Frauen-Länderspiel in Duisburg Das besondere Spiel für Trainerin und Torjägerin
Ihre Wurzeln hat Alexandra Popp nie verleugnet. Die bekannteste deutsche Fußballerin muss vor dem Länderspiel gegen Schweden (Dienstag 18.15 Uhr, im Live-Ticker bei sportschau.de) selbst ein bisschen schmunzeln, wie viele Verbindungen bei ihr persönlich noch zum Spielort Duisburg bestehen.
Insofern hätte es für ihr 125. Länderspiel gar keinen passenderen Schauplatz geben können. "Duisburg ist der Verein, bei dem ich zum ersten Mal in der Bundesliga gespielt habe. Es war auch das Stadion, in dem ich mein erstes Länderspiel bestritten habe", erinnert sich die 31-Jährige. Lang ist das DFB-Debüt schon her: 2010 bei einem 3:0 gegen Nordkorea. Insofern schließt sich ein Kreis für die Kapitänin. "Ich freue mich sehr, weil sich auch schon Familie und Freude angekündigt haben. In Duisburg war es eine besondere Zeit, sehr speziell."
Familie und Firma auf der Tribüne
Ihre Trainerin hieß damals wie heute Martina Voss-Tecklenburg. "Da schließt sich ein Kreis, ich hoffe aber, dass noch einige Länderspiele dazukommen. Das zeigt, wie lange sie schon dabei ist und wie viele Erfahrungen sie machen durfte. Sie ist unsere Spielführerin und eine der wichtigen Schlüsselspielerinnen", sagte die Bundestrainerin, die in Duisburg geboren ist und den Großteil ihrer Karriere erst beim KBC Duisburg, dann beim FCR 2001 Duisburg verbrachte. 125 Länderspiele hat sie selbst bestritten. Bei der 55-Jährigen gilt dasselbe wie bei Popp: Mehr Duisburg geht nicht.
"Für mich ist es ein besonderes Spiel. Meine komplette Familie wird da sein“, verriet die inzwischen in Straelen am Niederrhein beheimatete Bundestrainerin. Und die Firma ihres Ehemannes, der Bauunternehmer Hermann Tecklenburg, werde auf den Rängen zahlreich vertreten sein, fügt sie noch schmunzelnd an.
Erinnerungen an ein besonderes Spiel in Duisburg
Unweigerlich kommen bei Popp wie Voss-Tecklenburg Erinnerungen an einen Höhepunkt aus dem Sommer 2009 auf, als der Frauenfußball nur sehr vereinzelt Akzeptanz erfuhr. Zum Finalrückspiel des UEFA Women’s Cup zog der FCR 2001 Duisburg in die MSV-Arena, wo dann mehr als 26.000 Zuschauer ein 1:1 gegen den russischen Vertreter Swesda 2005 Perm erlebten. Das Hinspiel hatte das Team mit Inka Grings, Simone Laudehr, Annike Krahn oder Fatmire Bajramaj mit 6:0 gewonnen. Zwei DFB-Pokalsiege fallen auch noch in diese erfolgreiche Zeit.
"Das war damals ein Meilenstein für den Duisburger Fußball, aber auch insgesamt war es immer wichtig, wenn der deutsche Frauenfußball auf internationaler Ebene erfolgreich war. Damals war es eine grandiose Stimmung und ich hoffe, dass vielleicht wieder 26.000 kommen", sagte Voss-Tecklenburg.
Die enge Bindung hat eine lange Vorgeschichte
Darin liegt zwischen Trainerin und Torjägerin die enge Verbindung begründet, die bis heute Bestand hat. Die in Witten geborene Popp hat noch abgespeichert, dass sie in der damals sehr prominenten Duisburger Besetzung hin und wieder als Außenverteidigerin aushelfen musste, was ja auch später beim VfL Wolfsburg etwa im Champions-League-Finale 2013 gegen Olympique Lyon (1:0) passierte.
Beim Härtetest gegen den Weltranglistendritten muss die Stürmerin eine solche Versetzung nicht mehr befürchten. Dass die Allzweckwaffe Popp ihre Stärken, Durchsetzungsvermögen, Willen und Instinkt, am besten als Mittelstürmerin zur Geltung bringt, hat die EM in England eindrucksvoll bewiesen. Und wenn sich nicht vor dem Finale im Abschlusstraining ausgerechnet die bis dahin sechs Mal erfolgreiche Torjägerin eine Muskelverletzung zugezogen hätte, wäre vielleicht auch das Finale gegen England (1:2 nach Verlängerung) anders gelaufen.
Die WM nur ein Jahr nach der EM - das soll ein Vorteil sein
Auch unter diesen Aspekten betrachtet es die Wortführerin als vorteilhaft, dass nur ein Jahr später mit der WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) gleich das nächste Großereignis ansteht. "Man hat uns gefunden, wir als Mannschaft haben uns während der EM gefunden", sagt Popp. "Daran wollen wir anknüpfen und den Flow, den Hype mitnehmen, um unsere eigenen Stärken weiterzuentwickeln - und um es bei der WM einen My besser zu machen."
Es ist kein Zufall, dass Voss-Tecklenburg sich für das Turnier, bei dem der Vize-Europameister in einer Gruppe auf Marokko, Kolumbien und Südkorea trifft, ganz ähnlich äußert: "Wir haben mit unserer EM-Leistung eine Basis für die WM geschaffen, die wir nutzen können. Wir haben viele Dinge angeschoben. Wir wollen zeigen, dass wir die nächsten Schritte machen können."
Geheimtest im Trainingslager in Marbella
Ein erster war das Trainingslager in Marbella, von dem die DFB-Frauen am Sonntag zurückgekehrt sind. Gerade in einem geheimen Trainingsspiel gegen Irland über drei Halbzeiten hatte Voss-Tecklenburg einige Dinge ausprobiert und viele Spielerinnen eingesetzt. Doch das Ergebnis wurde nicht öffentlich gemacht. Derlei Versteckspiele passen aber eigentlich nicht zu einem Team, das bei der EM in England durch seine Offenheit viele Sympathien sammelte.
Speziell Popp ist dabei zum Gesicht geworden. Dass sie inzwischen in fast jeder Großstadt erkannt und auch oft angesprochen wird, ist die auffälligste Veränderung in ihrem Alltag. Mal seelenruhig in Berlin oder Hamburg einen Einkaufsbummel machen, ist nicht mehr drin, aber die "Nationalspielerin des Jahres" nimmt das als "Zeichen der Wertschätzung" gerne hin.
Wie groß die Anteilnahme ist, belegt auch die Zahl von bislang 17.675 verkauften Tickets (Stand: Sonntag 19.02.2023) für das erste Vorbereitungsspiel auf dem Weg zur WM. Weitere Highlight-Länderspiele gegen Brasilien und vermutlich die Niederlande sollen im April folgen.