Amtseinführung von Donald Trump Kulturkampf - Wie Trump den Sport politisch nutzt
Auftritte beim Kampfsport, Angriffe auf schwarze Athleten - der neue US-Präsident Donald Trump nutzt auch den Sport für seine Zwecke. Der Widerstand gegen ihn ist deutlich leiser geworden.
Müsste man die politische Stimmung im USA-Sport bestimmen - das Football-Team der San Francisco 49ers wäre ein guter Gradmesser. 2016 weigerte sich der der schwarze Quarterback der 49ers, Colin Kaepernick, während der US-Hymne zu stehen. Sein Kniefall löste eine weltweite Protestbewegung im Sport aus, die den Hashtag "BlackLivesMatter" in die Stadien trug.
Acht Jahre später unterbrach 49ers-Defensiv-Spezialist Nick Bosa ein Interview eines Teamkollegen und zeigte mit beiden Zeigefingern auf eine weiße Kappe auf seinem Kopf. Die Aufschrift in goldenen Buchstaben: "Make America Great Again" - der Wahlkampfslogan von Donald Trump.
Wissenschaftler Kusz: "Trump hat Sport ins Zentrum der Kulturkämpfe gebracht"
Der kulturelle Backclash, der Trump zur Wiederwahl getragen hat, ist auch im Sport sichtbar. "Wenn man sich anguckt, wer leiser und wer lauter geworden ist, sieht man eine Zunahme von Sportlern, die sich mit Trump und seiner Politik identifizieren", sagt Kyle Kusz. Er ist Professor an der Universität Rhode Island und forscht zur Verbindung von Trump, Rechtspopulismus und Sport. Der Kampf um die Deutungshoheit in einer Gesellschaft sei zwar schon vor Trump auch im Sport ausgetragen worden. Aber: "Trump hat den Sport in das Zentrum der Kulturkämpfe gebracht."
Das wahrscheinlich deutlichste Beispiel war die Reaktion von Trump, als die Black Lives-Matter-Proteste 2017 in der NFL einen Höhepunkt erreichten. "Wenn jemand unsere Flagge nicht respektiert, wäre es dann nicht schön, wenn einer der Team-Besitzer sagen würde: 'Holt diesen Hurensohn vom Feld! Er ist gefeuert!'", forderte der damalige Präsident während einer Rede.
Auch den schwarzen NBA-Basketballer Stephen Curry griff er öffentlich an. Curry hatte nach der Meisterschaft mit den Golden State Warriors die traditionelle Einladung von Trump ins Weiße Haus abgelehnt.
Stephen Curry im Trikot der Warriors
Der Sport als Ort, um schwarze Stimmen zu unterdrücken
Dass Trump schwarze Sportler angreift, sei kein Zufall, meint Foscher Kyle Kusz. Der Sport sei prädestiniert dafür, um Zeichen zu setzen - und in kaum einem anderen gesellschaftlichen Bereich sind Schwarze so öffentlichkeitswirksam erfolgreich. Kaepernick, Curry und andere schwarze Athletinnen und Athleten hatten diese Bekanntheit während Trumps erster Amtszeit dafür genutzt, um auf Rassismus und Diskriminierung aufmerksam zu machen.
Daher habe Trump sie verstärkt angegriffen, glaubt Kusz. "Gerade während dieses historischen Moments, als das Thema soziale Gerechtigkeit sehr viel prominenter und öffentlicher in der amerikanischen Kultur wurde, wollte er ihre Stimmen unterdrücken - und damit ihren Einfluss auf das Publikum, vor allem auf die jungen Menschen."
Acht Jahre später scheint diese Strategie aufgegangen zu sein. Zwar machten auch diesmal bekannte Sportpersönlichkeiten wie NBA-Trainer Steve Kerr Wahlkampf für Kamala Harris. Aber die Unterstützung aus dem Sport für die Demokratin war nicht so lautstark wie noch 2020 für Joe Biden. Und anders als 2016 gab es nach Trumps Wahl diesmal kaum öffentliche Proteste. Der selbsternannte Widerstand, zu dem sich auch viele Athletinnen und Athleten gezählt haben, wirkt erschöpft und resigniert.
Wer sich gegen Trump stellt, riskiert einen Shitstorm
Gleichzeitig ist das gesellschaftliche Klima noch aggressiver geworden. Als Basketball-Star Lebron James 2018 Trump kritisierte, thematisierte das prompt Fox-News Moderatorin Laura Ingraham in ihrer Sendung. "Shut up and dribble", rief Ingraham dem Basketballer damals entgegen. Inzwischen ist die Allianz aus rechten TV-Sendern, Podcasts und sozialen Netzwerken wie X, das von Trump-Berater Elon Musk gesteuert wird, noch machtvoller geworden.
"Trump oder jemand anderes aus der Make-America-Great-Again-Koalition könnte jederzeit eine Sportpersönlichkeit, die Trump oder seine Regierung kritisiert, ins Visier nehmen", sagt Kusz. "Das würde einen immensen öffentlichen Druck verursachen, diese Person zu entlassen." Colin Kaepernick dient dafür als warnendes Beispiel: Nachdem sein Vertrag im Sommer 2017 ausgelaufen war, wurde der Quarterback von keinem anderen NFL-Team mehr verpflichtet.
