Olympia in Paris Skateboarder mit 51: Andy Macdonald bringt das Stadion zum Ausflippen
Der Skateboarder Andy Macdonald hat sich den Olympia-Traum erfüllt und es mit 51 Jahren zu den Spielen in Paris geschafft. Danach hielt er sich weitere Olympia-Teilnahmen offen.
Das Alter ist nur ein Zahl, das sagen Sportler gerne, wenn sie übers Aufhören befragt werden. "Das Alter ist nur eine Zahl", das sagte vor Kurzem auch der Skateboarder Andrew Macdonald, ehe er in seine ersten Olympischen Spiele startete. Im Alter von 51 Jahren, wie er am Mittwochnachmittag (07.08.2024) noch einmal gestisch betonte, indem er bei seiner Vorstellung unter dem lauten Jubel der Zuschauer im provisorischen Pariser Skate-Park an der Place de la Concorde mit seiner rechten Hand fünf und mit seiner linken einen Finger in die Luft reckte. Mit einem breiten Grinsen wohlgemerkt.
Nur so viel: Es war der Beginn einer echten Macdonald-Show. "Ich habe meine Erwartungen ziemlich runtergeschraubt, habe mir das Schlimmste vorgestellt. Am Ende wurde es das Beste, das ich je erlebt habe. Ich habe die ganzen Lästerer überlebt und bin mit 51 Jahren hier", sagte Macdonald. Der Skater will dafür stehen, dass es nie zu spät ist, seinen olympischen Traum zu verwirklichen, er ist nun der älteste Olympia-Teilnehmer seiner Sportart. "Man wird nicht alt und muss aufhören, zu skateboarden", sagte er. "Man wird alt und kann immer noch skateboarden." Und das honorierten die Zuschauer.
Zuschauer würdigen Macdonald mit stehenden Ovationen
Sie haben ein feines Gespür dafür, wann es etwas lauter sein muss, wann besondere Momente anstehen, wann Geschichte geschrieben wird. Und so kämpften am Mittwoch in den Vorläufen insgesamt 24 Skateboarder um den Finaleinzug. Es gab grandiose Einzelleistungen, heftige Tricks und Verwirbelungen in der Luft einiger Athleten. Auch dann war das Publikum da, klatschte, würdigte die Leistungen.
Aber einer, der bekam eine besondere Prise des Applauses und am Ende auch noch eine Zeit lang stehende Ovationen: Andy Macdonald, der älteste Teilnehmer und eine Legende seines Sports, brachte das Stadion mit seiner Aufführung zum Ausflippen.
Auch Macdonalds Skate-Buddy Tony Hawk dabei
Eine andere Legende erwies ihm dabei die Ehre: Tony Hawk war auch da, grinste und jubelte mit, wenn sich Macdonald wieder mit seinem Skateboard aus der Rampenwanne heraus durch die Lüfte schleuderte. "Das letzte Mal, als ich in Paris war, war vor 16 Jahren", sagte er noch vor den Spielen. "Da habe ich eine Vorführung mit Tony Hawk gemacht, vor 5000 Leuten im Grand Palais. Tony hat einen 900er gemacht, was das Haus natürlich zum Beben gebracht hat."
Macdonald hat sich früher schon mit Hawk über die Rampen dieser Welt in die Lüfte geschleudert und ist die Geländer dieser Welt heruntergegrindet, seit 39 Jahren macht er diesen Sport nun. "Der ist mit meinem Trainer damals noch alle Wettkämpfe gefahren. Das muss ein richtig cooles Gefühl für ihn sein, dass er jetzt hier ist", sagte der einzige deutsche Teilnehmer Tyler Edtmayer, 23 Jahre alt. Wie Hawk war Macdonald auch mal ein Videospiel-Gesicht, allerdings das der kleineren Reihe "MTV Sports Skateboarding featuring Andy Macdonald" im Jahr 1999. Nur: Der 56 Jahre alte Hawk hörte irgendwann auf - und Macdonald machte immer weiter.
Hawk honoriert Macdonalds Weg zu Olympia
Vor ein paar Tagen postete Hawk nun ein Instagram-Bild der beiden und schrieb dazu: "Ich bin seit 30 Jahren mit diesem Kerl befreundet und er ist einer der talentiertesten Hardcore-Skater, die du je treffen wirst."
