Kanurennsport bei Olympia Deutsche Kanu-Festspiele enden ohne weitere Medaille
Die deutschen Rennkanuten haben zum Abschluss der Kanuwettbewerbe bei den Olympischen Spiele eine weitere Medaille verpasst. Jakob Thordsen war im Kajak-Einer-Finale chancenlos, nachdem sich Seegras in seinem Boot verfangen hatte. Die deutsche Bilanz fällt dennoch mehr als positiv aus.
Thordsen hatte nach einem starken Auftritt im Halbfinale die Hoffnung auf eine Medaille genährt. Allerdings platzte der Traum bereits nach wenigen Metern. Der WM-Dritte blieb im Finale im Seegras hängen und wurde damit schon früh aller Chancen auf eine gute Platzierung beraubt.
Am Ende kam er abgeschlagen als Letzer nach 3:36,82 Minuten ins Ziel. Den Sieg holte sich der tschechische Routinier Josef Dostal (3:24,07 Minuten) mit sieben Zehntelsekunden Vorsprung vor dem Ungarn Adam Varga sowie dessen Landsmann und Tokio-Olympiasieger Balint Kopasz.
"Nach 20 Metern war das Ding durch"
"Ich bin am Start vorbeigefahren und habe versucht, das größte Kraut herauszuholen. Das Motorboot hat auch noch versucht, das Gras herauszumachen, wurde dann auch weggeschickt", sagte Thordsen im Anschluss niedergeschlagen. "Es tut ziemlich weh und ist auch enttäuschend. Nach 20 Metern hatte man 980 Meter vor sich und wusste, das Ding ist durch."
Schon beim Start verlor Thordsen überraschend schnell einige Meter und war auch im Anschluss ohne jede Chance. Eigentlich liegen die Stärken des 24-Jährigen auf der zweiten Rennhälfte, doch mit der Beeinträchtigung am Boot wuchs der Rückstand immer weiter an.
Jens Kahl, Sportdirektor des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV), übte scharfe Kritik am Olympia-Gastgeber. "Es ist bitter, wenn es dem Veranstalter nicht gelingt, eine Wettkampfstrecke herzurichten, die für alle faire Bedingungen bringt. Da sind vier Jahre Arbeit gleich null und nichtig", sagte der Funktionär.
Winkelmann und Rößeling scheitern im Halbfinale
Anton Winkelmann und Enja Rößeling hatten bei ihrem Olympiadebüt den Endlauf verpasst. Der 21-jährige Winkelmann startete zwar vielversprechend in sein Halbfinale und setzte sich direkt an die Spitze, allerdings hatte er sich die Kräfte nicht richtig eingeteilt. Die Konkurrenz konnte schnell aufschließen und hatte ihn noch vor der Hälfte des Rennens überholt. Winkelmann kam als Siebter abgeschlagen ins Ziel.
Im B-Finale startete der Deutsche erneut mit viel Elan und teilte sich das Rennen dieses Mal auch besser ein. Auf den letzten 200 Metern holte er noch einmal alles raus und paddelte kurz vor dem Ziel am Spanier Francisco Cubelos vorbei auf Platz zwei (3:28,04 Minuten) - gleichbedeutend mit Rang zehn in der Gesamtwertung.
Für Rößeling war bereits der Einzug ins Halbfinale im Kajak-Einer ein großer Erfolg. Der Traum von Olympia war für die 22-Jährige erst vor wenigen Wochen wahr geworden, nachdem sie von der Rückgabe eines Quotenplatzes durch Belarus profitiert hatte. Für das Finale hätte sie in ihrem Lauf unter die besten zwei Athletinnen kommen müssen, scheiterte an dieser Aufgabe aber deutlich. Rößeling beendete das Rennen nach 1:57,22 Minuten als Letzte und verpasste damit auch einen Startplatz im "kleinen Finale".
Carrington zieht mit Fischer gleich
Olympiasiegerin wurde erneut Lisa Carrington. Die Neuseeländerin sicherte sich in olympischer Bestzeit von 1:47,36 Minuten ihre achte Goldmedaille bei Olympischen Spielen und zog damit mit der deutschen Kanu-Legende Birgit Fischer gleich. Über die 500 Meter hatte Carrington bereits vor drei Jahren in Tokio triumphiert. In Paris gewann sie zudem im Kajak-Vierer und im Kajak-Zweier mit Alicia Hoskin. Bronze ging an die Ungarin Tamara Csipes, Silber an Emma Aastrand Jorgensen aus Dänemark.
