FIFA WM 2022 Human Rights Watch macht Druck beim Entschädigungsfonds
Vor dem Finale der Fußball-WM hat Human Rights Watch den Druck in der Debatte um einen Entschädigungsfonds für Arbeitsmigranten in Katar erhöht. Die norwegische Verbandspräsidentin fordert Aufklärung der Todesfälle.
"Wenn die FIFA und Katar keine Abhilfe für die weitreichenden, nicht behobenen Missstände schaffen, denen die Migranten, die das Turnier vorbereitet und durchgeführt haben, ausgesetzt waren, werden sie ein Erbe der Ausbeutung und Schande hinterlassen", sagte Rothna Begum von Human Rights Watch (HRW).
Das Endspiel am Sonntag falle auf den Nationalfeiertag Katars und den Internationalen Tag der Migranten. Dies sei "ein passender Zufall angesichts der unverzichtbaren Rolle" der Arbeitsmigranten, sagte Begum.
Scharfe Kritik auch von Amnesty
Auch Amnesty International in Deutschland erneuerte die Forderung: "Auf beschämende Weise widersetzen sich FIFA und katarische Regierung bislang, den betroffenen Arbeiterinnen und Arbeitern die ihnen zustehende Entschädigung zukommen zu lassen. Solange die FIFA nicht Verantwortung für ihre international verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten übernimmt, wird diese WM in Katar in die Jahrbücher eingehen, als das Turnier, welches auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen wurde und dies in einem der reichsten Staaten der Erde", sagte Generalsekretär Markus N. Beeko.
FIFA-Präsident Gianni Infantino wich der Frage nach einem Entschädigungsfonds am Freitag aus. "Sie sollten wissen, dass die FIFA alles teilt", sagte der Schweizer in Doha ohne nähere Erklärung.
Forderung seit Mai diesen Jahres
Mehrere Menschenrechtsorganisationen fordern von der FIFA seit Mai Entschädigungszahlungen für Arbeiter, die nach der WM-Vergabe 2010 ums Leben gekommen sind, verletzt oder ausgebeutet wurden. Bislang hätten die FIFA und Katar "ungenaue und irreführende Behauptungen" darüber aufgestellt, dass die bisherigen Systeme in dem Emirat ausreichen.
Der Entschädigungsfonds der katarischen Regierung (Workers' Support and Insurance Fund) sei aber "auf Lohndiebstahl beschränkt" und der Zugang "mit zahlreichen Hindernissen behaftet", schrieb HRW. Zudem befasse sich der Fonds nicht mit Verletzungen, Todesfällen am Arbeitsplatz oder Lohndiebstahl in den zehn Jahren vor der Einrichtung im Jahr 2020.
Klaveness fordert genaue Untersuchung der Todesfälle
Die norwegische Verbandspräsidentin und FIFA-Kritikerin Lise Klaveness hat derweil eine Aufklärung der Todesfälle von Arbeitsmigranten in Zusammenhang mit der Fußball-WM in Katar gefordert. "Es muss eine Analyse geben, am besten eine unabhängige Untersuchung. Und es liegt in unserer Verantwortung im Fußball, diese sicherzustellen", sagte die norwegische Verbandspräsidentin dem Sender TV2. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) unterstütze dieses Anliegen.
Mit der Diskrepanz zwischen der offiziellen Todeszahl drei und den von Medien recherchierten mehreren Tausend Opfern seit der WM-Vergabe "können wir nur schwer leben", sagte Klaveness: "Wir dürfen das nach der WM nicht einfach hinter uns lassen." Auch die ersten Jahre nach der Zuteilung der Endrunde 2010 müssten genau betrachtet werden.
FIFA-Präsident Gianni Infantino erläuterte am Freitag, dass es drei Todesfälle beim Stadienbau sowie seit 2014 400 bis 500 weitere bei anderen Arbeiten gegeben habe. "Wenn wir über Zahlen reden, müssen wir sehr präzise sein", meinte er, "um nicht den Eindruck zu vermitteln, dass etwas geschehen ist, was nicht stimmt".