Wahl zum Exekutivkomitee Lise Klaveness will die UEFA aufmischen
Sie ist der Gegenentwurf des Durchschnittsfunktionärs und eine große Kritikerin der internationalen Verbandsstrukturen: Jetzt will die Norwegerin Lise Klaveness einen Platz im obersten UEFA-Gremium.
Lise Klaveness erklärte in einem Tweet am Donnerstag (23.02.2023), dass sie sich offiziell für einen Sitz im Exekutivkomitee der UEFA bewerben würde. Dass die Präsidentin des norwegischen Fußballverbands kandidieren wird, stand allerdings schon seit einer Woche fest. Das "UEFA-ExCo" ist das oberste Gremium des europäischen Fußballverbands, das alle wichtigen Entscheidungen im europäischen Fußball treffen kann.
Erste Chefin eines nationalen Verbands im höchsten Gremium
"Es ist an der Zeit für mehr Frauen in Führungspositionen im europäischen Fußball. Nie zuvor wurde die Präsidentin eines nationalen Verbands in das UEFA-ExCo gewählt. Ich bin bereit", schrieb die 41-Jährige, "ich bin bereit, um an Veränderungen zu arbeiten, um das Spiel und den Fußball zu schützen."
Dass Frauen im Exekutivkomitee der UEFA unterrepräsentiert sind, ist entscheidender Antrieb für ihre Kandidatur. "Das Fehlen weiblicher Standpunkte auf höchstem Niveau untergräbt die Weiterentwicklung unseres Sports", sagt die Norwegerin. Es bestehe in Europa ein enormes Expansionspotenzial, um Millionen von Mädchen ein umfassendes Fußballerlebnis zu bieten.
Klaveness hätte sich als Gegenkandidatin für die einzige weibliche Quotenposition aufstellen lassen können, den aktuell die Waliserin Laura McAllister inne hat. Sie hofft aber, dass sie sich einen Platz der sieben offenen Sitze sichert. Sie tritt dabei gegen zehn männliche Bewerber an, darunter Ex-Bundesligaprofi Levan Kobiashvili (Georgien), Jesper Möller Christensen (Dänemark) und Philippe Diallo (Frankreich). Bei erfolgreicher Wahl würde Klaveness gemeinsam mit McAllister den Frauenanteil im Gremium verdoppeln. Über die zu wählenden Vertreter wird beim UEFA-Kongress am 5. April in Lissabon entschieden.
Die frühere Profifußballerin gilt als große Kritikerin der vorhandenen Strukturen von FIFA und UEFA. Kurz nach ihrer Wahl zur obersten Funktionärin des norwegischen Fußballverbands hielt sie Ende März 2022 eine denkwürdige Rede beim Kongress in Doha, in der sie die FIFA anging und die Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 an Katar scharf kritisierte.
Klaveness für gerechtere Verteilung der Gelder
Klaveness ist der Überzeugung, dass der Fußball für alle Bevölkerungsschichten erhalten werden müsse und nicht weiter zum Spielball gigantischer Finanzakteure werden dürfe.
"Der internationale Fußball steht vor grundlegenden Problemen, die seine Grundfesten erschüttern können. Wir sehen, dass das europäische Fußballmodell von Kräften, die eine andere Weltordnung wollen, unter Druck steht. Es ist entscheidend, dass wir den Fußball schützen, damit wir faire Wettbewerbe haben und die riesigen Summen auf höchstem Niveau auch dem Rest des Fußballs zugute kommen", schrieb Klaveness in einem aktuell Beitrag auf der Homepage des norwegischen Fußballverbands.
Sinkende Spieler- und Freiwilligenzahlen bedrohten die Stellung des Fußballs in der Gesellschaft, so Klaveness weiter. Fußball sei für alle da, was aber leider nicht mehr Realität sei. "Wir müssen jetzt handeln, um sicherzustellen, dass junge Menschen die gleichen Chancen haben, am Fußball teilzunehmen", sagte die NFF-Fußballpräsidentin.
Wir müssen jetzt handeln, um sicherzustellen, dass junge Menschen die gleichen Chancen haben, am Fußball teilzunehmen
Beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kandidatur
Erwartet wird ein harter Kampf um die sieben Plätze im Vorstand. Klaveness, Mutter dreier Söhne, blickt auf eine sehr erfolgreiche Zeit als Profifußballerin in ihrem Heimatland zurück. Sie spielte 73-mal für die Nationalmannschaft.
Danach blieb die Rechtsanwältin als Fernsehkommentatorin und technische Leiterin des Männer- und Frauenfußballs beim norwegischen Verband dem Fußball erhalten, ehe sie Verbandspräsidentin wurde. International bekannt wurde sie neben ihrer starken Rede beim FIFA-Kongress durch ihr Engagement für Menschenrechte bei der WM in Katar.