Halbfinale der EM 2024 Niederlande gegen England - die Spieler im Direktvergleich
Niederlande oder England - eine dieser geschichtsträchtigen Fußballnationen schafft es ins Finale der EM 2024. Aber wer hat die besseren Einzelspieler?
Nach wie vor gilt England als eine der großen Enttäuschungen der EURO 2024. Zu wenig attraktiven Fußball bieten die "Three Lions" trotz ihres herausragenden Kaders, um für ihren Einzug ins Halbfinale kollektiv bejubelt zu werden. Die Mannschaft von Trainer Gareth Southgate ist das perfekte Beispiel, wie wichtig der gemeinsame Autritt trotz aller individueller Qualität ist - weil der aber immerhin in der starken Defensive gut war, gehört England zu den letzten vier im Turnier.
Die Niederlande wollen dagegen verhindern, dass ihr Gegner den zweiten Finaleinzug in Folge schafft und selbst zum ersten Mal seit dem Titel 1988 um die EM-Krone spielen. Es wird ein ausgeglichenes und enges Duell erwartet - wobei der Spielervergleich zeigt, dass die Engländer individuell deutlich besser besetzt sind.
Tor - Verbruggen und Pickford auf Augenhöhe
Quälend waren die Jahre für die Niederlande, in denen sie auf der Suche nach einem adäquaten Nachfolger für den ehemaligen Weltklassetorhüter Edwin van der Sar waren. Schon vor der EURO 2024 nährte Bart Verbruggen die Hoffnung, dass diese Zeit endlich vorbei sein könnte - und seine Turnierleistungen dürften daran nichts geändert haben. Vier Gegentore hat der 21-Jährige nur kassiert, zeigte 16 Paraden und mit 84 Prozent Passgenauigkeit fußballerische Fähigkeiten wie van der Sar damals.
Seine herausragenden Momente hatte Verbruggen in der Schlussphase des Viertelfinales gegen die Türkei (2:1), als er den Vorsprung mit tollen Taten ins Ziel rettete. Bei Jordan Pickford stimmt auch der letzte Eindruck, seine Parade gegen Manuel Akanji war die einzige im gesamten Elfmeterschießen gegen die Schweiz und damit siegbringend. Der 30-Jährige spielt ein Turnier ohne Fehl und Tadel, er hat allerdings auch eine starke Abwehr vor sich und so erst zwölf Paraden auf dem Konto. Auf dieser Position sind die Teams auf Augenhöhe.
Innenverteidiger - de Vrij trifft, Stones patzt, Niederlande vorn
Stefan de Vrij könnte die Hoffnung schon aufgegeben haben, nochmal ein eigenes Tor im "Oranje"-Trikot bejubeln zu dürfen. Über neun Jahre war es her, dass der heute 32-Jährige im März 2015 traf - und dann kam sein großer Moment im Viertelfinale gegen die Türkei (2:1), als er per Kopf den Ausgleich erzielte. Dieses Erlebnis war auch insofern wichtig, dass der Abwehrpartner des herausragenden Virgil van Dijk mit riesigem Selbstbewusstsein ins Halbfinale geht - und das sorgt für einen niederländischen Vorteil auf dieser Position.
Denn John Stones und der nach Gelbsperre zurückkehrende Marc Guéhi spielten im Turnier zwar grundsolide und sorgten dafür, dass die Offensivschwäche der Engländer nicht bestraft wurde - aber Stones patzte im Viertelfinale beim Schweizer Führungstreffer von Breel Embolo. Weil es hinten hin und wieder mal wackelt, könnte England auch auf eine Dreierkette umstellen.
Außenverteidiger - Trippier ist die englische Schwachstelle
Auf der rechten Seite hat England in Person von Kyle Walker zwar leichte Vorteile im Vergleich zu Denzel Dumfries, der Unterschied auf der linken Seite ist allerdings deutlich eklatanter. Kieran Trippier ist anzumerken, dass er sich dort nicht wohlfühlt und eigentlich auf der Walker-Position zu Hause ist. Defensiv ist seine Leistung in Ordnung, für die Offensive tut der 33-Jährige aber sehr wenig. Bei Nathan Aké ist das anders, er ist hinten und vorne ein großer "Oranje"-Faktor. Ein Plus für die Niederlande.
Zentrales Mittelfeld - ein englisches Hoheitsgebiet
Dass Fehlen des verletzten Frenkie de Jong machte sich entgegen vieler Befürchtungen nicht allzu bemerkbar bei den Niederlanden. Es ist jedoch kein Einzelspieler, der für den Top-Mittelfeldspieler in die Bresche gesprungen ist, sondern es ist vielmehr das solide Agieren, das der Schlüssel zum Erfolg ist. Doch einen derart großen Test wie nun gegen England mussten Jerdy Schouten, Tijjani Reijnders und Xavi Simons auch noch nicht bestehen. Und Zweifel könnten angebracht sein, ob sie den denn bestehen werden.
Xavi Simons
Denn das englische Mittelfeld ist besetzt mit zwei Weltklassespieler und einem Akteur, der es im Turnierverlauf mit seiner jugendlichen Unbekümmertheit ins Team geschafft hat und in der Klubsaison schon überzeugt hatte. Der 19-jährige Kobbie Mainoo hat sich den Platz im Zentrum an der Seite von Top-Sechser Declan Rice mittlerweile gesichert, vor ihnen versucht Jude Bellingham alle Fäden im englischen Spiel zu ziehen. In Normalform ist die Besetzung im zentralen Mittelfeld ein Klassenunterschied.
Angriff - dreimal Weltklasse im Sturm der Engländer
Donyell Malen oder Steven Bergwijn oder doch Wout Weghorst an die Seite von Memphis Depay stellen? Weil es auf der rechten Außenbahn ganz vorne bisher nicht so gut gelaufen ist, gibt es viele Möglichkeiten, wie die Niederlande in der Offensive gegen England auftreten - wahrscheinlich bekommt Achtelfinal-Doppelpacker Malen wieder eine Chance. Depay bleibt zentral, bisher aber auch unter seinen Möglichkeiten. Anders als Cody Gakpo, der eine starke EM spielt und der letzte im Turnier verbliebene Spieler ist, der bereits drei Tore erzielt hat.
Bei den Engländern sind die Namen wieder elitär. Bukayo Saka, Phil Foden und Harry Kane gehören zu den besten Offensivspielern der Welt - bei der EM hat aber nur Saka Ansätze davon zeigen können. Dennoch können die "Three Lions" bei dieser Besetzung nur im Vorteil sein in Bezug auf die Einzelspieler. Jetzt müssten sie das aber auch mal als Kollektiv umsetzen.
Garteh Southgate (l.) und Harry Kane
Fazit
Die beiden Startformationen geben einen Eindruck darüber, welches Spiel zu erwarten sein könnte. Die englische Mannschaft ist einfach zu gut besetzt, als dass ein Gegner plötzlich Hurra-Fußball aufbieten dürfte. Foden, Saka, Bellingham und Kane sind jederzeit in der Lage, Spiele im Alleingang zu entscheiden, da müssen die Niederlande um jeden Preis die Balance im eigenen Spiel wahren - egal, wie pomadig die Engländer auftreten.
Da nicht davon auszugehen ist, dass das Southgate-Team plötzlich voller Offensivmut spielen wird, dürfte es wieder äußerst taktisch zugehen. Die Möglichkeit, dass eine Einzelaktion das Spiel entscheidet, steigt dadurch. Und damit auch die Chance für England, das gerade in den torerzielenden Mannschaftsteilen deutliche Vorteile hat.