EM-Viertelfinale Drama aus elf Metern - England wirft die Schweiz raus
England hat das Halbfinale bei der EM erreicht. Gegen die Schweiz setzten sich die Engländer am Samstag (06.07.2024) mit 5:3 im Elfmeterschießen durch. Den entscheidenden Versuch verwandelte Trent Alexander-Arnold.
Zuvor hatte es nach 120 Minuten 1:1 (0:0) gestanden. Die Schweiz war in der 75. Minute in Führung gegangen, als Breel Embolo aus kurzer Distanz vollendete. Englands Bukayo Saka hatte wenig später ausgeglichen (80.). In der Verlängerung hatte der Schweizer Joker Xherdan Shaqiri mit einer Ecke lediglich die Latte getroffen (117.).
So kam es zum Elfmeterschießen, in dem Englands Torhüter Jordan Pickford gleich den ersten Versuch eines Schweizers parierte. Er hielt den Schuss von Manuel Akanji.
Elfmetertipps auf Pickfords Trinkflasche
Kurios: Als Gedächtnisstütze beim Elfmeterschießen hatte Pickford auf seiner Trinkflasche Informationen zu den Schweizer Elfmeterschützen. Fotos der Flasche wurden nach dem Sieg tausendfach in den Sozialen Medien geteilt. Für Akanji lautete der Tipp auf dem Zettel: "dive left", links unten. Tatsächlich schoss der einstige Dortmunder nach links unten. Und Pickford hielt.
Bei den Engländern trafen alle Spieler - der kurz zuvor eingewechselte Alexander-Arnold verwandelte den fünften Elfmeter. Später erzählte Alexander-Arnold, dass sie das mit dem Elfmeterschießen vor dem Spiel trainiert hatten. Er sagte: "Ich wusste, dass ich es kann. Dass ich es einfach nur umsetzen muss." Er setzte es um.
"Wir sind an die Grenzen gegangen heute, die Engländer aber auch", sagte der Schweizer Kapitän Granit Xhaka nach der Partie. "England ist jetzt im Halbfinale, und wir müssen nach Hause fahren." Dort trifft England am Mittwoch (10.07.2024) auf die Niederlande, die sich gegen die Türkei durchsetzte.
Neue Taktik, mehr Risiko: Southgate hat sich etwas überlegt
So endete ein EM-Viertelfinale dramatisch, was fast drei Stunden zuvor doch etwas zäh begonnen hatte. Dabei hatte Gareth Southgate sich für sein 100. Länderspiel als Trainer von England etwas überlegt. Gegen die Schweiz ging Southgate, dem oft vorgeworfen worden ist, er meide das Risiko, zunächst zumindest ein wenig ins Risiko. Seine Mannschaft spielte bei eigenem Ballbesitz mit einer Dreierkette in der Defensive, nur gegen den Ball wurde die sonst praktizierte Viererkette daraus. So überraschte Southgate die Schweiz.
England war in der ersten Hälfte die spielbestimmende Mannschaft. Als Schiedsrichter Daniele Orsato zur Pause pfiff, hatte England mehr Ballbesitz (56 Prozent), mehr gewonnene Zweikämpfe (63) und mehr Abschlüsse als der Gegner. Was England fehlte, waren Torchancen. Es gab eine Szene, in der sich all das spiegelte: die fußballerische Überlegenheit der Engländer und ihre Ideenlosigkeit vor dem Tor.
England ohne Abschlüsse
Es lief die 21. Minute, als Phil Foden einen feinen Pass auf die rechte Seite spielte. Saka setzte sich dort im Sprintduell gegen Michel Aebischer durch, dann hob er kurz den Kopf. In der Mitte stand kein Engländer, nicht einmal Harry Kane. Dort standen dafür vier Schweizer. Saka spielte den Ball trotzdem flach in die Mitte. Immerhin: Anschließend gab es eine Ecke. Nach der Ecke kam Kane zum Kopfball. Er köpfte zwei Meter über das Tor, vielleicht waren es auch drei.
Das passte zu einem Spiel, das lange ein schwaches war. Das lag an den Engländern, aber es lag natürlich auch an den Schweizern.
Premieren-Torschuss in der 51. Minute
Sie hatten zuvor bei dieser EM oft überzeugt. Gegen den Ball schlossen sie geschickt die Räume, mit dem Ball hatten sie gute Ideen. Das lag auch am Wirken ihres Trainers Murat Yakin. Doch im Viertelfinale gegen England war davon zunächst wenig zu sehen. Die Schweizer liefen in der ersten Halbzeit oft nur hinterher, auch weil ihr Organisator Granit Xhaka von Englands Mittelfeld gut zugestellt wurde.
Etwas besser spielte die Schweiz dafür in der zweiten Hälfte. Zu beobachten war das etwa in der 51. Minute: Xhaka schickte Breel Embolo, der sich um Gegenspieler Ezri Konsa drehte und dann abschloss. Embolo schoss genau in die Arme von Pickford. Es war der Schuss auf das Tor in diesem Spiel.
Schuss Embolo, Führung Schweiz
Fortan war es ein anderes Spiel, auch wenn es noch nicht mitreißend war. Nun liefen die Engländer oft hinterher. Und die Schweiz ging tatsächlich in Führung: Fabian Schär legte ab für Dan Ndoye, der flach in die Mitte passte. Englands Verteidiger John Stones fälschte ab - so kam der Ball zu Embolo, der ohne Probleme vollendete.
Englands Saka trifft aus der Distanz
Über ihr Tor durften sich die Schweizer nur kurz freuen, denn schon fünf Minuten später fiel der Ausgleich: Declan Rice legte ab für Saka, der von den Verteidigern der Schweiz nur beobachtet, aber nicht am Schuss gehindert wurde. Also schoss Saka - und wie er schoss: Er zielte aufs lange Eck und vom Pfosten prallte sein Schuss ins Tor. Saka war bei diesem Turnier der erste englische Torschütze, der nicht Kane oder Bellingham heißt.
Parade beim Schuss von Rice - Sommer rettet die Schweiz
So ging es in die Verlängerung, in der Englands Stratege Rice die erste Chance hatte. Mit einem Schuss aus mehr als 20 Metern visierte Rice die rechte Ecke an. Er traf den Ball satt. Doch Yann Sommer, der Torhüter der Schweiz, war dorthin schon unterwegs. Er lenkte den Schuss um den Pfosten herum (95.).
Es war in der halbstündigen Verlängerung der erste Aufreger - und es blieb lange der einzige. Dann kam die 110. Minute, in der Englands Kane sich bei einem Zweikampf mit Akanji verletzte und ausgewechselt werden musste. So saß Kane auf der Bank, als der eingewechselte Schweizer Xherdan Shaqiri eine Ecke direkt auf das Tor zog und das Lattenkreuz traf (117.).
Er saß auch auf der Bank, als im Elfmeterschießen die Entscheidung in diesem EM-Viertelfinale fiel. Als Pickford den ersten Schuss eines Schweizers hielt. Als Alexander-Arnold den entscheidenden Elfmeter verwandelte.