Aktuell ohne Spielberechtigung Barcelona und Dani Olmo - nie ohne Drama
Dani Olmo ist Spieler der FC Barcelona, aber spielen darf er nicht - dagegen geht der Klub vor, womöglich doch mit Erfolg. Doch der Imageschaden für den Klub bleibt gewaltig.
Hansi Flick ist keiner, der hadern will. Der Trainer des FC Barcelona versucht, sogar einer Situation etwas Positives abzugewinnen, die seinen Verein in schwere Unruhe gestürzt hat. "Natürlich vermissen wir so einen exzellenten Spieler", sagte er am Dienstag über den mindestens vorläufigen Verlust von Angreifer Dani Olmo wegen einer fehlenden Spielberechtigung. Aber das ganze Schlamassel bedeute für seinen Kader auch die Chance, "als Mannschaft noch enger zusammenzuwachsen."
Flick sprach im saudischen Dschidda, wo Barça heute im spanischen Supercup-Halbfinale gegen Athletic Bilbao antritt. Auch Olmo und Pau Víctor sind mitgereist. Eingesetzt werden dürfen sie wie schon zuletzt im Pokal soweit aber nicht.
Drei Tage zu spät dran
Liga und Verband entzogen den beiden Neuzugängen des Sommers die damals provisorisch erteilten Spielerpässe, weil Barça bis zum veranschlagten Stichtag am 31. Dezember nicht gemäß der Financial-Fairplay-Vorschriften nachweisen konnte, über die nötigen Ressourcen für ihre Gehälter zu verfügen. Die entsprechenden Belege reichte der Klub zwar am 3. Januar nach. Doch die Gremien bestanden auf ihren Fristen und Statuten. Diese besagen zudem, dass ein Spieler vom selben Klub nur einmal pro Saison lizenziert werden kann.
Olmo und Víctor dürften danach bis zum Beginn der nächsten Spielzeit nicht mehr für Barcelona auflaufen – und der für 48 Millionen Euro plus Boni aus Leipzig verpflichtete EM-Star Olmo könnte laut einer Vertragsklausel sogar gratis den Klub verlassen.
Die Regierung greift ein
So weit wird es allerdings wohl nicht kommen. Das Veto von Liga und Verband überstimmen kann Spaniens Sportaufsicht CSD, die dem Kultus- und Sportministerium untersteht. Dort stellte Barça am Dienstag einen 52-seitigen Dringlichkeitsantrag auf eine einstweilige Verfügung. Und laut Informationen von Spaniens größtem Radiosender "Cadena Ser" aus der Nacht zum Mittwoch wird die Behörde diesen Antrag wegen seiner "soliden juristischen Grundlage" auch zulassen.
Die Nachricht wurde vom normalerweise gut informierten Moderator des populären Sporttalks "El Larguero" recherchiert und danach in versammelter Runde als Fakt diskutiert. Andere Quellen bestätigten sie fürs erste noch nicht.
Doch ihre rechtliche Substanz scheint belastbar. Bei einer einstweiligen Verfügung geht es erst mal nur darum, ob eine Causa bestehen könnte. Und insbesondere das Verbot einer zweiten Einschreibung während derselben Saison ist strittig – es bezieht sich seinem Sinn nach eigentlich auf Fälle, in denen zwischen den zwei Anträgen ein Vereinswechsel stattgefunden haben. Der Verband selbst räumte ein, den Passus bei seiner Entscheidung gegen Olmo und Víctor rein "buchstäblich" angewendet zu haben.
Mögliche Rückkehr zum Supercup-Finale
Konzediert der CSD die einstweilige Verfügung, hätten seine Experten drei Monate Zeit, um den Fall im Detail zu studieren und endgültig zu entscheiden. Olmo, hängende Spitze, und Pau Víctor, Backup-Mittelstürmer hinter Robert Lewandowski, wären zumindest für diesen Zeitraum wieder spielberechtigt. Womöglich also schon ab einem möglichen Supercup-Finale am Sonntag. Das Aufatmen bei Barça wäre enorm.
Unabhängig vom endgültigen Ausgang der Causa bereits eingetreten ist jedoch ein gewaltiger Imageschaden. Wie Stürmer Raphinha, in Abwesenheit des verletzten Marc-André ter Stegen derzeit meist Kapitän bei Barça, in Dschidda erklärte: "Wenn ich bei einem anderen Klub wäre und diese Situation sähe, würde ich vielleicht darüber nachdenken, ob es das Beste ist, hierher zu kommen." Raphinha fügte allerdings hinzu, dass es die Zweifel über die Einschreibung auch schon bei seinem Wechsel 2022 gab. Und dass er trotzdem die Reise antrat: "Ich habe es nicht bereut."
"Beispiellose Lachnummer"
Barça ist anziehend. Geschichte und Popularität, der demokratische Geist, der attraktive Fußballstil, die einmalige Nachwuchsarbeit, die um den 17-jährigen "Golden Boy" Lamine Yamal das Gros der aktuellen Stammelf produziert hat.
Aber braucht dieses Barça nicht eine bessere Leitung? Das fragen sich Fans, Mitglieder und Kommentatoren im Chaos der letzten Tage. Dass es der Verein trotz Wissens um die Vorschriften überhaupt zu einem juristischen Vabanquespiel kommen ließ, beschämte sie. Eine "beispiellose Lachnummer" sah etwa Barcelonas prestigereichste Zeitung "La Vanguardia" in der Affäre, die Spaniens Fußball tagelang in Atem hielt und zu Rücktrittsforderungen gegen Klubpräsident Joan Laporta führte.
Für Messi war kein Geld mehr da
Die harsche Kritik hat eine Vorgeschichte über den Fall Olmo hinaus. Barças Dauerkartenbesitzer sind frustriert, dass es für den längst versprochenen Rückumzug in das abgestammte Stadion Camp Nou – derzeit im Umbau – immer noch keinen festen Termin gibt. Die Ultras hat Laporta gegen sich aufgebracht, als er ihnen den Block sperrte, weil sie Liga-Strafen für schlechtes Benehmen nicht zahlen wollten. Klubinsider kritisieren Vetternwirtschaft sowie Intransparenz. Und alle fragen sich bis heute, warum Laporta vor vier Jahren die Ikone Lionel Messi ziehen ließ.
Damals waren Barças Schulden wegen einer unverantwortlichen Lohnpolitik und der Pandemie auf über eine Milliarde Euro angewachsen. Der nach elf Jahren Pause ins Amt zurückgekehrte Laporta erklärte, der Klub könne Messis Salär nicht mehr unter die Gehaltsobergrenze bekommen, die La Liga für jeden Verein individuell nach dessen Gesamtwirtschaftslage ermittelt.
Ein Jahr später veräußerte Laporta dann allerdings Anteile von Vereinssparten und künftigen Einnahmen, um Transfers wie Lewandowski und Raphinha zu stemmen. Dabei kam es auch zu überoptimistischen Angaben, die man später korrigieren musste – was die Liga weiter verärgerte.
Nun hätte der Verein durch ein weiteres dieser Geschäfte – den Verkauf von Vip-Logen des Camp Nou an arabische Investoren – nicht nur das Geld, um Olmo und Pau Víctor wieder einzuschreiben. Er darf auch erstmals seit 2019 wieder nach der "1:1"-Regel auf dem Spielermarkt agieren – also so viel investieren, wie er an anderer Stelle einspart. Immerhin das hat ihm die Liga offiziell bestätigt.