Busemanns Olympia-Kolumne Hohe Preise und viele Schritte - Der Wettkampf der Fans
Nicht nur die Athleten zeigen in Paris vollen Einsatz, auch die Fans geben bei Olympia alles, meint ARD-Experte Frank Busemann. Dabei kommt es auf die richtige Taktik an. Das lässt sich derzeit in Paris jeden Tag aufs Neue erleben.
Olympia, die größte Sportveranstaltung der Welt. Früher verfiel ich immer dem Trugschluss, dass solch ein Event mindestens drei bis vier Monate dauern müsste. Die Vielzahl der Sportarten und die Menge der Athleten bedürfen eines monatefüllenden Zeitplans. Doch weit gefehlt. 16 Tage müssen reichen, bis in 32 Sportarten und 329 Disziplinen die Sieger gekürt sind. Wobei hier schon die erste Unschärfe auftritt. Die Spiele im Rugby oder Fußball beginnen schon vor der Eröffnung. Sei es drum.
Olympia ist kein Sportevent für die Mittelschicht
In den Haushalten deutscher und auch internationaler Sportkonsumenten und Adrenalin-Enthusiasten wird der Fernseher nicht ausgeschaltet und möglichst viele Entscheidungen wollen verfolgt werden. Auf der Couch. Mit Chips. Mit Toilette nebenan.
In Paris vor Ort sieht es anders aus. Horrende Hotelpreise verdarben dem darbenden Olympia-Fan ein wenig die Laune, aber Olympia ist nur alle vier Jahre. Also: Augen zu und durch. Die Preise pendelten sich nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage ein wenig ein, aber trotz alledem scheinen Olympische Spiele als Zuschauer kein Sportevent der Mittelschicht zu sein. Olympia ist halt ein Highclass-Event. Nerds der Ringe können wie Swifties oder Adele-Fans ein Lied davon singen, dass dem lieblichen Frönen der persönlichen Freizeitgestaltung die Entleerung des Geldbeutels vorangeht.
Leidensfähigkeit ist eine Grundvoraussetzung
All das muss es einem schon wert sein - oder man hat ausgeklügelte Taktiken, dem Spektakel mit angemessenem Budget beiwohnen zu können. Die Zielgruppe ist nun mal weltweit angesiedelt und es scheint genügend Menschen zu geben, die diesen finanziellen Aufwand leisten können und wollen.
Jetzt stellt sich die Frage nach der richtigen Strategie: alles ein bisschen oder eins so richtig? Was sich anhört wie Mehrkampf oder Spezialistendasein, ist auch genau das. Nimmt der geneigte Olympia-Fan so viel Sport mit, wie es geht, dann sind die Wege genauso lang wie die Tage selbst. Paris ist kein Dorf und die Sportstätten trotz guter Metro-Anbindung und teilweiser Zentralisierung an der Seine mitunter weit auseinander. Das erfordert gute logistische Fähigkeiten und Leidensfähigkeit.
Olympischer Wahnsinn von früh bis spät
Nicht selten hat man am Abend 20.000 Schritte auf dem Zähler und sollte eine halbe Flasche Sonnencreme genutzt haben. Vom Kalorienbedarf und dem daraus folgenden Entledigen eben dieser mal abgesehen, hört sich das alles nach dem Training eines Leistungssportlers an. Emotionen, Mitfiebern, Adrenalin, Anspannung, Entspannung, Pause, Fokus. Das ist der Wettkampf des Olympia-Touristen.
Und dann sinkt man abends voller Erschöpfung und Zufriedenheit ins Bett, um des Morgens dem olympischen Wahnsinn weiter folgen zu können. Dieser Ausnahmezustand und diese Euphorie lassen sich während der Spiele sehr zentriert in der Stadt der Liebe erleben.