Vor dem DFB-Pokalfinale der Frauen Die gute Seite der schlechten Generalprobe des VfL Wolfsburg
Der Traum vom Triple ist für die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg geplatzt. Im DFB-Pokalfinale gegen den SC Freiburg soll die Trotzreaktion folgen.
Es ist schon eine besondere Geschichte, die Merle Frohms mit dem DFB-Pokalfinale in Köln verbindet. Fünfmal schon hat die deutsche Nationaltorhüterin, die inzwischen weltweit zu den besten ihres Fachs gezählt wird, dieses Endspiel erlebt - aber immer nur von der Ersatzbank. Selbst als sie vor vier Jahren noch für den SC Freiburg spielte, konnte sie nicht das Erlebnis auskosten. Zuvor hatte sie sich den Finger ausgekugelt, weshalb damals Lena Nuding spielte, um deren Einsatz nun der Sportclub bangt.
Frohms' erstem Einsatz im Endspiel zwischen dem VfL Wolfsburg und ihrem Ex-Verein Freiburg (Donnerstag 16.45 Uhr/live ARD) steht nichts im Wege, aber richtige Freude will nicht aufkommen. Am Sonntag stand die 28-Jährige in der Mixed Zone der Frankfurter Arena, um eine auf allen Ebenen misslungene Generalprobe zu erklären. Die Demontage des deutschen Meisters und Pokalsiegers bei Eintracht Frankfurt (0:4) hatte Ausmaße erreicht, die fürs Verfolgerduell der Bundesliga niemand für möglich gehalten hatte.
Der FC Bayern bekommt die Meisterschaft serviert
Auch Frohms nicht. "Natürlich tut es weh. Die Art und Weise ist sehr schmerzhaft. Das braucht man nicht schönzureden, das ist nicht unser Anspruch. Es geht jetzt darum, den Kopf schnell wieder hochzukriegen: Wir haben noch zwei Highlight-Spiele." Die zu Saisonbeginn aus Frankfurt zum VfL zurückgekehrte Nachfolgerin der langjährigen Stammtorhüterin Almuth Schult war so ehrlich, den Meistertitel abzuschreiben: "Ich glaube nicht, dass es sich Bayern jetzt noch nehmen lässt."
Die im Pokal von Wolfsburg gedemütigten und in der Champions League an Arsenal gescheiterten Fußballerinnen des FC Bayern können mit einem Sieg bei Bayer Leverkusen (Samstag 13 Uhr) den ersten nationalen Titel holen - der VfL muss sich auf seine Endspiel-Optionen im Pokal und in der Champions League fokussieren. VfL-Trainer Tommy Stroot formulierte in aller Deutlichkeit: "Wir haben nicht die Bereitschaft und Gier an den Tag gelegt, die für ein Spitzenspiel nötig ist. Das ist nicht akzeptabel bei dem Anspruch, den wir haben." Der Traum vom Triple wie vor zehn Jahren bleibt unerfüllt, erklärte der konsternierte Coach: "Mein Realismus sagt mir, dass Bayern die Meisterschaft einfahren wird."
Eintracht Frankfurt will den Meisterschaftskampf ausgeglichener machen
Bei seinem Ensemble ging so wenig, dass sich insbesondere auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg auf der Heimfahrt einige Fragen stellen dürfte. Eine entkräftete Lena Oberdorf, eine überspielte Svenja Huth oder die im Mittelfeld falsch postierte Alexandra Popp müssen für die WM in Australien und Neuseeland (20. bis 20. August) unbedingt in eine bessere Verfassung kommen. Der Systemausfall so erfolgsverwöhnter Protagonisten wie Popp und Co, die ihrem Arbeitgeber seit Jahren Titel am Fließband bescheren, fällt mitten in die erste "DFB-Women's Week".
Aber vielleicht ist es auf langfristige Sicht gar kein schlechtes Zeichen, wenn sich die Konkurrenzsituation verschärft. So freute sich Eintracht-Trainer Niko Arnautis nicht nur über das aus seiner Sicht "beste Spiel der letzten sechs Jahre" und den ersten Pflichtsieg gegen den VfL seit dem April 2013, als noch Kerstin Garefrekes und Saskia Bartusiak für den Vorgängerverein 1. FFC Frankfurt trafen, sondern auch den aus seiner Sicht verkürzten Abstand zu den Topteams. "Wir sind im Vergleich zu vor eineinhalb, zwei Jahren noch näher an Wolfsburg herangerückt", sagte Arnautis.
Ralf Kellermann wirkt bedient
Platz drei und damit die Teilnahme an den Qualifikationsrunden für die Champions League, ist der Eintracht kaum mehr zu nehmen, der ein Punkt beim Absteiger Turbine Potsdam am vorletzten Spieltag genügt. Das Frankfurter Ausrufezeichen könnte für die Liga ein Signal sein, dass sich vielleicht doch bald ein Mehrkampf um die Meisterschaft entwickelt. Wolfsburg hat gerade in den vergangenen Jahren so dominiert, dass Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann, der als Interimsboss auch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) führt, schon negative Folgen "für das Produkt Frauen-Bundesliga" artikulierte - wegen der Übermacht aus Wolfsburg.
Nur zur Erinnerung: Sechsmal in den vergangenen sieben Jahren war die Meisterschaft an den Mittellandkanal gegangen, achtmal hintereinander sogar der Pokal. Nun scheint plötzlich der neunte Cup-Sieg keine Formsache mehr, wenn es vor einer Rekordkulisse in Köln mit mehr als 35.000 verkauften Tickets gegen den SC Freiburg geht. Entsprechend bedient wirkte Ralf Kellermann, der als Direktor Frauenfußball die Gesamtstrategie verantwortet.
Der letzte Prüfstein ist der FC Barcelona
Ob etwas Grundsätzliches in der langen Sommerpause auf den Prüfstand muss, wird letztlich vor allem das Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona am 3. Juni in Eindhoven zeigen. Gegen das nominell stärkste Vereinsteam der Welt hatte Wolfsburg im Halbfinal-Hinspiel in der vergangenen Saison im vollen Camp Nou zuletzt eine ähnliche Abreibung (1:5) erhalten, aus der damals schnell die richtigen Lehren folgten. Stroot ist überzeugt, dass die Trotzreaktion bereits an Christi Himmelfahrt beim Endspiel in Köln-Müngersdorf folgt: "Wir verfallen jetzt nicht in Hektik. Für ein Pokalfinale brauche ich meine Truppe nicht zu motivieren."