Neuwahl in Großbritannien Regulierungsbehörde für englischen Fußball kommt vorerst nicht
Die ausgerufenen Neuwahlen in Großbritannien haben Folgen für den Fußball in England: Eine geplante unabhängige Regulierungsbehörde kommt vorerst nicht. Für die Premier League ist das aber nur ein vorläufiger Erfolg.
Die konservative Abgeordnete Tracey Crouch, die das Vorhaben maßgeblich vorangetrieben hatte, teilte auf X mit, dass der Gesetzentwurf nicht weiter verfolgt werde. "Meine letzte Bitte", so Crouch, gehe an die Premier League und die für die 2. bis 4. Liga zuständige English Football League (EFL): "Bitte, setzt euch im Interesse des Fußballs wieder zusammen und beginnt, einen Deal auszuhandeln." Premierminister Rishi Sunak hat für den 4. Juli Neuwahlen in Großbritannien angekündigt.
Labour könnte bei Wahlerfolg einen eigenen Entwurf vorlegen
Die Premier League hatte das Vorhaben stets mit Argwohn begleitet. Ein Erfolg aus Sicht der Liga ist der Vorgang aber nur vorerst. Denn in aktuellen Umfragen hängt die sozialdemokratische Labour-Partei die konservative Partei deutlich ab, rund 20 Prozentpunkte beträgt der Vorsprung. Labour hatte das Vorhaben grundsätzlich unterstützt und könnte bei einem Wahlerfolg möglicherweise einen weitergehenden Entwurf vorlegen.
Die Labour-Abgeordnete Lucy Powell sagte im März, dass die Behörde über "genügend Befugnisse verfügen muss, um zu verhindern, dass unangemessene Eigentümer die Kontrolle über Vereine übernehmen". Einigkeit darüber herrscht aber auch bei Labour nicht - Oppositionsführer Keir Starmer äußerte sich deutlich zurückhaltender, er wolle die Spitzenposition der Liga "schützen".
Zu streng oder zu nachlässsig? Kritik am Vorhaben von beiden Seiten
Bedenken kamen immer wieder von der Premier League. "Wir gehen ein großes Risiko für eine sehr erfolgreiche Branche ein", sagte Richard Masters, Geschäftsführer der Premier League. Er bat die Abgeordneten im Parlament, "den Gesetzentwurf sehr sorgfältig zu prüfen", um unbeabsichtigte Konsequenzen zu vermeiden. Kaum eine Branche würde sich über zusätzliche Regulierung freuen.
Richard Masters, Geschäftsführer der Premier League
Doch auch von anderer Seite gab es Kritik an der Formulierung des Entwurfs. Das Gremium müsse "auch die außen- und handelspolitischen Ziele der britischen Regierung berücksichtigen", hieß es darin. Menschenrechtsorganisationen sahen darin eine Hintertür, um weiterhin Klubs an Staaten mit schlechten Menschenrechtslagen zu verkaufen, wie es zuletzt mit Newcastle United nach Saudi-Arabien geschah.
Der Plan: Aufsicht über Finanzen, Mitbestimmung für Fans, keine Super League
Die konservative Partei, die Tories, hatte im Februar angekündigt, dass sie den Fußball künftig von einer zu gründenden unabhängigen Behörde beaufsichtigen lassen wollen. Diese Pläne bekräftigte die Partei später. Das Gesetz werde zum Wohle der Fußballfans sein, versprach Sunak damals.
Demnach sollte die neue Stelle weitgehende Befugnisse in Schlüsselfragen der obersten fünf englischen Ligen des Männerfußballs bekommen:
- Klubbesitzer: Die Prüfung für Eigentümer und Vorstände der Klubs sollte erweitert werden. Auch ein Verkauf von Stadien und eine Umsiedelung von Klubs sollte eine Genehmigung der Behörde erfordern.
- Finanzen: Klubs sollten ein neues Lizenzierungsverfahren durchlaufen, Ziel seien "solide finanzielle Geschäftsmodelle und eine gute Unternehmensführung" der Klubs. Zuletzt wurde der FC Bury mit einem Zwangsabstieg belegt, der FC Macclesfield wegen Steuerschulden aufgelöst, Derby County stieg nach einem Punktabzug und Insolvenzverfahren in die 3. Liga ab.
- Mitbestimmung: Fans sollten zumindest teilweise eine Möglichkeit bekommen, an den Entscheidungen der Klubs mitzuwirken. Verhindert werden sollte, dass Eigentümer die Farben oder Logos der Klubs verändern, so wie es beispielsweise bei Cardiff City passierte.
- Super League: In England waren die Proteste gegen die Super League 2021, an der sechs Klubs aus der Premier League teilnehmen wollten, besonders groß. Die unabhängige Regulierungsbehörde sollte die Befugnis erhalten, Klubs generell an der Teilnahme an solchen Ligen zu hindern. Derzeit droht die Premier League abtrünnigen Klubs 35 Punkte Abzug in der Tabelle an.