Hitzewelle bei den Olympischen Spielen Gold für die Fans im Glutofen Paris
Nach der verregneten Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele brennt in Paris nun die Sonne vom Himmel. Eine kurze, aber intensive Hitzewelle hat die Stadt an der Seine getroffen und lässt Athleten, Organisatoren und vor allem auch die Zuschauer schwitzen.
Schöner duschen geht wohl nicht, so im Schatten des Eiffelturms. Wenn denn mal Schatten da wäre. Die Sonne ist dieser Tage in Paris gnadenlos. Bis zu 38 Grad am Dienstag (30.07.2024), und auch heute ist das Thermometer wieder über die 30er-Schwelle geklettert. Athleten, Zuschauer, alle ächzen unter der Hitze und das macht die 230 in der Stadt verteilten Sprühnebel-Anlagen zum Hit.
Zwischen dem Eiffelturm und dem ikonischen Beachvolleyball-Stadion sind allein zehn von ihnen platziert und die Fans nehmen sie dankend in Beschlag, laufen im Entenmarsch durch den kühlen Sprühnebel, oder stehen einfach drunter und bewundern gleichzeitig den Eiffelturm.
Im Stadion nebenan freuen sich Jung und Alt, wenn sie zwischendurch mit dem Wasserschlauch nassgespritzt werden. Die Athleten müssen anders cool bleiben. "Wir haben unsere Eisbeutel dabei, kippen Wasser drüber und dann geht das schon", sagte Clemens Wickler nach dem Auftaktsieg mit Nils Ehlers im glühend heißen Sand im Glutofen Paris.
"Kurze, aber besonders intensive" Hitzewelle
Der staatliche Wetterdienst "Meteo France" spricht von einer "relativ kurzen, aber besonders intensiven" Hitzewelle, die vor allem auch die Tennisspieler trifft. "So ein Wetter habe ich hier noch nicht gehabt", sagte Alexander Zverev nach seinem Achtelfinaleinzug und verschwand schnell im Eisbad: "Auf dem Chatrier ist ja eigentlich immer ein bisschen Wind dabei, heute war Windstille, 36 Grad im Schatten, auf dem Platz damit sicher 42, 43 Grad. Und in dem schwarzen Outfit wurde mir da richtig warm." Der Olympiasieger von Tokio hat nun weiße Teamkleidung nachgeordert.
Taktik? Nicht umkippen!
Die Hitze führte beim Tennis sogar zu einer festgeschriebenen Regeländerung. Vor einem dritten Satz durften die Spielerinnen und Spieler eine zehnminütige Pause nehmen. Dies ist in den Richtlinien für extremes Wetter des Weltverbandes ITF festgeschrieben.
DOSB-Arzt Wolfarth: "Sehe keine übermäßige medizinische Gefahr"
"Die aktuelle Hitzewelle ist natürlich eine Herausforderung, aber ab Donnerstag wird es wohl wieder kühler", sagte DOSB-Mannschaftsarzt Bernd Wolfarth. "Ein Vorteil bei den Temperaturen bis zu 35 Grad in Paris sei es im Vergleich zu Tokio, dass die Luftfeuchtigkeit um 30 bis 40 Prozent niedriger ist.
"Deswegen sehe ich keine übermäßige medizinische Gefahr. Es gibt bislang weder Sonnenstiche oder irgendwelche Dehydrationen bei unseren Sportlern", so der Chefarzt der Abteilung Sportmedizin der Berliner Charité.
Sorgen bereiten ihm mehr die Zuschauer: "Da wird sich teilweise nicht ausreichend vor der Sonne geschützt, es wird nicht ausreichend getrunken. Kreislaufprobleme sind die Folge, die Menschen unterschätzen die Hitze. Die Sanitätsdienste werden hier in den kommenden Tagen richtig viel zu tun haben."
