Die Kapitäninnen und Kapitäne der 7er-Rugby-Teams
Reportage

Rugby-Party in Paris Frankreich hofft auf goldenen Olympia-Kickstart

Stand: 23.07.2024 14:15 Uhr

Die Eröffnungsfeier liefert am Freitag (26.07.2024) den spektakulären Startschuss für die Olympischen Spiele in Paris. Sportlich eröffnet wird das größte Sportevent der Welt allerdings schon am Mittwoch (24.07.2024) - mit Rugby. Nicht ohne Grund, hofft Gastgeber Frankreich doch auf einen goldenen Kickstart.

Von Matthias Heidrich, Paris

"What's the crack?" schleudert ein gut gelaunter Harry McNulty Vincent Onyala und Tony Omondi auf dem großen Platz vor dem olympischen Dorf entgegen - garniert mit einem breiten Grinsen und saftigem Handschlag. Die Kapitäne der kenianischen Rugby-Mannschaft lächeln etwas unsicher, die Fragezeichen sind ihnen ins Gesicht geschrieben.

McNulty, der das irische Team bei den Spielen anführen wird, schaltet schnell und erklärt den beiden verdutzten Kontrahenten, dass er frei übersetzt eigentlich nur wissen wollte, was so abgeht, was gerade das Ding ist.

Der irische Rugby-Kapitän Harry McNulty (l.) mit Vincent Onyala (Mitte) und Tony Omondi (Kenia)

Der irische Rugby-Kapitän Harry McNulty (l.) mit Vincent Onyala (Mitte) und Tony Omondi (Kenia) vor dem Olympischen Dorf.

An diesem Tag und auch zu Beginn der Spiele in der französischen Hauptstadt ist das Ding definitiv Rugby. Alle Teamleader der Männer- und Frauen-Mannschaften sind vor dem Athletendorf versammelt, in kompletter Montur, machen Fotos und geben Interviews. Die Stimmung ist locker, fast freundschaftlich.

Riva: "Wir wollen Gold!"

Ausgerechnet der Gastgeber lässt ein bisschen auf sich warten. Paulin Riva kommt als Letzter, ist aber ein gefragter Mann. "Es ist großartig, die Spiele hier zu haben. Wir sind alle sehr aufgeregt", sagt der französische Teamkapitän: "Wir wollen Gold!" Er fügt aber mit einem Lächeln hinzu: "Wie alle anderen auch."

7er-Rugby ist von den Organisatoren nicht ohne Grund ganz an den Anfang der Spiele gelegt worden. Mittwoch geht's bei den Männern los, bereits am Samstag (27.07.2024) steht das Finale an. Französisches Gold wäre ein echter Kickstart für die "Grande Nation", die Rugby ebenso liebt wie König Fußball.

"Rugby is coming home" könnte man sagen. Bei den Spielen 1900 und 1924 wurde in Paris die 15er-Variante gespielt, ehe der Sport für lange Zeit von der olympischen Bildfläche verschwand und 2016 in Rio de Janeiro in der kleineren Version sein Comeback feierte.

Besuch im Moulin Rouge

Das französische Team hat jedenfalls nichts unversucht gelassen, um sich in Form zu bringen, schaute für eine Trainingseinheit sogar bei den Tänzerinnen des berühmten Varieté-Theaters Moulin Rouge vorbei. "Das ist Pariser Geschichte und war sehr beeindruckend", berichtet Riva.

"Ehre für uns, im Stade de France spielen zu dürfen"

Riva und Co. bekommen in Paris die größte Bühne gestellt, die es gibt. Bevor die Leichtathletik ins Stade de France einzieht, ist das Olympiastadion mit einer Kapazität von rund 77.000 Zuschauern für die Rugby reserviert. "Es ist eine Ehre für uns, dort spielen zu dürfen. Es wird eine heiße Atmosphäre", sagt der zurückhaltende Riva. Die irische Frohnatur McNulty kann es kaum erwarten: "Das wird groß und ist eine tolle Möglichkeit, unseren Sport zu zeigen."

"Marsianer" Dupont in aller Munde

Antoine Dupant ist bei der lockeren Rugby-Rudelbildung vor dem Athletendorf nicht dabei und trotzdem ein großes Thema. Frankreichs Superstar hat nach dem bitteren Viertelfinal-Aus bei der Heim-WM 2023 extra für die Olympischen Spiele von der populärere 15er-Variante auf "Rugby Sevens" umgeschult. Für viele Spieler ein Problem, nicht so bei dem 27-Jährigen, den seine Mitspieler "Marsianer" nennen, weil er "nicht von dieser Welt" sei.

"Er ist ein unfassbar clever und macht die Spieler um ihn herum besser", sagt McNulty, während es Riva auf eine einfache Formel bringt: "Er ist der beste Spieler der Welt."

Fidschis Tuwai: "Wollen unser Erbe verteidigen"

Dupont ist Frankreichs Rugby-Gott, für Fidschi hat sich Jerry Tuwai Legenden-Status erarbeitet. "Ich habe großen Respekt für Dupont", sagt der 35-Jährige, erstarrt auf der Olympic Village Plaza aber nicht vor Ehrfurcht, als er auf den französischen Superstar angesprochen wird. Fidschis Kapitän hat den kleinen Inselstaat aus dem Südpazifik in den Rugby-Olymp geführt - Gold 2016 in Rio und Gold 2021 in Tokio. Kurz vor den Spielen in Paris ist er nach einem Jahr Pause ins Team zurückgekehrt.

Fischi hat vor allem dank Tuwai olympische Geschichte geschrieben und will auch an der Seine ganz oben stehen. "Unser Ziel ist es, Gold und unser Erbe zu verteidigen", sagt der Spielmacher. "Wir sind da, um abzuliefern."

"What's the crack, Monsieur Macron?"

Auf dem Vorplatz des Athletendorfs sind mittlerweile alle weg, außer McNulty, der die Atmosphäre und Aufmerksamkeit sichtlich genießt. Er hatte seinen persönlichen Kickstart für die Spiele bereits am Vortag, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im olympischen Dorf war und auch bei Dupont und Co. vorbeigeschaut hat.

"Wir wohnen genau gegenüber von den Franzosen. Da war eine enorme Energie zu spüren, als das französische Team eingezogen ist und Macron da war", erzählt Irlands Anführer, der sich die Chance nicht nehmen ließ. "Ich habe Macron auch die Hand geschüttelt." Ob er den Präsidenten mit den Worten "What's the crack?" begrüßt hat, ist nicht überliefert...

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Olympia 2024 | 26.07.2024 | 18:00 Uhr