Olympische Spiele in Paris Deutschland gewinnt Dressur-Gold - Werth schreibt Geschichte
Die deutsche Dressur-Equipe war als Favorit gestartet. Es wurde dramatisch knapp. Doch es reichte für Deutschlands viertes Gold in Paris. Für Isabell Werth ist es ein historisches. Sie ist nun die erfolgreichste deutsche Olympionikin.
Es war 15.25 Uhr, als Jessica von Bredow-Werndl mit ihrer bereits 17-jährigen Trakehnerstute Dalera ins Dressurviereck von Versailles ritt. Und sie vollendete das, was Frederic Wandres und Isabell Werth in den mehr als fünf Stunden Wettbewerb vorbereitet und - nicht erst nach der starken Qualifikation - alle erwartet hatten.
Trotz eines Patzers machte die 38-Jährige mit 79,954 Prozent die vierte deutsche Goldmedaille in Paris perfekt. Der Vorsprung? Hauchzarte 0,121 Punkte auf Dänemark. Großbritannien holte Bronze.
Werth: Erste Medaille 1992 in Barcelona
Die Vier sollte aber nicht die Zahl dieses Samstags (03.08.2024) sein - und Jessica von Bredow-Werndl nicht die Reiterin. Auch wenn sich in ihrem Ritt alles entschied. Im Fokus standen die Acht und Isabell Werth. Denn die 55-Jährige ist nun die erfolgreichste deutsche Olympionikin der Geschichte. 8 - 5 - 0 lautet der entscheidende Medaillen-Code. Mit acht Mal Gold und fünf Mal Silber überholt Werth die Kanutin Birgit Fischer (8 - 4 - 0).
"Ich habe das noch gar nicht so realisiert. Erstmal waren wir damit beschäftigt, unsere Punkte zusammenzuzählen. Jetzt kommt das natürlich immer mehr", sagte Werth im Sportschau-Interview. Kein Wunder, überall werde sie schließlich darauf angesprochen, berichtete sie. "Das ist ein Geschenk on top. Ich werde demnächst erstmal Birgit anrufen und dann gehen wir ein schönes Schlückchen trinken."
Das Team-Gold in Versailles ist die Krönung einer Erfolgsgeschichte, die schon länger als drei Jahrzehnte auf der olympischen Bühne zu bestaunen ist. 1992, mit gerade Anfang 20, holte Werth auf dem Hannoveraner Fuchs Gigolo in der Equipe mit Klaus Balkenhol, Monica Theodorescu und Nicole Uphoff ihre erste Medaille. Sie glänzte - wie fast immer im deutschen Team - in Gold. Im Einzel ließ sie Silber folgen, eingerahmt von Uphoff und Balkenhol.
Frederic Wandres legt (fast) perfekt vor
Deutsche Dominanz in der Dressur? Die kennt Werth also nicht nur, sie prägt sie seit mehr als 30 Jahren mit. So war es auch an diesem Samstag. An dem war Frederic Wandres als erster deutscher Reiter gestartet. Und er machte es fast perfekt. Perfekt, das bedeutet bei Wandres (noch) nicht die Qualität von Werth oder von Bredow-Werndl. Und doch herrschte allgemeine Zufriedenheit.
Auf Bluetooth Old erhielt er ein Gesamtergebnis von 75,942 Prozent. Das bedeutete vorerst Platz drei hinter Großbritannien und Dänemark. Der Rückstand? Nur minimal. "Ich habe geliefert", sagte Wandres der Sportschau - und wusste, dass er auf seine Teamkolleginnen bauen kann: "Ich bin froh diese beiden Damen links und rechts neben mir zu haben, Jessica und Isabell. Ich schicke nachher ein Stoßgebet, damit sie uns nach vorne bringen."
Werth bringt Deutschland in Führung
Sie sollten liefern. So wie (fast) immer. Werth zeigte den besten Auftritt aller Reiter aus den ersten beiden Gruppen. Die 80 Prozent verpasste sie denkbar knapp. Es waren am Ende 79,894, die Führung übernahm die deutsche Equipe damit vor der letzten Runde trotzdem. Knapp 1,4 Punkte rangierte das Team nun vor Dänemark, gut 2,8 vor Großbritannien.
Zu 95 Prozent sei sie glücklich, sagte die 55-Jährige danach. Einen Fehler hatte sie mit ihrer zehnjährigen Stute Wendy eingebaut beim Wechsel in den Galopp. "Es ist sehr knapp. Spannung ist gut, aber wir hätten es gerne deutlicher. Nicht das uns aufgrund meines Fehlers nachher ein Prozentpunkt fehlt", sagte Werth vor dem letzten Ritt.
Jessica von Bredow-Werndl mit Zitterpartie
In dem hatte Deutschland bekanntlich Jessica von Bredow-Werndl im Dressurviereck, die doppelte Olympiasiegerin von Tokio mit der besten Qualifikation in Versailles. Sie musste zwar deutlich mehr zittern als gedacht, erhielt aber am Ende - auch wenn ihre Auftritt nicht optimal war - doch 79,954 Prozent.
"Der Anfang hat sich phänomenal gut angefühlt. Und dann gab es dieses riesige Missverständnis beim Übergang zur Piaffe. Dalera hatte einen Beinsalat und ich habe nur versucht, sie dabei nicht zu stören", sagte von Bredow-Werndl der Sportschau, "das war natürlich extrem teuer". Erleichtert sei sie nun, wahnsinnig sogar, dass es noch gut ausgegangen sei, "aber ich mag das nicht so aufregend und spannend haben." Dann lachte sie - hinein in die Glückseligkeit über Gold und eine neue Rekord-Olympionikin.