Er honorierte Macdonalds Weg zu Olympia, den sich der Brite erst vor wenigen Wochen mit einer brillanten Übung auf den letzten Drücker über die Qualifikation in Budapest sicherte. "Wir könnten uns keinen besseren Repräsentanten für unsere Generation auf der Weltbühne wünschen." Neun Mal wurde Macdonald in seiner Karriere Weltmeister, er sammelte insgesamt 23 Medaillen bei X-Games.
Geburtsort des Vaters sichert Macdonald Pass
Aber das mit dem Briten ist natürlich auch so eine Geschichte. Eigentlich ist Macdonald wie Hawk US-Amerikaner, lebt im Surferort San Diego, nur bei der Quali für Olympia war es selbstredend leichter, für ein anderes Land als die Skate-Nation USA zu starten. Macdonalds Vater wurde in Luton in England geboren, was ihm letztlich einen britischen Pass bescherte.
Damit er nun also antreten durfte an der Place de la Concorde, in dieser riesigen Wanne mit Hindernissen. Überall sah man Bremsspuren an den Außenwänden von den Trainingseinheiten der vergangenen Tage. Die Knieschoner müssen beim Skateboarden einiges aushalten, Stürze gehören dazu. Macdonald glänztedann am Mittwoch vor allem in seinem zweiten Run, den er mit einem Backflip aus der Wanne heraus beendete. Das hat sich sonst keiner getraut. "Ich habe einen Rückwärtssalto für die Fans gemacht, vielen Dank und gute Nacht."
Er wirkte schon nach dem Lauf so, als könnte er das alles selbst nicht glauben. Er legte sich sein Skateboard auf den Helm, beide Arme drauf. Darunter ein staunendes Gesicht ob der lärmenden Kulisse um ihn herum. Nach einem kurzen Moment schrie Macdonald dann seine Freude heraus, schlug mehrmals sein Board auf den Boden. Diese Wucht der Freude, das muss man unter dem olympischen Traum verstehen.
Macdonald hat am Mittwoch einen "Gefühlsrausch" erlebt
Nach Run drei erhoben sich dann die Menschen zum Schlussapplaus. Die Jury buhten sie - natürlich auch ein wenig parteiisch - aus, weil sie dem Skateboard-Veteranen den Weg ins Finale als 18., einen Platz hinter Edtmayer, verwehrten. Seine Läufe waren solide, doch zu den Top-Skatern um Olympiasieger Keegan Palmer fehlte am Ende ein ganzes Stück.
"Es war fantastisch hier zu sein", sagte er schließlich. Einen "Gefühlsrausch" habe er erlebt und gedacht: "Ja, wir haben es geschafft, es sind die Olympischen Spiele und ich bin hier." Kurz vor dem Wettkampf hat er noch Karten für seine Frau und seine Tochter organisiert.
Dass das mit dem Alter und der Zahl beim Skateboarden übrigens in beide Richtungen gilt, zeigt die Sportart auch. Bei den Frauen kämpfen regelmäßig 14-, 15- und 16-jährige Teenies um die Medaillen. "Viele sagen, das kannst du nur bis maximal 30 machen. Aber dann gibt es andere, die das Gegenteil beweisen", sagt Edtmayer.
Nächstes Ziel Los Angeles 2028? "Sag niemals nie"
Es sind ja auch bei den Männern Teenies mit dabei, aber auch der 49-jährige Dallas Oberholzer aus Südafrika war neben Macdonald mit am Start. "Das Alter macht mich zum Onkel", sagte Macdonald nun. "Das Skateboarden gibt es jetzt lange genug, um eine Geschichte zu haben. Aber es ist eine mündliche Geschichte, keiner hat sie niedergeschrieben. Ich kann sie weitergeben, weiß, wer diesen Trick erfunden hat, oder dass ich dabei war, als er erfunden wurde. Oder dass ich diesen Trick sogar selbst erfunden habe."
Dass das Alter dabei für ihn wirklich nur eine Zahl ist, das unterstrich er dann mit seiner nächsten Antwort. Die Frage, ob er an den Olympischen Sommerspielen in Los Angeles 2028 noch einmal teilnehmen will, beantwortete er mit den Worten: "Sag niemals nie!"