Senkrechtstarter von Brighton & Hove Kaoru Mitoma und die Kunst des Dribblings
Der japanische Flügelflitzer Kaoru Mitoma von Brighton & Hove Albion hat die Kunst des Dribblings studiert - an einer japanischen Sportuniversität. Auf dem Rasen spielt er nun die Premier League schwindelig.
Im Fußball wird gerne von einstudierten Spielzügen, Standard-Varianten, Taktiken gesprochen. Ein genau geplanter Bewegungsablauf, vorab festgelegt, im Training und in Team-Sitzungen mehrfach durchgespielt.
Konträr dazu das Dribbling: Ein Mix aus Bauch-, oder besser gesagt, Fuß-Gefühl, Intuition und Reaktion bestimmt den Bewegungsablauf des Spielers. In diesen Situationen kann Kaoru Mitoma von Brighton & Hove Albion regelmäßig glänzen.
Der japanische Flügelflitzer verfügt in den Füßen nicht nur über eine Menge Talent und Tempo, er hat die Kunst des Dribblings studiert - in seiner Abschlussarbeit an der japanischen Sportuniversität Tsukuba.
Lehren aus der Dribbel-Forschung
Unter dem Arbeitstitel "Recherche über die Informationsverarbeitung auf der Seite des Angreifers in Eins-gegen-Eins-Situationen" wollte er "die Beziehung zwischen athletischen Fähigkeiten des Fußballers und der visuellen Informationsverarbeitung aufzeigen, um die eigenen Fähigkeiten zu verbessern und einen Beitrag zum theoretischen Fußball-Training zu leisten".
Für seine Forschungsarbeit montierte Mitoma Kameras an den Köpfen seiner Probanden und analysierte die Trainigseinheiten.
"Das war eine hervorragende Idee, bisher hatte niemand auf diesem Feld geforscht", sagte Masaak Koido, der seit knapp einem Jahrzehnt die Fußballmannschaft der Uni trainiert, für die auch Mitoma auflief, der "Japan Times".
Während seines vierjährigen Studiums erhielt Mitoma überdies Einblicke in die Ernährungswissenschaft und feilte mit dem ehemaligen Olympia-Hürdenläufer und heutigem Professor an Mitomas Lehrstuhl, Satoru Tanigawa, an Antritt und Start-Stopp-Fähigkeiten.
Arbeit trägt in der Premier League Früchte
Nach dem abgeschlossenen Studium wechselte er zum japanischen Erstligisten Kawasaki Frontale. Er schoss in 62 Pflichtspielen 30 Tore, legte 20 weitere Treffer auf und weckte das Interesse des europäischen Fußballs.
Drei Millionen Euro überwies Brighton & Hove 2021 für den heute 25-Jährigen, um ihn von Kawasaki loszueisen. Eine Leihe beim belgischen Erstligisten Royale Union Saint-Gilloise brachte ihm Spielpraxis ein, seit dieser Saison läuft er tatsächlich für Brighton & Hove auf - und hat sich in die Herzen der Fans gespielt.
Seit November zählt er zur Stammkraft auf der linken Außenbahn. Sechs Tore und eine Vorlage gehen auf sein Konto, vergangenes Wochenende holte er beim 4:0-Sieg gegen West Ham United mit einem Tempo-Dribbling einen Elfmeter raus und erzielte selbst das 3:0.
Einer der dribbelstärksten Spieler der Premier League
"Mitoma ist ein toller Spieler, er ist sehr wichtig für uns", sagte Brighton-Trainer Roberto De Zerbi vor knapp einem Monat nach dem 1:0-Sieg gegen den FC Bournemouth, Mitoma traf per Kopf. Sein Einfluss auf das Spiel geht aber weit über den klassischen Statistikbogen hinaus.
Der japanische Nationalspieler reißt mit seinen Dribblings Räume auf, treibt den Ball regelmäßig Richtung Strafraum vor. Knapp über 50 Prozent seiner Dribblings gelingen, einer der höchsten Werte der Liga.
Kaoru Mitoma (r.) im japanischen Nationaltrikot
Der 25-Jährige überzeugt zusätzlich mit sicherem Passspiel und bildet eine zentrale Anspielstation im Offensiv-Spiel. Kaum ein Flügelspieler in der Premier League spielt statistisch mehr Pässe und hat dabei eine so hohe Passsicherheit (über 80 Prozent seiner Pässe finden den Mitspieler).
Mitoma: "Meine Qualität ist das Tempo-Dribbling"
"Meine beste Qualität ist das Tempo-Dribbling. Ich bin ein angriffsorientierter Spieler und will mit meinem Dribbling und meinen Pässen Tor-Chancen kreieren", sagte er in einem Interview für die Website seines Klubs.
Mit seinen Fähigkeiten dürfte Mitoma der einzige Fußballer sein, der Verteidiger in der Premier League aussteigen lässt und ihnen im Nachgang wissenschaftlich fundiert erklären könnte, warum er das geschafft hat.