Busemanns Olympia-Orakel Sprung Mihambo hat Gold-Chance - Spektakel mit Tamberi und Duplantis
Die nervenstarke deutsche Weitspringerin Malaika Mihambo darf bei den Olympischen Spielen in Paris mit der Goldmedaille liebäugeln. Bei den Männern dürfte es im Hochsprung und im Stabhochsprung spektakulär werden. ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann mit seinen Sprung-Einschätzungen.
Hochsprung
Entertainer Tamberi mit den besten Gold-Chancen
Ist er fit oder nicht? Wer? Gianmarco Tamberi oder Mutaz Essa Barshim? Beide! Beide schlagen sich mit Kleinigkeiten rum. Beim Italiener sieht es nach einem kleinen Schreckmoment im Training wieder besser aus, der Katarer konnte in London nicht mit seinem normalen langen Anlauf an den Start gehen und verzichtete. Die fehlende Praxis wird er aber verschmerzen können.
Gibt es also eine Titelverteidigung? Die Chancen stünden doppelt, da sie sich den Sieg vor drei Jahren in Tokio teilten. In der Form von Rom schlägt Entertainer Tamberi in diesem Jahr keiner. Hamish Kerr aus Neuseeland macht derzeit noch den besten Eindruck, um den Großen der Zunft Paroli bieten zu können.
ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann.
Hoffentlich kann Potye schmerzfrei springen
Wie Tobias Potye wieder ins Rennen kommt, bleibt ebenfalls abzuwarten. Nach einem kleinen Eingriff im Knie ließ er die EM aus, kam wieder gut zurück und verdrehte sich bei 2,31m in Heilbronn Mitte Juli leicht den Fuß. Hoffen wir das Beste für ihn. Denn er will ins Finale.
Mahutschich will nach Weltrekord jetzt den Olympiasieg
Bei den Frauen haben wir in diesem Jahr durch Jaroslawa Mahutschich einen Weltrekord gesehen. Der alte hatte 37 Jahre Bestand gehabt. Die Ukrainerin verbesserte ihre Bestleistung um satte vier Zentimeter. Damit ist sie die unangefochtene Topfavoritin. Alles andere als Gold würde sie zutiefst enttäuschen. Trotzdem steht mit Nicola Olyslagers aus Australien eine Konkurrentin parat, die bei der kleinsten Schwäche der Ukrainerin einspringen würde.
Für Christina Honsel und Imke Onnen geht es in der Qualifikation sofort um alles. Unbedingt notwendig ist es, Fehlversuche zu vermeiden. Die Null muss stehen.
Weitsprung
Ernsthafte Konkurrenz für Titelverteidiger Tentoglou
Sieht man die blanken Zahlen an, dann ist klar, dass die Europäer im Weitsprung in diesem Jahr eine dominierende Rolle spielen werden. Lassen wir die Ergebnisse von den Europameisterschaften mal weg, dann relativiert sich das Ganze. Der Grieche Miltiadis Tentoglou, seines Zeichens Olympiasieger, Welt- und Europameister, hat schon was drauf. Er geht so auch als Favorit ins Rennen, will seinen Titel von Tokio verteidigen.
Spannend wird der Auftritt des Zehnkämpfers Simon Ehammer aus der Schweiz. Seine Chancen sind bei den Spezialisten größer als in seiner Spezialdisziplin. Verrückt. Mit dem dritten Platz bei der WM in Eugene vor zwei Jahren hat er bewiesen, dass er auch Medaille kann. Interessant wird auch der Auftritt des Jugendlichen Vize-Europameisters Mattia Furlani aus Italien. Noch wird er nicht soweit sein, ganz vorn mitmischen zu können. Noch ... Anders die Jamaikaner, die eine schlagkräftige Truppe mit nach Paris bringen: Wayne Pinnock und Carey McLeod sind ernstzunehmende Gegner für den Griechen.
Simon Batz muss schon in der Qualifikation kämpfen
Simon Batz war mit einem EM-Auftritt nicht ganz zufrieden, das zeigt seinen Anspruch an sich selbst. Der ist hoch. Und so soll das sein. Trotzdem wird es schwer, die Qualifikation zu überstehen. Das ist die erste große Hürde, danach könnte er befreit riskieren.
Malaika Mihambo wird wieder keine Nerven zeigen
Der Weitsprung der Frauen. Die Paradedisziplin des DLV. Wegen Malaika Mihambo. Nach dem EM-Titel in Rom hat sie sich mit einer Corona-Infektion rumschlagen müssen. In London zeigte sie, dass sie wieder da ist. 6,87 Meter im Ersten lassen auf mehr hoffen. In diesem Jahr ist sie zwar Jahresbeste mit 7,22 Meter, aber Tara Davis-Woodhall ist die Sieben-Meter-Bank der Amis. Bei den US-Trials zeigte sie allerdings Nerven. Das ist Mihambos Chance. So was kennt Malaika nämlich nicht. Wenn sich jemand konzentrieren kann, dann sie. Aber hohe Favoritin ist in diesem Jahr Davis-Woodhall.
