Deutschland im Viertelfinale Mit Plan, mit Glück - und bedrohlich abgezockt
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft steht nach einem denkwürdigen Spiel gegen Dänemark im Viertelfinale der EM. Ein guter Plan, einiges Glück und ein Spieler, der einen Elfmeter in größter Drucksituation "genießt", bringen den Erfolg.
Bedrohlich war an diesem Abend vieles, etwa das Gewitter, das für eine Unterbrechung von etwa 25 Minuten sorgte. Der Samstag (29.06.2024) war daher schon sehr weit fortgeschritten, als sich die Massen an Reportern postierten, um die Spieler beim Gang aus der Kabine abzufangen und sie zu dem denkwürdigen Abend zu befragen.
Zunächst aber fuhren mehrere schwarze SUV an den Katakomben des Dortmunder Stadions vor. Polizisten in voller Kampfmontur, mit Maschinengewehren bewaffnet, stiegen aus. Nur die wenigsten wussten, warum sie angerückt waren, und noch immer sind die Hintergründe offen. Auf Fotos ist ein dunkel gekleideter Mann zu sehen, der unter das Stadiondach gestiegen war. Was er dort wollte, wird ermittelt.
"Wildes Spiel" zwischen Deutschland und Dänemark
Das SEK der Polizei erlaubte jedenfalls den nach einer Partie üblichen Ablauf, und so trudelten nach und nach die Spieler ein, die über ein "wildes Spiel" berichteten, wie Bundestrainer Julian Nagelsmann es knackig zusammenfasste.
Besonders wild war eine Phase nach der Pause, die damit begann, dass Joachim Andersen in der 48. Minute zum vermeintlichen 1:0 für Dänemark traf. Abseits, lautete sofort die Entscheidung des Schiedsrichterassistenten, aber schon die erste Wiederholung zeigte, dass es um Zentimeter ging und der deutschen Mannschaft bange Momente bevorstanden.
Glücksgefühle dank VAR
Das Spiel, von denen Nagelsmann die "ersten zwanzig Minuten" zu den "besten des Turniers bis jetzt" seiner Mannschaft erklärte, war inzwischen ausgeglichen. Das erste Tor würde einen enormen Vorteil bedeuten. Die deutschen Fans feierten daher schon die Überprüfung durch den Videoassistenten, und als die Hand von Schiedsrichter Michael Oliver dann zur Bestätigung einer Abseitsstellung von Thomas Delaney kurz vor dem Treffer hochging, hörte sich das an wie ein 1:0 Deutschland. "Das Stadion hat uns extrem gepusht in den Sekunden der Überprüfung", sagte Nagelsmann.
Die Glücksgefühle hielten an, denn drei Minuten später überprüfte der VAR wieder, dieses Mal ein mögliches Handspiel eben jenes Andersen, dessen Treffer zuvor aberkannt worden war. "Diese Momente sind nicht angenehm, wenn man nicht weiß, was rauskommt, hüben wie drüben, vorne wie hinten", so Nagelsmann. Der Bundestrainer fühlte mit seinem dänischen Kollegen Kasper Hjulmand.
"In meinen Augen ist es hart, weil es eine normale Laufbewegung ist", sagte Nagelsmann zu der leicht ausgestreckten Hand, die den Ball nach Flanke von David Raum leicht touchiert hatte.
Havertz und Musiala abgezockt
Heim-EM, erstes K.o.-Spiel, von denen Deutschland seit der EM 2016 keines mehr bei großen Turnieren gewonnen hatte, 0:0, Elfmeter.
Kai Havertz sagte über diese Situation: "Ich schieße gerne Elfmeter, mir macht das Spaß. Ich versuche, mir den Druck zu nehmen und es zu genießen." Das klang bedrohlich abgezockt.
Das enorm wichtige 1:0 hatte Deutschland erzielt (53.). Joshua Kimmich kritisierte, dass die Mannschaft anschließend zunächst versucht habe, den kleinen Vorsprung zu verwalten. Die Phase war jedoch kurz, Jamal Musiala schob, ebenfalls für sein Alter von erst 21 Jahren bedrohlich abgezockt, zu seinem schon dritten Turniertor ein (68.).
Nagelsmanns Pläne gehen auf
Vorbereitet hatte es Nico Schlotterbeck mit einem präzisen langen Pass. Der Dortmunder Schlotterbeck war - wie erwartet - für den gelbgesperrten Jonathan Tah in die Innenverteidigung gerückt. Er bestätigte die Wahl mit einer starken Leistung. Es gab aber diesen einen Schlotterbeck-Moment, für den er auch im Vereinstrikot immer gut ist. Ein technischer Fehler im eigenen Strafraum hatte den Dänen in der ersten Halbzeit eine gute Chance eingebracht.
Es ging gut für die deutsche Mannschaft aus, in der auch - weniger überraschend - David Raum statt Maximilian Mittelstädt begann und - ziemlich überraschend - Leroy Sané statt Florian Wirtz.
Von Sané hatte sich Nagelsmann mehr Läufe hinter die Fünferkette der Dänen gewünscht, von Raum mehr Offensivkraft. Beide Pläne gingen auf, zwar nicht belegt durch Glanzleistungen, aber Auftritte, die den Sinn der kleinen Umbauten zeigten.
"Bereit" für möglichen Viertelfinalgegner Spanien
Es war ein Sieg des Konzepts, des Willens, der Überzeugung, auch des Glücks. "Der Fußballgott war heute auf unserer Seite", sagte Niclas Füllkrug, als er das Beweisfoto der Abseitsstellung beim vermeintlichen 1:0 Dänemarks sah.
Am Freitag (05.07.2024) geht es um 18 Uhr in Stuttgart mit dem Viertelfinale weiter. Manuel Neuer schaute ein bisschen bedrohlich, als er gefragt wurde, ob er bereit für ein Spiel gegen Spanien sei. Noch müsse Spanien ja gegen Georgien gewinnen, so der Torwart, aber grundsätzlich gelte: "Wir sind immer bereit."