"König der Doping-Welt" Jacob Sporon-Fiedler Wie ein Däne zu einem der größten Dopingdealer der Welt wurde
EIn Däne mit Wohnsitz Mumbai in Indien ist mit seinem Unternehmen Alpha Pharma einer der größten Doping-Dealer der Welt.
Der Mann, der mit dem illegalen Verkauf von Anabolika und anderer pharmazeutischer Produkte an Athleten in aller Welt zum Multimillionär wurde, scheut das Rampenlicht. Jacob Sporon-Fiedler, 41, Däne mit Wohnsitz Mumbai in Indien, hat einen Twitter-Account, der seit Jahren nicht mehr gefüttert wurde. Und er hat einen Facebook-Account, bei dem vor einem Jahr zuletzt ein Avatar als Profilbild eingesetzt wurde.
Fotos von ihm existieren nur so, dass man getrost vermuten darf, dass sie ohne seine Zustimmung veröffentlicht wurden. Eines hat seine eigene Mutter 2007 in einem Buch publiziert ("Wenn ich dir nur sagen könnte"), in dem sie ihr schweres Schicksal nach einem Blutgerinsel im Gehirn verarbeitet: Es zeigt einen der größten Doping-Dealer der Welt mitten in der Pubertät - mit starker Brille und in einem Marilyn-Manson-T-Shirt.
Der ARD-Dopingredaktion in die Falle gegangen
Die drei anderen verantwortet das Bundeskriminalamt seiner Majestät, die National Crime Agency des Vereinigten Königreichs. Zwei stammen aus dem Ermittlungsverfahren, das die NCA über vier Jahre gegen ihn führte, eines von einem Fotografen, der sich darauf spezialisiert, Angeklagte und Beteiligte an Gerichtsverfahren an Englands berühmtesten Strafgericht Old Bailey zu fotografieren.
Nun kommen weitere Aufnahmen hinzu: Die ARD-Dopingredaktion filmte Sporon-Fiedler, inzwischen aus der Haft entlassen, mit versteckter Kamera, wie er anbietet, Steroide seines Unternehmens Alpha Pharma in großen Mengen nach Deutschland liefern zu lassen. "Wissen Sie, wir sind jetzt fast 20 Jahre in diesem Geschäft", sagte Sporon-Fiedler in seinem Büro in Mumbai, "wir produzieren etwa 80 verschiedene anabole Steroide. Nandrolon und Oxandrolon und Testosteron, das sind nur ein paar von denen. Wir könnten das fertige Produkt für Sie liefern." Die Lieferung in die EU sei kein Problem "mit den richtigen Verbindungen". Sporon-Fiedler macht genau da weiter, wo er wegen seiner Gefängnisstrafe aufhören musste.
Seine Haft scheint er mehr als Betriebsunfall denn als Lektion zu verbuchen. Von Reue keine Spur. Als Sporon-Fiedler im Gerichtssaal 13 des Old Bailey am 14. November 2019 zu fünf Jahren und vier Monaten Haft wegen Schmuggels von tonnenweise illegalen Dopingmitteln verurteilt wurde, sagte die Richterin Angela Rafferty: "Diese Operation war langwierig, ausgeklügelt, gut organisiert und äußerst lukrativ. Keine Unternehmung, die mir im Zusammenhang mit der Einfuhr von Steroiden genannt wurde oder die ich gesehen habe, ist mit dem Ausmaß dieser speziellen Verschwörung vergleichbar. Sie war außergewöhnlich groß. Ich bin überzeugt, dass es sich hier um eine Straftat schwersten und kommerziellen Ausmaßes handelt."
Verschulden "extrem hoch"
Dass er trotzdem nicht viel später zurück im Geschäft ist, verdankt er offenbar einer Mischung aus Bauernschläue, Intelligenz und seiner Nationalität. Als die Ermittler ihm zu erkennen gaben, dass sie sein Blackberry geknackt und alle Daten ausgelesen hatten, schaltete er umgehend auf den Modus Schadensbegrenzung: umfassendes Geständnis, Tragen einer Fußfessel. Und dann profitierte er davon, dass Nicht-Briten im Vereinigten Königreich bei guter Führung häufig frühzeitig aus der Haft entlassen werden – ähnlich wie Deutschlands früherer Tennisheld Boris Becker.
Denn von der Schwere seines Tatbeitrags war die Richterin Rafferty völlig überzeugt: "Herr Fiedler hat eine führende Rolle gespielt und steht im Mittelpunkt dieser Straftat. Sein Verschulden ist extrem hoch", urteilte sie, "er war unstreitig der Hauptorganisator dieses illegalen Einfuhrgeschäfts. Er war die Hauptquelle für die Dopingmittel. Er leitete und organisierte das Unternehmen."
Legal herstellen, aber für den illegalen Markt in Europa
Sporon-Fiedler kommt aus einer mittelständischen Familie, wuchs mit Mutter, Vater und Schwester auf der Insel Amager vor Kopenhagen auf. Seine Mutter war Lehrerin, der Vater arbeitete als IT-Berater. "In den frühen Tagen distanzierte er sich immer mehr von allem", sagte Sporon-Fiedlers Vater, "er ging zu Fitness und Bodybuilding und spielte PC-Spiele. Ich wollte, dass er sich auf seine High School konzentriert, aber er wollte lieber alles andere - es hat mich sehr beunruhigt." Das Zitat stammt aus dem Buch der Mutter.
Im Februar 2005 legte Jacob Sporon-Fiedler den Grundstein für sein Dopingimperium. Im Souterrain eines typischen roten Backsteinbaus im Bramslykkevej im Kopenhagener Stadtteil Valby meldete er ein Unternehmen namens Alpha Pharma an. Ungefähr zur selben Zeit ließ er sich zur Produktion der in Europa verbotenen Substanzen in Mumbai nieder und gründete eine Firma gleichen Namens dort.
"Der ganze Plan, nach Mumbai zu gehen, bestand darin, ein Unternehmen zu gründen, in dem man legal Steroide herstellen konnte. Aber für den illegalen Markt in Europa", sagt der Journalist Jeppe Laursen Brock von der angesehenen dänischen Zeitung "Politiken", der vor zehn Jahren erstmals seinem Landsmann hinterherrecherchierte, "und der Grund dafür war, dass Jacob Sporon-Fiedler etwas Großes in dieser Welt werden wollte, in der Welt des Dopings. Er wollte der König der Doping-Welt werden." Nun könnte der König zum zweiten Mal vom Thron gestoßen werden.
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