2,5 Millionen Wasserflaschen verteilt
Die Veranstalter versuchen vorzubeugen, so gut es geht. An den 74 Bahnhöfen, die die olympischen Stätten bedienen, werden rund 2,5 Millionen Wasserflaschen verteilt, an 90 Prozent der Stationen stehen öffentliche Wasserspender. Nach Angaben der Stadt sind es in ganz Paris 1250. Die Schlangen davor sind teilweise lang, es könnten mehr sein.
"An den allermeisten Wettkampfstätten erlauben wir Zugang mit Wasserflaschen. Das ist erste Priorität", sagte OK-Sprecherin Anne Descamps. Verschiebungen von Wettkämpfen waren nach Angaben der Organisatoren aber nicht geplant.
"Die Straße schmilzt"
Die Region Île-de-France verteilte zudem Hunderttausende Hüte, Fächer und wiederverwendbare Trinkflaschen in der Nähe von Fanzonen. In der Metro laufen Hinweise über die Bildschirme, bitte ausreichend zu trinken und auch an den Wettkampfstätten sorgen sich die Stadionsprecher. "Wir haben hier mehrere Wasserstationen. Daher meine Bitte: Stay hydrated!", schallt es durch die Lautsprecher beim BMX am Place de la Concorde.
"Die Straße schmilzt", sagt ein älterer Mann, während im Medical-Zelt hinter der Pressetribüne ein Mann und eine Frau erkennbar geschwächt behandelt werden müssen.
650 Tonnen - Ein Eis-Turm höher als der Eiffelturm
Für die Behandlung von Hitzeerkrankungen und zur Muskelregeneration ist für die Athleten aktuell Eis das neue Gold. Die Nachfrage könnte 650 Tonnen erreichen, heißt es. Was einen Eis-Turm höher als den Eiffelturm ergeben würde.
Manchmal hilft einfach nur ein Eiffelturm aus Eis auf dem Kopf.
Kühlwesten, gekühlte Handtücher oder auch mobile Eisbäder: Die Athleten wappnen sich mit verschiedenen Maßnahmen, um die Körpertemperatur zu senken und leistungsfähig zu bleiben. "Ein bewährtes Mittel sind auch Eissocken, Nylondamenstrümpfe, die mit Eis befüllt werden. Diese Dinge werden zum Beispiel bei den Triathleten eingesetzt", berichtete Teamarzt Wolfarth.
In der (Hitze-)Not ist bisweilen auch Erfindergeist gefragt. So kleben sich die deutschen Hockeyspieler Handtücher ans Dach ihrer Bank im Yves-du-Manoir-Stadion, um mehr Schatten zu bekommen, und stellen Ventilatoren auf.
Welt-Reitverband FEI verwendet WBGT-Index zum Tierschutz
Die bekommen auch die Pferde in Versailles, wo die Dressur-Wettbewerbe laufen. In Kühlstationen mit kaltem Wasser, Eis und Extra-Personal werden die Tiere versorgt und nach dem Wettkampf wieder auf Normaltemperatur gebracht.
In Versailles gibt es Kühlstationen für die Pferde.
Der Welt-Reitverband FEI "verwendet den WBGT-Index (Wet Bulb Globe Temperature) als Standardinstrument für die Bewertung und das Management von Hitzestress", sagte FEI-Veterinärdirektor Göran Åkerström. "Die Pferde zeigten keine Anzeichen von Hitzestress."
Chapeau an alle Zuschauer, die trotz der Hitze durchhalten.
Isabell Werth bestätigt das. "Die Pferde haben das sehr gut überstanden", sagte die siebenmalige Dressur-Olympiasiegerin im Sportschau-Interview und zollt vor allem den Reitsport-Fans in Versailles Respekt. "Es ist bewundernswert zu sehen, dass die Zuschauer hier stundenlang sitzen. Chapeau an alle, die trotz der Hitze durchhalten."
Keine Frage, die Fans der Olympischen Spielen verdienen sich im Glutofen Paris mit ihrem Stehvermögen auch gerade Gold.