Die letzte Kanu-Goldmedaille in Paris gewann im Canadier-Einer über 200 Meter die Kanadierin Katie Vincent mit einer Hundertstselsekunde Vorsprung vor Nevin Harrison aus den USA. Bronze sicherte sich die Kubanerin Yarisleidis Cirilo Duboys.
Deutsche Kanu-Festspiele in Paris
Auch wenn es am letzten Tag der Kanuwettbewerbe nicht für einen weiteren Platz auf dem Podium reichte, haben die deutschen Kanuten bei den Spielen in Paris ihrem Ruf als Medaillenhamster alle Ehre gemacht. Allen voran die beiden deutschen Paradeboote lieferten: Der Kajak-Vierer der Männer mit Max Rendschmidt, Max Lemke, Tom Liebscher-Lucz und Jakob Schopf gewann nach einem irren Fotofinish-Krimi Gold, der Vierer der Frauen mit Pauline Jagsch, Jule Hake, Paulina Paszek und Sarah Brüssler holte überraschend Silber.
Für Rendschmidt war es bereits die vierte Goldmedaille bei Olympischen Spielen. Ihm wird nun eine besondere Ehre zuteil: Gemeinsam mit Laura Lindemann, Olympiasiegerin in der Triathlon-Mixed-Staffel, wird der 30-Jährige die deutsche Fahne bei der Abschlussfeier am Sonntag tragen.
Deutsche Kanu-Frauen zurück auf der Bildfläche
Auch im Kajak-Zweier unterstrichen die Deutschen ihre Favoritenrolle. Gold gab es auch hier für Lemke/Schopf, Paszek/Hake fuhren zu Bronze. Vor allem die Erfolge der deutschen Frauen unterstreichen die erfolgreiche Arbeit in den letzten Jahren unter Bundestrainer Arnd Hanisch. Bei den vergangenen Sommerspielen in Tokio hatte es zu keiner Medaille gereicht. Selbst der so erfolgsverwöhnte K4 war erstmals seit 1984 leer ausgegangen. In Paris meldeten sich die deutschen Frauen nun zurück in der Weltspitze - dort, wo die deutschen Männer seit Jahrzehnten zum Maß aller Dinge gehören.
Es waren oft ziemlich enge Rennen, in denen wir gezeigt haben, dass wir in der Weltspitze dabei sind.
"Wir ziehen eine sehr gute Gesamtbilanz", sagte Hanisch. "Wir hatten uns vorgenommen, fünf Medaillen zu holen. Jetzt sind es vier geworden. Es waren oft ziemlich enge Rennen, in denen wir gezeigt haben, dass wir in der Weltspitze dabei sind." Daneben begeisterte ihn auch die Solidarität innerhalb des Teams. "Egal, wer gefahren ist - jeder hat für jeden die Daumen gedrückt. Das war beeindruckend und hat das Gesamtergebnis widergespiegelt."
Die Slalomkanuten, die vor drei Jahren in allen Wettbewerben aufs Podest gefahren waren, steuerten zwei weitere Medaillen bei. Nach Elena Liliks Silberfahrt im Canadier-Einer sorgte Noah Hegge mit Bronze im Kajak-Cross für einen versöhnlichen Abschluss. Inklusive der beiden Podestplätze im Kanuslalom habe der DKV die sechs Medaillen, "die wir angesprochen hatten, eingesammelt", sagte Sportdirektor Kahl: "Damit ist die Pflicht erfüllt."
Enttäuschung für den "König der Canadier"
Doch nicht alle deutschen Boote konnten in Paris glänzten. Allen voran Sebastian Brendel erlebte bei seinen wohl letzten Sommerspielen eine herbe Enttäuschung. Der mittlerweile 36-jährige "König der Canadier" war nach starken Vorleistungen mit großen Hoffnungen in sein Finale gegangen, fuhr dort allerdings als Letzter über die Ziellinie und ließ seine Zukunft offen. "Ich kann noch nicht sagen, ob das mein letztes olympisches Rennen war. Ich werde in den nächsten Tagen in Ruhe darüber nachdenken", sagte der dreimalige Olympiasieger.
Ähnlich hörte es sich beim Canadier-Duo Tim Hecker/Peter Kretschmer an. Auch die Weltmeister waren mit großen Ambitionen gestartet, paddelten im Finale allerdings an den Medaillen vorbei. Es sei der "wohl letzte gemeinsame Tanz" gewesen, meinte Hecker.