Vorbild englische WSL Die Frauen-Bundesliga bald ohne DFB?
Die Vereine der Frauen-Bundesliga sollen laut eines ZDF-Beitrags eine Agentur mit der Ergründung einer möglichen Unabhängigkeit vom DFB beauftragt haben. Alle Vereine sollen sich gemeinsam finanziell an diesem Schritt beteiligt haben.
Der Grund: Die Einnahmen wachsen, die Verluste aber noch viel mehr. Seit 2012 reichen die Erträge nicht mehr für die Personalkosten und der durchschnittliche Fehlbetrag pro Verein wird laut Saisonreport des DFB immer größer. Während eigenständige Vereine wie Turbine Potsdam sich immer weiter strecken müssen, werden die Frauenabteilungen der Lizenzvereine querfinanziert.
Worum genau es sich bei dem "wirtschaftlich tragfähigen Ökosystem" (Axel Hellmann, Eintracht Frankfurt) handeln soll, ist aktuell unklar. Es könnte sich um eine vollständige Unabhängigkeit vom DFB zum Beispiel in Form einer eigenen Ligen-Organisation wie der DFL handeln, oder um eine eigenständige Vermarktung.
Axel Hellmann, Vorstandssprecher der Eintracht Frankfurt Fußball AG.
So lief der Austritt der Women's Super League aus der FA in England
Rückschlüsse darüber, wie ein Weg aussehen könnte, sind über die beauftragte Agentur Portas möglich. Diese ist in England ansässig und war bereits an der Loslösung der Women’s Super League (WSL) und Women’s Championship von der FA beteiligt. Seit August gehören beide Ligen dem neu gegründeten Unternehmen Women’s Professional League Limited (WPLL).
Das Unternehmen WPLL funktioniert strukturell ähnlich wie die Premier League: alle 23 Vereine aus WSL und Championship sind Anteilseigner des neuen Unternehmens. Das erhielt von der Premier League ein zinsloses Darlehen in Höhe von 20 Millionen Pfund, das erst zurückgezahlt werden muss, sobald die WPLL Erträge in Höhe von 100 Millionen Pfund erzielt.
Ein entscheidender Unterschied zu Deutschland: Der Schritt kam vom Verband selbst und war lange offiziell angekündigt. Die WSL wurde 2010 gegründet und bis zum Sommer 2024 von der FA organisiert. Bereits im Jahr 2018 machte diese aber deutlich, die Liga nicht für immer leiten zu wollen, analog zur Premier League. Diese war der erste Ansprechpartner für eine Übernahme, bis die FA sich dazu entschloss, eine eigene Gesellschaft für die WSL zu gründen.
Dieser Prozess beschleunigte sich nach der EM 2022 in England rapide. Verband und Vereinen gelang es wie keiner anderen europäischen Liga, die Erfolge des Turniers in den Liga-Alltag zu übernehmen. Auch, weil vorher bereits jahrelang darauf hingearbeitet wurde. Im Jahr 2021 schloss der Verband einen TV-Vertrag für die WSL ab, der pro Jahr 7 Millionen Pfund einbrachte, zum damaligen Wechselkurs rund 8,2 Millionen Euro. Das ist bis heute der wertvollste TV-Vertrag einer europäischen Fußballliga der Frauen.
WSL und WPLL: Übergangssaison 2024/25
Wenn es nach der WPLL und Geschäftsführerin Nikki Doucet geht, soll sich diese Summe in Zukunft mindestens verdoppeln. Allerdings ist die Saison 2024/25 in mancher Hinsicht eine Übergangssaison, denn für große Veränderungen gab es nicht genug Zeit. Der TV-Vertag wäre eigentlich im Sommer ausgelaufen und sollte neu verhandelt werden, wurde aber von der WPLL und den verschiedenen Sendern vorerst für ein Jahr zu den alten Konditionen verlängert.
Um in der Zwischenzeit den Wert zu steigern, werden alle Partien der Championship und nicht für das Fernsehprogramm ausgewählte Partien der WSL weltweit auf YouTube gestreamt, abgesehen von Regionen mit Übertragungspartner für diese Partien, wie in Deutschland Sky. Bisher liefen diese über eine eigene Website des Verbandes, besonders die zweite Liga soll dadurch aufgewertet werden. Das Gefälle zwischen erster und zweiter englischer Liga ist ähnlich wie in Deutschland in vielerlei Hinsicht groß.
Beim League Cup hatte Doucet bisher Erfolg: Der Cup hatte seit 2011 immer denselben Namenssponsor, nochmals verlängern wollte dieser aber nicht, einen Ersatz gibt es bisher nicht. Der erste große Vertragsabschluss der WPLL war deshalb die Verlängerung mit dem Namenssponsor der WSL und Championship um weitere drei Jahre. Barclays verdoppelt die gezahlte Summe auf 45 Millionen Pfund (rund 54 Millionen Euro) ab 2025.
Erste Kritik am Umgang mit WSL-Fans
Kritik von Fangruppierungen und Beobachtenden der Ligen gibt es, weil der Weg von Doucet und der WPLL als wenig transparent empfunden wird. Die neue Geschäftsführerin bleibt in vielen ihrer Aussagen vage und eckte mit anderen bereits an. So verglich sie den Besuch eines Fußballspiels von Frauen mit dem Festival Glastonbury und weite Teile der Fanszenen mit Taylor-Swift-Fans.
Während es bei letzterem demographische Überschneidungen geben mag, kommentieren britische Medien, dass die Art und Weise, wie diese Vergleiche formuliert werden, keiner der beiden Gruppen gerecht wird und an der Stadion-Realität vorbeigeht. Die Sorge ist, dass Fans nur als ein reines Marketingtool gesehen werden, für das Kreieren eines ganz bestimmten Images.
Meinungswechsel gegenüber Ausgliederung beim DFB
In Deutschland dauert die Diskussion unter den Vereinen über eine mögliche Eigenständigkeit schon seit Jahren an und wird mal im Hintergrund, mal aber auch sehr offen ausgetragen, wie vor dem DFB-Bundestag im Jahr 2022. DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich hatte sich damals für einen Verbleib der Frauen im DFB ausgesprochen, inzwischen hat sich die Haltung des Verbandes gedreht.
Die DFB-Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch sprach im März im DLF über eine mögliche baldige Ausgliederung der Frauenbundesliga und im eingangs erwähnten ZDF-Beitrag sagt Vizepräsidentin Célia Šašić: "Es ist wichtig, dass man einen Rahmen findet, in dem sich der Frauenfußball entwickeln kann und das ganze Potenzial auch ausgeschöpft wird. In welchem Rahmen das stattfindet, ist nicht das Entscheidende. Das Entscheidende ist, dass die Möglichkeiten gegeben werden und die Rahmenbedingungen da sind."