Olympia-Historie Olympia 1924 in Paris: Die Spiele der Superstars
Olympia feiert seine ersten "Helden": Läufer-Legende Paavo Nurmi avanciert zum Top-Star der Spiele, "Tarzan" Johnny Weissmüller startet im Schwimmbecken seine Weltkarriere.
Noch einmal Spiele in Frankreich - das wünscht sich IOC-Präsident Pierre de Coubertin zu seinem Abschied. Und er bekommt sie, in Paris. Diesmal - und im Gegensatz zu 1900 - perfekt organisiert und mit herausragenden sportlichen Leistungen: Allein in der Leichtathletik werden trotz teils extremer Hitze sieben Weltrekorde aufgestellt.
Allerdings muss Coubertin auch eine persönliche Niederlage einstecken. Gegen den erklärten Willen des IOC-Präsidenten erstreiten sich die Frauen, die bereits 1921 mit der "Frauen-Olympiade" eine ernst zu nehmende Gegenveranstaltung initiiert hatten, ihre erste "offizielle" Teilnahme an den Spielen. Nach 78 weiblichen Aktiven 1920 sind diesmal 136 Frauen bei Olympia vertreten - in sechs Sportarten.
Eine Gruppe von lieblosen Holzbaracken mit Speise- und Aufenthaltsräumen sowie einem Postbüro bilden das erste Olympische Dorf. Die Deutschen sind - wie 1920 - abermals von den Spielen ausgeschlossen.
Heldentaten von Nurmi und Weissmüller
Fünfmal Gold - so sieht die Erfolgsbilanz von Paavo Nurmi in Paris aus. Nach acht Weltrekorden rennt der finnische "Wunderläufer" in der französischen Hauptstadt endgültig auf den Olymp. Zwei Siege - über 1.500 m und 5.000 m - holt der dreimalige Olympiasieger von Antwerpen binnen nur einer Stunde.
"Kurz nach dem Lauf war Nurmi noch so frisch und gut gelaunt wie nach einem kurzen Training", notiert der französische Journalist Gaston Bénac im ARD-Olympia-Buch nach Nurmis Doppelerfolg an jenem Tag.
Ebenso sensationell, aber öffentlich weniger beachtet, schlägt sich Nurmis Landsmann Vilho Ritola. Mit viermal Gold und zweimal Silber übertrumpft Ritola den großen Nurmi sogar nach Zahl der gewonnenen Plaketten.
In puncto Popularität kommt allein Johnny Weissmüller dem finnischen Ausnahme-Läufer nahe. Der US-Schwimmer, Sohn Siebenbürger Schwaben, glänzt in Paris mit drei Goldmedaillen - sowie Bronze im Wasserball.
Unsterblich wird der damals 20-Jährige später in Hollywood - als Darsteller des legendären "Tarzan", dessen weltberühmter Dschungelschrei, wie er später offenbart, auf viel geübtes alpines Jodeln zurückzuführen ist.
Beißer beim Boxen
Für ein Novum sorgt Weitspringer William Hubbard: Dem US-Amerikaner gelingt als erstem Schwarzen der Sieg in einem Einzelwettbewerb. Gold über 100 Meter geht dagegen erstmals an einen Europäer: Harold Abrahams aus Großbritannien gewinnt in 10,6 Sekunden.
Abrahams, Jurastudent der Universität Cambridge, durchbricht damit in Paris die Vorherrschaft der Sprinter aus Übersee. Erst 36 Jahre später schnappt mit dem Deutschen Armin Hary (1960 in Rom) wieder ein Europäer den US-Boys Gold über 100 Meter weg.
Im Turnen dominieren die Schweizer mit zwei Gold-, zwei Silber- und drei Bronzemedaillen. Beim Boxen nimmt der Franzose Roger Brousse den Begriff "Durchbeißen" allzu wörtlich: Er wird im Viertelfinale nachträglich disqualifiziert, weil er seinen Gegner, den Briten Harry Mallin, mehrmals in Brust und Schulter gebissen hat. Mallin gewinnt am Ende Olympia-Gold.