Colin Kaepernick (r.) und Eric Reid knien während der Hymne
Basketballerin Clark - gefangen in politischen Kontroversen
Wie schnell ein Shitstorm aufziehen kann, erfuhr 2024 auch Basketballerin Caitlin Clark. Nach einer überragenden Collage-Saison wechselte sie in die Profiliga WNBA und stand direkt im Zentrum von politischen Diskussionen. Die schwarze Spielerin A'ja Wilson beklagte zum Beispiel, dass die weiße Clark mehr Aufmerksamkeit erhalte als etablierte schwarze Spielerinnen. Als Clark aus dem Kader für die Olympischen Spiele geworfen wurde, implizierten konservative Politiker hingegen, dass Clark wegen ihrer Hautfarbe benachteiligt worden sei.
Im Dezember kürte das TIME-Magazin Clark dann als "Athletin des Jahres". Im Interview mit dem Magazin sagte sie: "Ich würde gerne sagen, dass ich mir jede einzelne Sache selbst erarbeitet habe, aber als weiße Person gibt es Privilegien." Zudem betonte sie, dass die Profiliga WNBA, in der Clark spielt, vor allem durch schwarze Spielerinnen so groß geworden sei. Daraufhin wurde ihr in Kommentaren in Sozialen Medien unter anderem vorgeworfen, sie habe sich "dem woken Mob gebeugt".
Caitlin Clark
Transathletinnen als erfolgreiches Wahlkampfthema
Megan Rapinoe sprang Clark hingegen zur Seite. "Wenn Fans sauer sind, dass sie einfach nur anerkennt, was wahr ist, sagt das eine Menge aus", sagte die Ex-Fußballerin in ihrem Podcast "A Touch More". "Aber ich denke, je direkter du es ansprichst, desto klarer wird dein Standpunkt und du kannst nicht benutzt werden."
Rapinoe verfuhr selbst nach diesem Prinzip und ist seit vielen Jahren lautstarke Kritikerin von Donald Trump. Nach seiner Wiederwahl zeigte sie sich besorgt um ihre trans-Freunde. Denn Transfeindlichkeit ist eines der Themen, mit denen Trump und die Republikaner erfolgreich Wahlkampf gemacht haben.
Während des Wahlkampfes hat der kommende US-Präsident zum Beispiel immer wieder versprochen, transgender Athletinnen von Frauen-Wettbewerben auszuschließen. Und in den Werbepausen von Footballspielen sahen die Fans im Wahlkampf immer wieder die gleiche Trump-Wahlwerbung: Ein Spot mit einem alten Clip von seiner Rivalin Kamala Harris, in dem sie befürwortet, Steuermittel für die Geschlechtsumwandlung von Häftlingen zu nutzen.
Trump inszeniert sich bei Kampfsportevents wie ein Kämpfer
Der gezielte Einsatz des Spots während Football-Spiele war nur ein Baustein in der Strategie von Trump, junge Männer anzusprechen. Eine wichtige Rolle spielte auch die Mixed-Martial-Art Organisation UFC. Wenn Trump UFC-Events besuchte, marschierte er in die Halle wie einer der Kämpfer: Mit Rockmusik, erstem Gesicht und zu Standing Ovations.
Eine ganz bewusste Inszenierung, sagt Populismus-Forscher Kusz. "Trumps-Kampagne hat nicht nur versucht, junge weiße Männer anzusprechen, sondern auch junge Männer mit verschiedenen ethnischen Hintergründen, aus verschiedenen Klassen, die sich mit der Männlichkeits-Kultur der UFC identifizieren."
Immer an seiner Seite: Der Präsident der UFC, Dana White. Wie eng ihre Verbindung ist, zeigte sich auch beim republikanischen Parteitag: Es war kein Mitglied aus Trumps Familie, der den damaligen Präsidentschaftskandidaten vorstellte und auf die Bühne holte - es war White. Trump revanchierte sich: Für seinen ersten öffentlichen Auftritt flog er nach der Wiederwahl samt Elon Musk und anderen Beratern von Florida nach New York, um einen UFC-Kampf zu besuchen.
Der "Trump-Tanz" erreicht den Sport
Und der designierte Präsident bekam eine Show geliefert, die ihm sichtlich gefiel: Schwergewichtsmeister Jon Jones feierte seinen Sieg mit einer Tanzeinlage, schwang die Hüften, während er die Arme vor und zurück bewegte. Es ist der gleiche Tanz, den Trump am Ende seiner Wahlkampfveranstaltungen aufführte, wenn "YMCA" von den Village People lief.
Jones ist nicht der einzige Sportler, der den "Trump-Tanz" beim Jubeln nutzte. Mehrere NFL-Spieler - darunter auch der bereits erwähnte Nick Bosa - haben in Trump-Art getanzt, auch US-Nationalspieler Christian Pulisic vollführte den Tanz nach einem Tor im Nationalmannschaftstrikot.
Christian Pulisic macht den "Trump-Dance"
Anders als Bosa wollte Pulisic damit laut eigener Aussage keine politische Position beziehen. "Es war einfach nur ein Spaß", sagte er nach dem Spiel. Und doch ist es ein Zeichen dafür, welchen kulturellen Einfluss Trump ausübt - auch im Sport.
Gleichzeitig zeigt der Fall, wie schnell selbst ein vermeintlich harmloser Tanz zum Politikum werden kann. Es ist ein Vorgeschmack darauf, was bei der Fußball-WM 2026 und den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles zu erwarten ist. Denn es ist kaum zu erwarten, dass die Kulturkämpfe vor diesen Großereignissen halt machen werden, wenn Donald Trump als Präsident auf der Tribüne sitzt.