Das Landgericht in Aachen

Vor dem Landgericht Aachen Prozess gegen Hooligan strahlt auf Alemannia ab

Stand: 13.02.2025 20:03 Uhr

Ein Hooligan von Alemannia Aachen steht unter anderem wegen versuchten Totschlags vor Gericht, Aufsichtsratschef und Trainer des Drittligisten sind als Zeugen geladen. In der Anklageschrift finden sich allerdings auch Vorwürfe gegen sie.

Von Marcus Bark, Aachen

Marcel Moberz schreibt, dass es "irre" klingt, aber "mein Weg" habe seinen Fußballklub nochmal in den "UEFA CUP" führen sollen, der längst unter dem Namen "Europa League" firmiert. Nun führt dieser Pfad aber erst einmal ins Aus. "Heute endet mein Weg bei Alemannia Aachen", heißt es bei Moberz an anderer Stelle in einer langen Stellungnahme, veröffentlicht auf der Homepage des Drittligisten, der aktuell näher an der Regionalliga West als an der 2. Bundesliga ist.

Zwei Ämter bei Alemannia ruhen

Aber sportliche Ziele und Träume rücken in diesen Tagen ohnehin mal wieder in den Hintergrund, wenn über Alemannia Aachen gesprochen und berichtet wird. Marcel Moberz, insofern widerspricht er selbst dem angeblich endgültigen Ende des Weges, lässt sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der ausgegliederten TSV Alemannia Aachen GmbH ruhen. Auch im Verwaltungsrat des eingetragenen Vereins ruht ein Amt. Das teilte der Vorsitzende Dieter Lübbers Ende Januar mit. Nach einem Bericht von "Zeit online" wird gegen ihn ermittelt wegen des Vorwurfs der Verabredung zu einem Verbrechen.

Lübbers soll einen Mann als Schläger engagiert haben wollen, dessen Name sowohl in seiner als auch in der Stellungnahme von Moberz fehlt. Es ist Kevin P., der sich seit Donnerstag (13.02.2025) vor dem Landgericht Aachen verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft dem bekennenden Hooligan, mehrfach vorbestraft, verschiedene Delikte vor, am schlimmsten wiegt ein versuchter Totschlag. Kevin P., seit Juli 2024 in Untersuchungshaft, ist sicher, dass die Verhandlung mit einer Gefängnisstrafe enden wird. "Ich stehe zu meiner Schuld. Ich habe eine Haftstrafe verdient", sagte er, ohne sich zu den einzelnen Vorwürfen zu äußern. Das soll später passieren.

Trainer und Aufsichtratschef als Zeugen geladen

Der 38 Jahre alte P., der als Türsteher eines Aachener Bordells arbeitete, soll unter anderem kurz vor Weihnachten 2023 einen Mann zusammengeschlagen haben, der zuvor einer Prostituierten ein Mobiltelefon entwendet habe. Weil er die Bilder einer Überwachungskamera abgefilmt und das Video über einen Messengerdienst verbreitet haben soll, lautet einer der Anklagepunkte: Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs.

Zwei Adressaten des Videos sind bekannte Gesichter der Alemannia: Trainer Heiner Backhaus und Marcel Moberz. Beide behaupten in einer Stellungnahme des Vereins, das Video weder angesehen noch wohlwollend kommentiert noch weitergeleitet zu haben. Backhaus und Moberz sind für den dritten Verhandlungstag am kommenden Dienstag als Zeugen geladen.

Gegen Moberz wird ermittelt

Moberz hat inzwischen allerdings das Recht, die Aussage zu Fragen verweigern, mit denen er sich selbst belasten könnte, denn auch gegen ihn wird ermittelt. Bei einer Hausdurchsuchung sei ein Mobiltelefon sichergestellt worden, und die Auswertung habe Anhaltspunkte ergeben, dass Moberz das von P. erhaltene Video weitergeleitet habe, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft der "Aachener Zeitung". Sollte es zur Anklage kommen, drohen dem Aufsichtsrat der Alemannia bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe.

Moberz schreibt dazu in seiner Stellungnahme auf der Vereins-Homepage: "Seit Freitag bin ich nun Beschuldigter in einem Verfahren, welches es nicht geben dürfte." Er habe "niemals" erwartet, dass "solch ein Vorgang in unserem Land möglich ist". Der 41 Jahre alte Moberz beteuert seine Unschuld und begegnet auch einem Vorwurf, mit dem sich die Alemannia seit Jahren konfrontiert sieht - eine Nähe zu Rechtsextremen. "In unserem Verein gab und gibt es nie Platz für rechtsradikale Arschlöcher, Extremisten und Spalter", schreibt er.

Vereinsführung pflegte enge Drähte zu P.

Das Beispiel von Kevin P. zeigt, dass dies zumindest in der Vergangenheitsform nicht stimmt. Ein Bericht der Sportschau und des WDR-Magazins Sport inside hatte bereits im August die engen Drähte der Alemannia zu Kevin P. dargestellt. Da saß der stadtbekannte Hooligan bereits in Untersuchungshaft.

Alemannia Aachen und das Problem mit rechten Hooligans

Sportschau, 23.08.2024 18:27 Uhr

P., der am Donnerstag im Prozess auf eine schwierige Kindheit mit heroinabhängigen Eltern und eigenem, teilweise exzessiven Kokainkonsum verwies, der ihm immer den beabsichtigten "Weg in ein bürgerliches Leben" verbaut habe, gab längst vorher an, früher offen rechtsextrem gewesen zu sein. Inzwischen distanziere er sich aber davon. Seit 2001, so P. vor dem Landgericht, gehe er zur Alemannia und gehöre zu Szene.

Am ersten Prozesstag legte er sein Leben bis ins Detail dar, aber Angaben zu seiner politischen Gesinnung fehlten. P. wurde auch nicht fertig, denn sein Anwalt Osama Momen musste gegen Mittag zu einem anderen Termin. Momen sitzt zusammen mit Moberz im Aufsichtsrat der Alemannia. Der andere Anwalt von P., Gabor Subai, war schon vorher verschwunden.

Verteidigung kritisiert "medienwirksames Spektakel"

Zuvor hatte er allerdings ohne Erfolg einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit gestellt und bei der Erwiderung auf die Anklageschrift der Oberstaatsanwältin Jutta Breuer schwere Vorwürfe gemacht. Sie sei "sensationslüstern", inszeniere ein "medienwirksames Spektakel" und nutze Alemannia Aachen dafür als "Bühne". Subai argumentierte, die Verbreitung der Videos und die dafür im Raum stehende Strafe sei aufgrund der anderen, schwerer wiegenden Vorwürfe, irrelevant.

Breuer wies das zurück. Sie könne nichts dafür, dass einige der Empfänger bei der Alemannia tätig seien, und die Erörterung der Videos, ihrer Verbreitung und der Reaktionen darauf, könnten dabei helfen, ein genaues Persönlichkeitsbild von Kevin P. zu zeichnen, dem möglicherweise sogar Sicherheitsverwahrung drohe.

Anders als die Alemannia behauptet, haben Moberz und Backhaus laut Anklage positiv auf das Video regiert, das P. ihnen von der als äußerst brutal geschilderten Tat schickten. "Richtig so", habe demnach der Trainer geantwortet, Moberz soll geschrieben haben, dass jemand, der Prostituierte "auch noch beklaut", es "in die Fresse verdient" habe.