Das Potenzial für weite Sprünge hat Mikaelle Assani. In Rom schrammte sich hauchzart an einer EM-Medaille vorbei. Aber auch hier gilt: Erst kommt die Quali, dann kommt die Kür. Top wäre, wenn sie mit Mihambo die zweite Deutsche im Finale wäre. Für Laura Raquel Müller liegt die Konzentration voll auf der Qualifikation, da muss sie alles reinlegen.
Stabhochsprung
Duplantis springt wieder höher als alle anderen
Armand "Mondo" Duplantis, wer sonst? Keiner! Frage ist wie immer nur, ob er Weltrekord springt. Könnte sein. Dahinter hat sich Sam Kendricks (USA) auf einmal wieder in Position gebracht. Mit Landsmann Christopher Nilsen kann er in Paris die sechs Meter attackieren. Ernest Obiena (Philippinen), Thibaut Collet (Frankreich) und der Grieche Emmanouil Karalis haben das Zeug, um in die Medaillenvergabe mit einzugreifen. So verspricht dieser Wettkampf doch sehr viel Spannung.
Hoch, höher, Duplantis: Der Ausnahmespringer ist jederzeit für einen Weltrekord gut.
Top-8-Platz für einen DLV-Springer ist drin
Die üblichen Verdächtigen gehen im deutschen Trikot an den Start. Bo Kanda Lita Baehre, Torben Blech und der in diesem Jahr mit EM-Bronze dekorierte Oleg Zernikel müssen als erstes die Quali überstehen. Was dann möglich ist, sieht man immer wieder bei großen Meisterschaften. Zwei sollten ins Finale, einer kommt unter die ersten Acht - wenn sie sauber ohne Fehl und Tadel durchspringen.
Molly Caudery in der Favoritenrolle - Knäsche ohne Druck
Bei den Frauen hat sich mit Molly Caudery eine Britin in die Favoritenrolle gesprungen. Die Titelverteidigerin und Dominatorin der letzten drei Jahre, Katie Moon aus den USA, wird sich strecken müssen, um überhaupt in die Medaillen zu springen. Aber: Ihre Erfahrung ist in einem solchen Fall viel wert.
Die Nervosität müssen Nina Kennedy (Australien) und Angelica Moser (Schweiz) ablegen, dann könnten sie sogar um den Titel mithüpfen. Anjuli Knäsche muss in der Qualifikation hellwach sein und alles reinlegen. Sie kann beruhigt auflaufen: Alles, was jetzt kommt, ist Karriere-Zugabe.
Dreisprung
Jaydon Hibbert kann groß auftrumpfen
Hop, step, jump. Das, was in Rom bei der EM gezeigt wurde, sollte Jonathan Edwards die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Sein Weltrekord wackelte. So wie der Steg, auf dem gesprungen wurde. Deshalb ist der Rekord des Briten in Paris eher nicht in Gefahr. Im Stade de France wird auf gutem, neuen Pariser Beton gesprungen und nicht auf einer römischen Sprungschanze. Vielmehr hat das jamaikanische Wunderkind Jaydon Hibbert einmal mehr die Chance, groß aufzutrumpfen. Nachdem ihn in Budapest eine Verletzung im ersten Sprung ausbremste, hat er nun auf maximal großer Bühne die Chance auf Wiedergutmachung. Er springt mit den beiden Rom-Flummis Jordan Alejandro Diaz Fortun (Spanien) und Pedro Pichardo (Portugal) um den Titel.
Max Heß winkt erstes Olympia-Finale
Für Max Heß geht es bei seinen dritten Spielen darum, die Quali zu schaffen und erstmals ins Finale der besten Zwölf einzuziehen. Aufgrund der internationalen Konkurrenz kein leichtes Unterfangen, aber seine aufstrebende Form spräche dafür.
Mehrere Anwärterinnen auf Gold
Bei den Frauen wird Yulimar Rojas (Venezuela) aufgrund einer Achillessehnenverletzung nicht zur Titelverteidigung, sondern nur zum Fahnentragen bei der Eröffnungsfeier antreten. Das ebnet für alle anderen ganz neue Perspektiven. Ging es bisher immer darum, wer Silber holt, sprechen nun alle über Gold.
Hallenweltmeisterin Thea LaFond (Dominikanische Republik) und die Kubanerin Leyanis Perez Hernandez duellieren sich in den diesjährigen Aufeinandertreffen bei der 15-Meter-Marke. Ex-Europameisterin Maryna Bech-Romantschuk aus der Ukraine musste verletzungsbedingt auf Rom verzichten, kam aber in Monaco Mitte Juli ganz gut in die Grube.