Manchester-Derby Titel, Umsatz, Stadion - City hat Stadtrivale United abgehängt
Wenn heute die 192. Ausgabe des Manchester-Derbys zwischen City und United (Ab 16 Uhr im Live-Ticker bei der Sportschau, Video-Zusammenfassung ab 19.15 Uhr) zur Aufführung kommt, geht es natürlich auch um Geld. Auf der einen Seite: ein Verein, der den teuersten Kader unterhält, der jemals zusammengestellt wurde im Fußball. Auf der anderen Seite: Manchester City.
Die durch Scheich Mansour aus Abu Dhabi finanzierten "Citizen" haben bekanntlich ebenfalls enorme Summen ausgegeben, um zum Dauermeister in England zu werden und in der vergangenen Saison zum ersten Mal die Champions League zu gewinnen.
Allerdings ist umstritten, ob City das Geld rechtmäßig eingesetzt hat. Die Premier League hat den Verein wegen Verstößen gegen die Finanzregeln in mehr als 100 Fällen angeklagt. Laut einer gerade von der Uefa veröffentlichen Untersuchung verfügt der Klub aktuell jedoch nur über den zweitteuersten Kader - mit einem Gesamtpreis von umgerechnet rund 1,3 Milliarden Euro. Spitzenreiter ist Manchester United mit einem Kaderpreis von 1,4 Milliarden Euro.
Ratcliffe hat den "lärmenden Nachbarn" als Vorbild
Gerade hat United einen neuen Investor begrüßt. Der Chemikalien-Milliardär Jim Ratcliffe übernahm knapp 28 Prozent des Vereins und sicherte sich die Verantwortung für die sportlichen Belange. Bei seiner Antrittsrede hat er Manchester City - und den FC Liverpool - als Vorbilder genannt und das Ziel ausgegeben, die beiden "Feinde" innerhalb von drei Jahren "von ihrem Sockel" (eine berühmte Formulierung von Trainer-Ikone Sir Alex Ferguson) zu stoßen. Eine ambitionierte Aufgabe. Denn in vielerlei Hinsicht hat das einst als "lärmender Nachbar" verspottete City den Rekordmeister United abgehängt. Die Uefa-Untersuchung zu den Kaderkosten liefert einen der Gründe dafür.
Viel Geld ist an beiden Enden Manchesters vorhanden, bei United im Westen und bei City im Osten. Der Unterschied ist, dass City aus seinen Finanzmitteln sportlich mehr macht. Der Klub hat einen breiten Kader von höchster Qualität zusammengestellt, der auf die Anforderungen von Trainer Pep Guardiola zugeschnitten ist. Dass zum Beispiel Spielmacher Kevin De Bruyne seit Saisonbeginn fünf Monate gefehlt hatte und Torjäger Erling Haaland zuletzt zwei Monate abwesend war, machte sich kaum bemerkbar. Zu gut sind die Alternativen, zu eingespielt Guardiolas System.
Phil Foden und Jack Grealish von Manchester City jubeln gemeinsam
City kauft Erfolge, United nur vergebliche Hoffnung
Unter dem Trainer wird fast jeder Spieler besser, egal ob 100-Millionen-Pfund-Einkauf Jack Grealish oder der für 20 Millionen Euro von Borussia Dortmund gekommene Manuel Akanji. Das Ergebnis ist Erfolg: fünf Meisterschaften in den vergangenen sechs Jahren und der Gewinn des Triples in der abgelaufenen Saison - als erst zweiter englischer Klub nach Manchester United. Aktuell liegt City in der Premier-League-Tabelle nur einen Punkt hinter Spitzenreiter Liverpool und gehört im FA Cup und in der Champions League naturgemäß zu den Favoriten.
Manchester United dagegen ist Weltmeister im Geldverbrennen. Die enormen Ausgaben bringen wenig Ertrag. Meister war der Klub zuletzt 2013, in der finalen Saison unter Sir Alex Ferguson. Das United der Gegenwart muss schon Titel wie den Ligapokal im vergangenen Jahr zu Verheißungen auf eine goldene Zukunft hochjubeln. In der laufenden Saison blamierte sich der Verein in der Champions League mit dem Vorrunden-Aus als Gruppenletzter und droht als aktuell Tabellensechster der Premier League, die erneute Qualifikation zu dem Wettbewerb zu verpassen.
United hat es sich ungewollt zur Spezialität gemacht, hohe Summen für Spieler auszugeben, die dann die Erwartungen dramatisch unterlaufen. Beispiele sind Harry Maguire, bei seinem Wechsel teuerster Verteidiger der Welt mit einer Ablöse von fast 90 Millionen Euro, oder Jadon Sancho, der nach einem Zerwürfnis mit Trainer Erik Ten Hag zu seinem Ex-Klub Borussia Dortmund ausgeliehen wurde.
Trainerposition als Baustelle
Die Besetzung der Trainerbank trägt entscheidend zur Diskrepanz zwischen den beiden Vereinen aus Manchester bei. Pep Guardiola hat bei City seit seiner Ankunft 2016 eine Philosophie etabliert, nach der der Verein seine Transferpolitik ebenso ausrichtet, wie die Spielweise in den Nachwuchsmannschaften. Der Trainer ist außerdem eingebettet in eine Struktur, die ihm störungsfreies Arbeiten ermöglicht. Geschäftsführer Ferran Soriano und Sportchef Txiki Begiristain sind Guardiola-Vertraute aus seiner Zeit beim FC Barcelona.
United dagegen hat seit Fergusons Abschied vier Trainer verschlissen (Interimslösungen sogar ausgenommen), von denen niemand in der Lage war, den Klub wieder auf Kurs zu bringen. Auch der seit der vergangenen Saison amtierende Erik Ten Hag tut sich schwer mit Fergusons Erbe.
Erik ten Hag am Spielfeldrand
Das Chaos auf der Bank illustriert den Zustand der Vereinsführung. Der auch nach dem Einstieg von Ratcliffe als Mehrheitseigner agierenden Glazer-Familie aus den USA wird nachgesagt, sich nicht für das sportliche Schicksal des Klubs zu interessieren. Lange ließen sie den Ex-Banker Ed Woodward als überforderten Quasi-Sportchef operieren. Sein Nachfolger Richard Arnold ging Ende des vergangenen Jahres. Es wird als Coup gesehen, dass der Klub gerade Omar Berrada als neuen Geschäftsführer vorstellen konnte - er arbeitete zuletzt für City und hatte großen Einfluss bei der Verpflichtung Erling Haalands aus Dortmund.
Das "Disneyland" hat das Old Trafford abgehängt
Auch wirtschaftlich haben sich die Verhältnisse in Manchester gewandelt. Die aktuelle Ausgabe der "Deloitte Money League" weist für City einen Umsatz von 826 Millionen Euro aus. Damit liegt der Klub international auf dem zweiten Platz hinter Real Madrid. Manchester United ist Fünfter mit einem Umsatz von 746 Millionen Euro. Die Infrastruktur spricht mittlerweile ebenfalls für City.
Der Verein hat in Innenstadt-Nähe eine Art Disneyland des modernen Fußballs errichtet, mit einem der besten Trainingszentren der Welt und einem Stadion, das unter anderem über den "Tunnel Club" verfügt: ein VIP-Restaurant mit Blick in den Spielertunnel. Das Old Trafford von Manchester United dagegen ist veraltet, wird von Ratten und Mäusen geplagt, das Dach ist undicht. Zu den vielen Vorhaben von Investor Ratcliffe gehört deshalb auch ein Stadion-Neubau.