Urteil zum Fall Fuhr Deutscher Handballbund muss Aufarbeitung beenden
Der Deutsche Handballbund hat im Fall des ehemaligen Trainers André Fuhr auch vor dem Landgericht Dortmund eine Niederlage erlitten.
Das Gericht kam in einem einstweiligen Verfügungsverfahren zu dem Urteil, dass der DHB die Arbeit einer eingesetzten, unabhängigen Kommission beenden muss und bestätigte damit das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Juli.
"Nach den Feststellungen der Kammer ist es so, dass die Aufarbeitungskommission im konkrekten Fall nicht die Absicht gehabt hat, dem Kläger mit den gegen ihn ermittelten Vorwürfen konkret zu konfrontieren, ihm diese mitzuteilen, dass sich für den Kläger die Gelegenheit gegeben hätte, zu konkreten gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen“, erklärte eine Gerichtssprecherin. Im Rahmen der Trainerordnung des DHB sei stattdessen ein Disziplinarverfahren einzuleiten.
DHB prüft Berufung
Bereits das OLG Hamm hatte entschieden, dass das Einsetzen einer externen Kommission in der Verbandssatzung nicht vorgesehen sei. Der DHB kann gegen das Urteil erneut in Berufung gehen. Das will der DHB jetzt in Ruhe prüfen.
"Das Urteil ist ein Wendepunkt in diesem Fall", erklärte Fuhrs Anwalt Markus Buchberger. Das Landgericht habe wie zuvor das OLG klargemacht, dass der DHB selbst unparteilich und in einem rechtsstaatlichen Verfahren aufklären müsse, was tatsächlich geschehen sei und erst danach eine Kommission aufarbeiten lassen dürfe. "Deshalb unterscheidet sich unser Fall auch von anderen im Sport, bei denen die Sachverhalte, die aufgearbeitet werden sollten, bereits feststanden", erklärte der Jurist. Aus seiner Sicht könne eine Berufung nur zum Ziel haben, die Aufklärung zu verzögern.
Fuhr hatte sich dagegen gewehrt, dass der DHB zur Aufarbeitung von Vorwürfen zahlreicher Spielerinnen eine externe Kommission eingesetzt hatte. Die Spielerinnen hatten sich bei der Anlaufstelle "Anlauf gegen Gewalt" gemeldet. Ihrem ehemaligen Trainer hatten sie unter anderem psychische Gewalt vorgeworfen. Er habe Grenzen verletzt und seine Macht missbraucht. Einige Athletinnen hatten ihre Vorwürfe zuerst im Magazin "Spiegel" öffentlich gemacht.
Zu den von Spielerinnen erhobenen Anschuldigungen hat sich der Trainer bislang nur vage geäußert. In einem Interview mit der "Sport-Bild" erklärte er im vergangenen Jahr unter anderem, viele Vorwürfe kenne er nur aus den Medien. Zum Teil habe er daran keine oder eine andere Erinnerung. Auch auf eine aktuelle Anfrage der ARD wollte sich André Fuhr nicht öffentlich äußern. Nach Bekanntwerden der Anschuldigungen hatten sich Borussia Dortmund und der DHB, bei dem Fuhr die U20 trainiert hatte, von Fuhr getrennt.
Signalwirkung für den deutschen Sport
"Grundsätzliche Auffassung des DHB war und bleibt es hierbei, dass auch in diesem Fall auf Basis der Verbandsautonomie sowie der Satzung des DHB die Einrichtung einer externen und unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung und Prävention zulässig ist. Betroffeneninteressen sowie der nachhaltige Schutz anvertrauter Personen dürfen nicht in den Hintergrund treten", sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann in einer ersten Stellungnahme.
Obwohl das Gericht betonte, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handele, könnte das Urteil Signalwirkung für den gesamten deutschen Sport haben. Denn die Regelwerke sind teilweise noch nicht rechtssicher formuliert, um interpersonale Gewalt im Sport aufzuarbeiten.