der vorletzten Etappe schlug er richtig zu", sagte Fabrizio Guidi, sportlicher Leiter des Spaniers bei UAE Team Emirates XRG, zur Sportschau.

Dem ist wenig hinzuzufügen. Ayuso bewies in allen Teildisziplinen, die wichtig sind für einen Rundfahrer, seine Klasse. Im Auftaktzeitfahren ließ er lediglich Ex-Weltmeister Filippo Ganna den Vortritt. Bei den kleineren Bergen war er vorn mit dabei. Und bei dem einzigen Riesenbrocken dieser einwöchigen Rundfahrt, dem Anstieg nach Frontignano auf der Königsetappe am Samstag, stiefelte er allen Rivalen leichtfüßig davon. "Wenn du gute Beíne hast, fällt dir alles leichter", sagte er lächelnd auf der Siegerpressekonferenz.

Power-Duo Ayuso und Del Toro

Vorbereitet hatte seine Attacke ein anderer Jungstar aus dem reichen Talentereservoir des Rennstalls, der ein Jahr jüngere Mexikaner Isaac Del Toro. "Er ist noch nicht ganz so weit wie Ayuso, er hatte zuvor auch etwas Zeit verloren. Deshalb haben wir uns für diese Aufgabenverteilung entschieden", sagte der sportliche Leiter Guidi der Sportschau. Und er lobte Del Toro: "Er hat seine Sache sehr gut gemacht. Und er hat auch sehr viel Potenzial."

Ayuso stellte das gute Verhältnis zu Del Toro heraus: "Wir verstehen uns wirklich gut. Er hat mir eine Menge geholfen. Und ich hoffe, dass wir noch viele Rennen gemeinsam fahren und ich ihm dann auch helfen kann."

Die nächste große gemeinsame Verabredung der beiden Top-Talente ist der Giro d’Italia. Für die Rundfahrt sind beide eingeplant. Und das besondere ist: Sie werden sie – wie jetzt schon den Tirreno Adriatico – auf eigene Rechnung fahren können, ohne ihre übergroßen Teamkollegen Tadej Pogacar. "Wenn Tadej dabei ist, fahren wir natürlich für ihn. Er ist der beste Fahrer der Welt. Das bedeutet aber auch, dass du jede Chance, die du selbst bekommst, einfach nutzen musst. Deshalb bin ich sehr froh, hier gewonnen zu haben", sagte Ayuso.

Freiheitsgefühle ohne Pogacar

Und dass er insgeheim froh ist, dass Pogacar in diesem Jahr den Giro auslässt, musste der Spanier nicht groß betonen. "Wir versuchen, den Jungs Freiräume zu geben, damit sie die Motivation nicht verlieren", wies Guidi auf die Feinjustierung bei der Rennplanung hin.

Er hält die Leistungsdichte im Rennstall aber nicht für ein Problem. Zur Rundfahrerfraktion gehören neben Pogacar und dem Jugend-Duo Del Toro und Ayuso auch noch der alte Rundfahrtrecke Adam Yates und der frühere Giro-Dritte Joao Almeida sowie die Top-Talente Pablo Torres und Jan Christen. Giudi, der sportliche Leiter, sagt: "Nein, nein, für mich ist das ein Punkt der Stärke. Die Fahrer treiben sich gegenseitig an. Und es ist auch besser, sie im eigenen Team zu haben als beim Gegner."

Vergleiche mit Pogacar

Ayuso ragt aus der Phalanx hinter Pogacar mittlerweile heraus. In spanischen Medien wird er sogar schon als der "kleine Pogacar" gefeiert. Und als er Anfang März die Faun Drome Classic in Frankreich mit einem 40-km-Solo gewann, wurde das – in Anbetracht der langen Solofluchten von Pogacar –beschrieben als: "Da hat er einen Pogacar rausgeholt."

Ayuso selbst findet diese Vergleiche bittersüß. "Auf der einen Seite ist das schön. Denn es bedeutet ja, dass ich dem besten Fahrer der Welt sehr ähnlich bin. Aber auf der anderen Seite mag ich es nicht. Ich möchte nicht mit anderen verglichen werden. Mein Name soll für sich selbst stehen."

Kältetraining für den Giro d‘Italia

Gut möglich, dass der Name Ayuso bald für einen Grand-Tour-Sieg steht. Für den Giro fühlt er sich nach dem Tirreno jedenfalls gut vorbereitet. Nicht nur wegen des Sieges: "Es hat so viel geregnet hier. Unter solchen Bedingungen bin ich bisher selten gefahren. Ich litt auch darunter. Und am nächsten Tag wurde es noch kälter. Als ich dann sah, wie die anderen litten, half mir das etwas darüber hinweg. Ich denke aber auch, dass solche Tage auch beim Giro kommen können, Insofern war das eine gute Schule, die mich mental wachsen ließ."

Ayuso hat bei dieser durch meteorologische Turbulenzen geprägten Rundfahrt sein Talent eindeutig unter Beweis gestellt. Er ist jetzt reif für die ganz großen Taten. Und selbst wenn er den Vergleich mit Pogacar nicht mag – er scheut ihn auch nicht. Im Trainingslager im Dezember kündigte er an, einmal der "beste Fahrer der Welt" werden zu wollen. Kein Anspruch ist zu klein für dieses Großtalent aus Spanien.