FIFA WM 2022 Sambafußball und Jubeltänze - Brasilien mit Neymar wieder spektakulär
Brasilien zieht gegen Südkorea erwartungsgemäß ins Viertelfinale ein und begeistert dabei erstmals bei der WM in Katar. Die Rückkehr von Neymar gibt der "Selecao" den nötigen Auftrieb.
Selbst die FIFA scheint sich darüber gefreut zu haben, dass Neymar nach seiner Knöchelverletzung im Achtelfinale gegen Südkorea (4:1) sein Comeback feierte. Anders ist kaum zu erklären, dass der Weltverband dem brasilianischen Superstar einen Assist schenkte, als er Neymar beim 1:0 als Vorlagengeber für den Torschützen Vinicius Jr. festlegte.
Raphinha hatte zuvor geflankt und der bisher teuerste Fußballer der Geschichte (Paris St. Germain bezahlte 2017 für ihn 222 Millionen Euro) senste beim Versuch, seinen ersten Turniertreffer zu erzielen, nahezu am Ball vorbei, touchierte ihn aber leicht - was für die Offiziellen tatsächlich für eine Torvorlage reicht.
Tite braucht Neymar für den Titel
Was jedoch unbestritten ist: Die Rückkehr Neymars ("Ich habe mir größte Sorgen gemacht und jeden Morgen bis sechs Uhr mit den Physios gearbeitet") hat die brasilianische Mannschaft bewegt. Durch die Gruppenphase kam sie ohne Glanz, nachdem sich der Offensivkünstler im ersten Spiel gegen Serbien (2:0) verletzt hatte - nun strahlte die "Selecao" wieder. Ein Tor schöner als das andere, garniert mit einem immer neuen Jubeltanz. Nach dem 3:0 von Richarlison schwang sogar Trainer Tite die Hüften.
Tites Auftrag: Weltmeister werden
Der 61-Jährige hat nur einen bescheidenden Auftrag: Weltmeister werden. Seit 2002 ist das dem Rekordchampion (fünf Titel) nicht mehr gelungen. Tite wird nach dem Turnier in Katar aufhören, und er wird nur freudig verabschiedet, wenn er als Weltmeister abtreten wird. "Das ist unser großer Traum. Wir müssen jetzt Schritt für Schritt gehen, drei Spiele fehlen uns noch. Wir sind mental komplett darauf fixiert und bereit für den Titel", sagte Neymar.
Fünf Zauberer begeistern Brasilien
Am Zuckerhut hatten sie schon die Befürchtung, seine Mannschaft würde dieses Ziel mit Pragmatismus angehen. In der Gruppenphase schossen die Brasilianer nur drei Tore, so wenige wie seit 44 Jahren nicht mehr. Am Montag (05.12.2022) dagegen feierten die Menschen auf den Straßen in der Heimat mit ihren Stars und freuten sich darüber, dass neben den kreativen Nach-Tor-Tänzen auch der Sambafußball in die "Selecao" zurückgekehrt ist.
Das Kollektiv steht über Solokünstler Neymar
Dies geschah mit Neymar, aber gar nicht unbedingt nur wegen ihm. Es war ein kollektives Zaubern, keine One-Man-Show. Der 30-Jährige hatte zwar in der grandiosen ersten Halbzeit die meisten Torschüsse (drei), von den Offensivkünstlern die meisten Ballkontakte (39), gewann 64 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte fast 90 Prozent seiner Pässe an - für die Oh- und Ah-Momente sorgten genauso aber auch Richarlison, Vinicius Jr., Raphinha und Lucas Paqueta.
Pelé jubelt mit - und behält seine Bestmarke
Auch das brasilianische Idol Pelé wird sich über die Spielfreude dieses Offensivquintetts gefreut haben. Der an Krebs erkrankte 82-Jährige machte der "Selecao" mit einem Instagrampost vor der Partie Mut, schrieb: "Ich will euch inspirieren, meine Freunde. Ich werde das Spiel hier aus dem Krankenhaus verfolgen und werde jeden einzelnen von euch anfeuern. Wir sind gemeinsam auf diesem Weg."
Diese Zusatzmotivation des dreifachen Weltmeisters (1958, 1962 und 1970) scheint bei der aktuellen Generation der brasilianischen Nationalmannschaft angekommen zu sein. Individuelle Kabinettstückchen, mannschaftliche Traumkombination und Kaltschnäuzigkeit - die Mannschaft um Neymar verkörperte das, wofür Pelé zu seinen aktiven Zeiten stand.
Wenn selbst ein Elfmeter Spaß macht...
Vielleicht wird sich der vielleicht bisher beste Fußballspieler der Welt aber auch ein wenig darüber gefreut haben, dass Brasilien gegen Südkorea nicht noch erfolgreicher war. Denn so bleibt Pelé der Brasilianer, der für die Nationalmannschaft die meisten Tore erzielt hat. 77-mal traf er für die Selecao, Neymar steht nach seinem Elfmetertor (sein siebter Treffer bei einer WM) zum 2:0 nun bei 76.
Selbst dieser Strafstoß war dabei sogar brasilianische Kunst. Neymar trippelte, verzögerte, schaute hoch auf den gegnerischen Torhüter und schob den Ball im Zeitlupentempo ins Tor. Das zeugt von Klasse, Selbstvertrauen und Leichtigkeit. Und vor allem Letzteres hat Neymar (wurde nach 80 Minuten ausgewechselt) zurück ins brasilianische Team gebracht.
"PELÉ!"
Nach dem Spiel wurde es aber noch einen Moment bedrückend. Neymar stapfte in Flip-Flops gemeinsam mit Casemiro und einem Transparent in der Hand noch einmal aufs Spielfeld. Dort versammelte sich die gesamte Mannschaft und breitete das Transparent mit den großen Lettern "PELÉ!" aus, dazu ein Jubelbild des früheren Ausnahmestürmers. Sie alle hoffen, dass sie gemeinsam kurz vor Weihnachten den sechsten brasilianischen WM-Titel feiern können.
"Es fällt mir nicht leicht darüber zu sprechen, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das berührt mich sehr und ich wünsche ihm alles erdenklich Gute. Ich hoffe, dass er schnell wieder gesund wird und sich über unseren Sieg gefreut hat. Das wäre für mich das Wichtigste", sagte Neymar.