WADA und die "Akte China" Bild des Jammers
Der Skandal rund um die "Akte China" ist nicht weniger als ein Desaster für den Anti-Doping-Kampf und damit den Weltsport.
Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA, die zumindest in Punkten wie Verfolgungsbereitschaft oder Unnachgiebigkeit über jeden Zweifel erhaben sein müsste, ist genau dies nicht. Ja, eine unabhängige Untersuchung in China ist schwierig. Aber sie einfach bleiben zu lassen und zur Tagesordnung überzugehen - das ist unverzeihlich.
Der WADA fehlt Biss, sie agiert wie ein Unterstützer des Milliardengeschäfts Sport, nicht wie ein unabhängiger Regulator. Diese Erkenntnis ist zwar nicht ganz neu, auch im russischen Staatsdopingskandal hatte die WADA viel zu lange nur zugeschaut. Aber wohl noch nie in ihrer 25-jährigen Geschichte bot die oberste Anti-Doping-Stelle ein derartiges Bild des Jammers wie nun: zahnlos, satt, träge, ohne Mut im Angesicht eines mächtigen Gegners, der einfach tut oder lässt, was er will.
Dass offensichtlich entweder Schwimmsportlobbyisten oder der WADA nahestehende Personen den Fall unmittelbar vor der von ARD und "New York Times" geplanten Veröffentlichung an ein weiteres Medium durchstachen, um ein anderes Narrativ zu fördern, macht deutlich, welche Angst gewisse Kreise vor der Publikation hatten.
Man braucht schon viel Optimismus, um als sauberer Sportler in diesem Trauerspiel nicht zu verzweifeln. Skandale wie dieser stärken vor allem den Generalverdacht, der in seiner jetzigen Ausprägung für unschuldige Athletinnen und Athleten kaum noch zu ertragen sein dürfte. Die "Akte China" und das Nicht-Handeln der WADA stehen pars pro toto für einen Anti-Doping-Kampf, der mit den Herausforderungen, die ihm der moderne Sporst stellt, mehr denn je überfordert ist. So kann es nicht weitergehen.