Handball-EM Heuberger - "Wir haben den Abstand zur Weltspitze verkürzt"
Martin Heuberger, U21-Nationaltrainer der deutschen Handballer, blickt optimistisch in die Zukunft des deutschen Handballs. Beim EM-Turnier traut er dem Team von Alfred Gislason noch viel zu.
U21-Bundestrainer Martin Heuberger führte die deutschen Junioren-Handballer im Sommer des vergangenen Jahres zum WM-Titel. Davon profitiert nun auch die A-Nationalmannschaft. In Justus Fischer, Renars Uscins, David Späth und Nils Lichtlein hat Bundestrainer Alfred Gislason vier der erfolgreichen Youngster in seinem EM-Kader.
Im Sportschau-Interview spricht Martin Heuberger, von 2011 bis 2014 selbst Bundestrainer, über den deutschen Handball-Nachwuchs, die Perspektiven des deutschen Handballs und die Finalchancen bei dieser Heim-EM.
Sportschau: Herr Heuberger, vier Ihrer Spieler, mit denen Sie im vergangenen Sommer die U21-Weltmeisterschaft gewonnen haben, spielen jetzt bei der Europameisterschaft der Männer. Wie stolz macht Sie das?
Martin Heuberger: Es freut mich natürlich sehr, dass Alfred Gislason diese vier Spieler für die EM nominiert hat. Die Jungs haben es sich aber auch verdient durch ihre Leistungen bei der Junioren-WM und auch in der Bundesliga.
Martin Heuberger als Trainer der deutschen U21-Nationalmannschaft
Sportschau: Welcher der Youngster hat es bislang am besten gemacht?
Heuberger: Alle vier hatten ja nur Kurzeinsätze bislang. Aber jeder hat sein Bestes gegeben. Julius Fischer hatte sicher die meiste Spielzeit sowohl in Abwehr als auch im Angriff. Aber auch David Späth und Renars Uscins waren immer mal wieder dabei. Die wenigsten Einsätze hatte wohl Nils Lichtlein, aber ich hoffe, dass Alfred ihm noch in den verbleibenden Spielen das Vertrauen schenkt.
Sportschau: Im vergangenen erfolgreichen Spiel gegen die Ungarn hat Bundestrainer Alfred Gislason die jungen Spieler zumeist auf der Bank gelassen. Ist mit zunehmender Turnierdauer mehr Reife gefragt?
Heuberger: Es ist ja klar, dass die jungen Spieler noch Zeit brauchen. Es ist ihre erste große Männer-EM. Die Zeit ist dazu da reinzuschnuppern. Es ist eine Riesensache, überhaupt dabei zu sein. Ich kann Alfred schon verstehen, dass er noch mehr Vertrauen hat in die arrivierten, älteren Spieler, die über Jahre das Gerüst der Nationalmannschaft stellen.
Köster? Besser geht es nicht
Sportschau: Julian Köster und Juri Knorr sind auch noch im jungen Alter, aber bereits tragende Säulen. Was können die beiden noch besser machen?
Heuberger: Wenn man das Spiel jetzt von Julian Köster insbesondere gegen Ungarn gesehen hat - ich glaube, besser geht es nicht. Der Junge hat super performed. Er hat aus der zweiten Reihe von neun Versuchen acht Tore erzielt - eins schöner als das andere, mit Schlagwurfvariationen, im eins gegen eins, mit Sprungwurf aus der Fernwurfzone. Da war alles dabei. Vor allem hat mich gefreut, dass er zentral im Innenblock mit Johannes Golla das Abwehrbollwerk stellt, so wie es kaum eine andere Nation besitzt.
Bei Juri Knorr war das Turnier bislang auch mit vielen guten Szenen versehen. Vor dem Österreich Spiel war er etwas krank, was die wenigsten wussten, glaube ich. Da hat er nicht so gut gespielt. Auch er ist noch ein junger Spieler, auf dem viel Druck lastet. Im dem jungen Alter so zu performen - ich ziehe meinen Hut vor ihm. Die Jungs machen das wirklich großartig.
Sportschau: Haben Juri Knorr und Julian Köster das Zeug, zum großen Gesicht des deutschen Handballs über die nächsten Jahre zu werden?
Heuberger: Nicht nur zu werden. Ich glaube, dass sie es schon sind zusammen mit Andreas Wolff und Johannes Golla. Sie zählen jetzt schon zu den Führungskräften. Das wird sich in den kommenden Jahren noch verbessern.
Deutschlands Julian Köster versucht, sich gegen die ungarische Abwehr durchzusetzen.
"Brauchen uns keine Sorgen zu machen"
Sportschau: Wie sieht es bei den nachrückenden Jahrgängen im deutschen Handball aus?
Heuberger: Wir hatten jetzt mit den Jahrgängen 2002/2003 sicher einen Ausnahmejahrgang, deshalb sind die Jahrgänge ja auch Jugend-Europameister und im vergangenen Jahr Weltmeister geworden. Nichtsdestotrotz ist in der Bundesliga eine Menge passiert gerade im Ausbildungsbereich durch die vielen Leistungszentren, wo leistungsorientiert gearbeitet wird. Es gibt noch ein paar Baustellen. Insgesamt brauchen wir uns im deutschen Handball keine so großen Sorgen zu machen.
Andererseits schläft die Konkurrenz nicht. Die sind genauso gut, wenn ich beispielsweise Dänemark sehe. Die könnten zwei Mannschaften bei dieser Europameisterschaft stellen und würden mit beiden unter den Top 5 oder Top 8 landen.
Finale? - "An einem guten Tag ist alles möglich"
Sportschau: Hat die deutsche Mannschaft den Abstand zur Weltspitze verkürzt?
Heuberger: Mit Sicherheit ist der Abstand zur Weltspitze mit dieser EM geringer geworden. Die Dänen, Franzosen und Schweden sind in der Breite sicher noch besser besetzt, auch was die Erfahrung angeht. Ich hoffe aber, dass wir in naher Zukunft ganz vorne angreifen können.
Sportschau: Kommt das deutsche Team ins Finale?
Heuberger: Ich war jetzt schon ein paar Mal in Köln. Da brennt der Baum, wenn die Deutschen spielen. Zuletzt ist der Funke zu den Fans übergesprungen. Das ist ein großes Plus für unser Team. Wenn die Deutschen das Halbfinale erreichen, liegt die Favoritenrolle nicht mehr bei uns. Da können wir unbeschwert aufspielen. Und an einem guten Tag ist alles möglich.