Manchester United Ein zweiter Klub für Katar? Wie das möglich sein kann
Katar besitzt über seinen Staatsfonds Paris Saint-Germain, und mehr als einen Klub erlaubt die UEFA nicht. Trotzdem greift Katar nun auch nach Manchester United - und könnte die Regeln umgehen.
In den Regularien der UEFA gibt es einen Passus zu den Besitzverhältnissen für die Klubs. "Zum Schutz der Integrität" der UEFA-Klubwettbewerbe - also Champions League, Europa League und Europa Conference League - gilt: "Keine natürliche oder juristische Person darf Kontrolle über oder Einfluss auf mehr als einen teilnehmenden Verein haben", was sich beispielsweise auf "die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre" bezieht.
Sollte Katar Manchester United kaufen, müsste das Emirat also die alleinige Kontrolle über Paris Saint-Germain abgeben - es sei denn, die Regeln werden auf eine andere Weise bedient. Und genau das könnte der Plan sein.
Der Bruder des Emirs ist kein Mitglied der Regierung
Paris Saint-Germain befindet sich seit 2011 im Besitz der "Qatar Sports Investment" einer Tochtergesellschaft des Staatsfonds von Katar. Das aktuelle Gebot zum Kauf von Manchester United kommt aber nicht aus dem offiziellen Geltungsbereich des Staats oder seines Staatsfonds - sondern von einer Stiftung. Die Stiftung "Nine Two Foundation" - die bis zum Gebot keine öffentliche Präsenz hatte - gehört Scheich Jassim bin Hamad Al Thani. Das ist der Bruder des Emirs Tamim bin Hamad Al Thani.
Jassim bin Hamad Al Thani ist Banker und Vorstand der "Qatar Islamic Bank". Ein öffentlicher Bezug zur Regierung ist, dass der Staatsfonds 17 Prozent der Aktien der Bank besitzt. Doch der mögliche neue Besitzer von Manchester United hat kein offizielles Amt in der Regierung von Katar, auch wenn deren Chef sein Bruder ist. Ein Bezug zu Paris Saint-Germain und dessen Besitzern besteht damit offiziell nicht.
Das könnte der Winkelzug werden, mit dem die UEFA von der Rechtmäßigkeit der Besitzverhältnisse beider Klubs überzeugt werden soll, wenn es zum Kauf kommt.
Red Bull - UEFA erlaubte Salzburg und Leipzig die Teilnahme
Im Fall von Red Bull entschied die UEFA 2017, dass die Klubs Red Bull Salzburg und RasenBallsport (RB) Leipzig beide an den UEFA-Wettbewerben teilnehmen dürfen. Die Klubs haben sehr ähnliche Logos mit großer Ähnlichkeit zum Firmenlogo, dieselben Stadionnamen, ähnliche Maskottchen, bemerkenswert große Schnittmengen auf dem Transfermarkt und vor allem denselben Hauptsponsor: Red Bull.
Beide Klubs hätten jedoch "bedeutende Änderungen" im Management und der Struktur vorgenommen, sodass die Regularien erfüllt werden, hieß es damals von der UEFA. Gleichzeitig werde man die Klubs "weiterhin überwachen, um sicherzustellen, dass die Integritätsbestimmungen eingehalten werden".
Ende der 90er Jahre entschied die UEFA in einem anderen Fall, dass Slavia Prag und AEK Athen nicht gleichzeitig mitspielen dürfen. Das Unternehmen ENIC besaß an beiden Klubs Anteile.
Red Bull gegen RasenBallsport in der Europa League 2018
Auch Ratcliffe will Manchester United - und hat durch OGC Nizza ein ähnliches Problem
Katar ist nicht der einzige Bieter, der vor solchen Fragen steht. Sir Jim Ratcliffe, ein in Monaco lebender britischer Milliardär, der dem Chemie-Konzern Ineos vorsteht, bestätigte ebenfalls ein Gebot für Manchester United. Ineos werde für eine "Mehrheitsbeteiligung" bieten, hieß es in einer Mitteilung. Man wolle den Klub "wieder zur Nummer eins der Welt zu machen". Das Unternehmen Ineos besitzt allerdings schon 100 Prozent der Anteile des französischen Erstligisten OGC Nizza, der derzeit an der Conference League teilnimmt. Bei Ratcliffe werden sich also ähnliche Fragen wie bei dem katarischen Gebot stellen.
Ob neben denen von Ratcliffe und Jassim bin Hamad Al Thani weitere Gebote eingegangen sind, ist noch nicht bekannt. Eine Frist zur Abgabe von Geboten verstrich am Freitag (17.02.2023).
Kaufpreis von bis zu sechs Milliarden Euro im Gespräch
Teuer wird es mit Sicherheit: Die Glazer-Familie aus den USA, die derzeit Besitzer von Manchester United ist, erwartet vier bis sechs Milliarden Euro. Manchester United gilt als eine der wertvollsten Sportmarken der Welt. Der 2014 verstorbene Vater Malcolm Glazer bezahlte 2005 insgesamt 790 Millionen Pfund für die Übernahme von Manchester United. Die Mehrheit an PSG kostete Katar 2011 gerade Mal 30 Millionen Euro.
Gerade in England ist der Markt in Bewegung: Chelsea wurde kürzlich verkauft, Liverpools Besitzer suchen derzeit Käufer. Für Tottenham soll es ein Gebot von mehr als vier Milliarden Euro geben. Newcastle United gehört seit 2021 dem Staatsfonds von Saudi-Arabien.
LGBTQ+-Fanclub: "Wir sind sehr besorgt"
Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien standen bei der Genehmigung der Übernahme durch die Premier League nicht im Weg, auch Katar steht wegen der Lage der Menschenrechte im Land immer wieder in der Kritik, beispielsweise wegen der Strafbarkeit von homosexuellen Handlungen.
Der Fanclub "Rainbow Devils", der Fans aus der LGBTQ+-Community vertritt, veröffentlichte eine Stellungnahme und forderte darin, "dass sich jeder Bieter, der Manchester United kaufen möchte, verpflichten muss, Fußball zu einem Sport für alle zu machen, einschließlich LGBTQ+-Fans, -Spieler und -Mitarbeiter". Der Fanklub fügte an: "Wir sind daher sehr besorgt über einige der Gebote, die gemacht werden."
Manchester United seit Jahren im Niedergang
Viele Fans von Manchester United protestieren während der Spiele für eine Ablösung der Glazer-Familie. Die bisher letzte Meisterschaft gewann United 2013, die Champions League zuletzt 2008. In den vergangenen Jahren war das Team immer öfter Teil der zweitklassigen Europa League.
Die protestierenden Fans kritisieren neben dem sportlichen Niedergang vor allem die steigende Verschuldung des Klubs, die sich 2022 auf rund 500 Millionen Pfund belief. Ein potenzieller Käufer müsste neben dem Kaufpreis weitere Ausgaben schultern. Am Stadion sind Modernisierungen erforderlich, im Kader braucht es neue Spieler, zudem steht ein neues Trainingsgelände schon länger zur Debatte.