Vier Mittelstürmer, zwei Tore Slowenien und Serbien - zwei mögliche DFB-Gegner
Das Duell zwischen Slowenien und Serbien war auch das Aufeinandertreffen zweier möglicher Achtelfinalgegner für das DFB-Team. Julian Nagelsmann dürfte aufmerksam zugeschaut haben, denn mögliche Schwächen gab es einige zu beobachten.
Julian Nagelsmann dürfte sich das Duell zwischen Slowenien und Serbien in der Münchner Arena zumindest aufgezeichnet haben. Schließlich könnte einer dieser beiden Mannschaften der Gegner im Achtelfinale werden. Vorausgesetzt, Deutschland verliert nicht gegen die Schweiz und Serbien oder Slowenien werden Zweiter der Gruppe C.
Der Gewinner dieser Partie hätte dafür beste Karten gehabt, doch nach diesem 1:1 ist die Frage nach dem Achtelfinalgegner Deutschlands ebenso offen wie die Frage, wie aussagekräftig die Partie ist. Schließlich sahen beide Trainer viel Verbesserungspotenzial bei ihren Mannschaften.
Es war ein ungewohntes Bild, das sich dort in der Münchner Arena bot. Durch die Strafräume schoben sich echte Mittelstürmer. Nicht nur einer auf jeder Seite: Gleich zwei Spieler, die man als klassische "Neuner" bezeichnen konnte, schickte jeder Trainer auf den Rasen.
Aleksandar Mitrovic und Dusan Vlahovic hießen die beiden Kraftpakete Serbiens. Benjamin Sesko und Andraz Sporar die Mittelstürmer von Slowenien. Es war eine Taktik von beiden Mannschaften, die ein wenig aus der Zeit gefallen wirkte: Viele lange Bälle, die im Nirgendwo versandeten, wenig Kombinationsspiel und klaffende Lücken in der Verteidigung, die allerdings nicht genutzt wurden.
Sloweniens Kek ärgert sich: "Das haben wir verpasst"
Trotz dieser Lücken sah man von den Mittelstürmern zunächst eher wenig. Besonders Serbiens Defensive hatte Probleme, weil sich Coach Dragan Stojkovic nicht nur den Luxus leistete, zwei Mittelstürmer aufzustellen. Mit Dusan Tadic lief ein weiterer Offensivgeist auf, der sich in der Rückwärtsbewegung vor allen Dingen darauf konzentrierte, seine Teamkollegen auf frei stehende Gegner hinzuweisen.
Und Mittelstürmer Vlahovic wirkte von der Aufgabe, Sloweniens Außenverteidiger zu bewachen, überfordert. Eine erste mögliche Notiz im Taktikblock von Nagelsmann: Kimmich suchen.
Es war kein Zufall, dass das 1:0 Sloweniens Außenverteidiger Zan Karnicnik erzielte (69.). Er brach auf rechts durch, schlug einen Seitenwechsel auf den freistehenden Timi Elsnik und kam anschließend ebenso unbedrängt im Strafraum zum Schuss. Es war ein seltsames Versäumnis, dass Slowenien die Freiheiten auf den Außen, die sich durch Serbiens Spielweise ergaben, nicht viel öfter nutzte.
Ein Versäumnis, das auch Sloweniens Nationaltrainer Matjaz Kek ärgerte: "Ja, wir hätten durchaus mehr Flanken in den Strafraum bringen müssen. Das haben wir verpasst." Und auch Stojkovic erklärte später, dass er in der Halbzeit seine Spieler eindringlich auf diesen Missstand hingewiesen hatte.
Das 1:0 ändert die Dynamik des Spiels
Stürmer mit Ballkontakten waren über lange Phasen der Partie dennoch eine Seltenheit. Eine stabile Verbindung zwischen Spielaufbau und denjenigen, die schließlich den Ball aufs Tor bringen sollten, gab es weder bei den Serben noch den Slowenen. Kein einziger Abseitspfiff in den gesamten 90 Minuten ist auch ein Zeichen dafür, dass die Mittelstürmer nicht häufig mit Pässen in Richtung Strafraum gesucht wurden.
Mitrovic verzweifelt an Latte und Torwart
Das 1:0 in der 69. Minute änderte die Dynamik des Spiels komplett und brach Taktik und Spielordnung beider Mannschaften auseinander. die Slowenen verteidigten mit allem, was sie hatten, Serbien warf alles nach vorne und lief nicht mehr nur mit zwei, sondern mit bis zu zehn Mittelstürmern auf. Es entwickelte sich eine packende Begegnung und besonders Mitrovic kam daraufhin immer wieder aussichtsreich in Schussposition.
Der kräftige Angreifer setzte immer wieder seinen Körper ein, um sich die Verteidiger vom Leib zu halten und kam so auch zu seiner besten Gelegenheit: Ein Schuss aus kurzer Distanz, der allerdings an die Latte klatschte (71.). Insgesamt sechsmal schoss Mitrovic, der mittlerweile beim saudischen Klub Al-Hilal sein Geld verdient, auf das Tor. Doch auch wenn die Chancen ungenutzt blieben, dürfte Nagelsmann einen zweiten Punkt aufschreiben: Rüdiger auf Mitrovic ansetzen.
Dänemark und die nächste Doppel-Neun
Doch die größte Chance verpasste Slowenien. Eine Unkonzentriertheit in der Abwehr in der 96. Minute nutzte Luka Jovic zum 1:1. Das kostete Slowenien drei Punkte, mit denen das Team von Kek für das EM-Achtelfinale hätte planen können - zum ersten Mal in der Geschichte des Verbands.
Nun wartet mit England am Dienstag (25.06.2024) eine große Hürde auf dem Weg in die K.o.-Phase. An einen Sieg gegen den Favoriten glaubt anscheinend nicht mal Torschütze Karnicnik: "Es ist natürlich bitter, aber mal sehen, wie es in den anderen Gruppen aussieht. Vielleicht reichen uns ja zwei oder drei Punkte, um einer der vier besten Drittplatzierten zu werden."
Und so dürfte die dritte große Notiz im Block von Nagelsmann sein: Dienstag, 25. Juni, 21.00 Uhr. Dann spielt Serbien gegen Dänemark vermutlich den zweiten Platz der Gruppe C aus. Und auch hier wird Nagelsmann aller Voraussicht nach wieder vier Mittelstürmer bei der Arbeit beobachten können. Das Duell zwischen Slowenien und Dänemark war schließlich das einzige Spiel der EM, bei der ebenfalls beide Mannschaften mit zwei Neunern starteten.