David Raum im Zweikampf mit Oleksandr Tymchyk

1000. Länderspiel in Bremen Deutschland enttäuscht im Jubiläumsspiel gegen die Ukraine

Stand: 12.06.2023 23:28 Uhr

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat sich in ihrem 1000. Länderspiel gegen die Ukraine mit einem schmeichelhaften Unentschieden zufriedengeben müssen - und offenbarte dabei erneut Defensivschwächen.

Beim 3:3 im mit 35.975 Fans ausverkauften Bremer Weserstadion erzielten Viktor Tsygankov (18. Minute/56.) und Antonio Rüdiger (Eigentor,. 23.) die Tore für die Ukraine. Für das Team von Bundestrainer Hansi Flick trafen Niclas Füllkrug (6.), Kai Havertz (83.) und Joshua Kimmich (90.+1) per Strafstoß. Rund ein Jahr vor dem Start der Heim-EM wartet auf Flick jetzt noch eine Menge Arbeit. Deutschland bleibt damit auch im neunten Länderspiel gegen die Ukraine ungeschlagen.

Kimmich: "Zwei saudumme Gegentore"

Einig waren sich der Bundestrainer Flick und seine Spieler anschließend in der Analyse, es ging ihnen um Gegentore, die vermeidbar gewesen wären. "Wir haben es dem Gegner zu einfach gemacht, Tore zu erzielen", sagte Flick der Sportschau. "Wir machen zu viele einfache Fehler", sagte Kimmich. Und Antonio Rüdiger sagte: "Wir schenken dem Gegner die Tore."

DFB spendet die Einnahmen

Dass das deutsche Team im Jubiläumsspiel gegen die Ukraine antrat, hatte wegen des russischen Angriffskrieges auf das Land hohen Symbolcharakter. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev waren als Ehrengäste bei der Benefiz-Partie dabei. Der Deutsche Fußball-Bund spendet über seine Stiftung die Einnahmen aus dem TV-Vertrag und Ticketverkauf an Menschen, die vom Krieg betroffen sind.

Im deutschen Tor durfte sich erstmals seit 15 Monaten wieder der Frankfurter Kevin Trapp beweisen. In der Abwehr vertraute Flick einer Dreierkette mit Rüdiger, Matthias Ginter und Nico Schlotterbeck. Die Außenbahnen besetzen Marius Wolf und David Raum. Kimmich als Kapitän und sein Münchner Teamkollege Leon Goretzka liefen ebenso im Mittelfeld auf wie Leroy Sané und Julian Brandt. Die beiden Offensivkräfte waren bei den ersten Partien des Jahres im März nicht dabei. Als Mittelstürmer lief Füllkrug auf, für den Mann von Werder Bremen war es ein Heimspiel.

Füllkrug trifft beim Heimspiel

Und schon nach 90 Sekunden hätte Füllkrug zur Führung treffen müssen. Mykhaylo Mudryk  spielte einen Rückpass in Richtung Tor genau auf den Bremer, doch der setzte den Schuss völlig unbedrängt rechts am Kasten von Anatoliy Trubin vorbei. In der 6. Minute machte es dann Wolf besser. Nach einem Chip-Ball von Kimmich in die Mitte setzte sich der Dortmunder schön durch und zog den Ball aus kurzer Distanz aufs Tor, Füllkrug fälschte unhaltbar ab.

Die Deutschen blieben dran. In der 11. Minute traf Raum nach schönem Pass von Brandt nur das Außennetz. "Wir haben das Spiel in den ersten 20 Minuten bestimmt, uns viele Chancen herausgespielt. Es hat sich ein bisschen zu leicht angefühlt", sagte der Trainer Flick der Sportschau.

Erst nach knapp 15 Minuten meldeten sich erstmals die Ukrainer in der Offensive. Taras Stepanenko verpasste bei einem Freistoß die Hereingabe von Tsygankov nur knapp. Das gab den Gästen Auftrieb, und die kamen dann in Minute 18 auch prompt zum Ausgleich. Tsygankov schloss einen blitzsauberen Konter mustergültig mit einem Schuss ins lange Eck ab. Schiedsrichter Anasthasios Sidiropoulos aus Griechenland entschied zunächst auf Abseits, doch der Video-Referee korrigierte ihn.

Klassisch ausgekontert

Im Anschluss verlor das Flick-Team den Faden. In der 24. Minute patzte Raum bei hohem Pressing des Gegners im Spielaufbau, und dann ging es wieder schnell. Schlotterbeck sah im Laufduell mit Oleksandr Tymchyk schlecht aus, Mudryk setzte dessen Pass von der Grundlinie in den Rückraum aufs Tor, Rüdiger fälschte noch ab.

Deutschland reagierte und spielte sich vor der Pause in der ukrainischen Hälfte fest. Es gab ganz viel Ballbesitz, mehr als einige Halbchancen sprangen dabei jedoch nicht heraus. Kurz vor der Pause fast das 1:3: Andrey Yarmolenko und Tymchyk wirbelten im Strafraum, letzterer traf nur das Außennetz. Kurz vor dem Halbzeitpfiff ein Hoffnungszeichen für die Deutschen: Sané setzte einen Freistoß aus 18 Metern an die Latte.

Tsygankov nutzt Ginter-Patzer eiskalt

In der 56. Minute wurde die aufkeimende Hoffnung nach zunächst mauem Start in die zweite Hälfte enttäuscht. Einen halbhohen Rückpass von Brandt konnte Ginter nicht kontrollieren. Artem Dovbyk schnappte sich den Ball, legte ihn quer auf Tsygankov und der ließ sich das nicht nehmen.

Den deutschen Offensivbemühungen zog das zunächst den Stecker. Nervosität machte sich breit, das Bremer Publikum wurde unruhig. Den Deutschen war die Angst anzumerken, jederzeit in den nächsten Konter der Ukrainer laufen zu können.

Havertz schafft die Wende

In der 74 Minute dann mal wieder eine Chance für die DFB-Elf, doch Rüdiger setzte den Ball aus 14 Metern am Tor vorbei, nachdem die Ukrainer zu kurz geklärt hatten. Wenig später setzte Sané von der linken Seite einen Schuss flach am Pfosten vorbei.

Der Anschlusstreffer von Havertz nach schöner Einzelleistung kam aus dem Nichts. Havertz war es dann auch, der in der Nachspielzeit den Elfmeter herausholte, den Kimmich zum schmeichelhaften 3:3 nutzte. Ein Jahr vor der Heim-EM ist Deutschland weit von der erhofften Titelform entfernt. Das Team offenbarte abermals riesige Mängel, das Experiment mit Dreierkette und Doppelspitze funktionierte nicht und wurde abgebrochen. Grundlegende Dinge fehlten, besonders Körperlichkeit, Passschärfe, Konzentration - doch immerhin stimmte die Moral.

Für das deutsche Team geht es am Freitag (16.06.2023) mit einem weiteren Testspiel weiter. Dann ist in Warschau Polen der Gegner.