FIFA WM 2022 Mathew Leckie und Australiens "Men at Work"
Zum ersten Mal seit 2006 steht Australien in einem WM-Achtelfinale. Ohne große Stars, aber mit viel Euphorie, Teamgeist und Arbeit. Mittendrin: der ehemalige Bundesliga-Spieler Mathew Leckie.
Melbourne, die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag: Der Fed Square, einer der größten und wichtigsten Plätze der australischen Metropole ist prall gefüllt. Tausende Fans wollen dort das entscheidende Gruppenspiel gegen Dänemark sehen. Gewinnen die "Socceroos", stehen sie im Achtelfinale. Favorit Dänemark ist aber zunächst die bessere Mannschaft.
Dann kommt die 60. Spielminute: Riley McGee schickt Mathew Leckie, der schlägt einen Haken und trifft ins lange Eck. Das 1:0 markiert den Endstand und sorgt in Australien für Ekstase. Der Fed Square ist außer Rand und Band - und das kurz vor vier Uhr am Morgen. Die Bilder gehen viral und zeigen: In "Down Under" herrscht riesige WM-Euphorie.
Folgt der nächste historische Moment?
Maßgeblich dafür verantwortlich ist Torschütze Mathew Leckie. Für ihn wird das Tor etwas sein, auf das er in seinem Leben immer zurückschauen wird - auch weil es so viel auslöst: "Das ist wirklich herrlich für uns, für den Fußball und unser Land. Und damit wollen wir weitermachen: Wir wollen Momente für die Geschichtsbücher schreiben."
Die nächste Möglichkeit gibt es nun im Achtelfinale, doch die Herausforderung wird nicht kleiner: Es geht gegen den Südamerikameister aus Argentinien. Es ist auch ein Kampf zweier Spielweisen: Während das argentinische Spiel auf ihren Superstar Messi ausgelegt, hat Australien keinen herausragenden Spieler. So alt diese Erzählung auch ist: Bei Australien ist das Team der Star.
Wie eine überragende Zweitliga-Mannschaft
Mit Ajdin Hrustic von Hellas Verona und Awer Mabil vom FC Cádiz spielen nur zwei Australier in europäischen Top-Ligen, aber bei weitem nicht bei Spitzenmannschaften. Neben einem großen Block aus der schottischen Premiership spielen dafür einige Spieler bei Zweitligisten - allen voran aus England, aber mit Jackson Irvine vom FC St. Pauli auch aus Deutschland.
Die dritte große Gruppe stammt aus der heimischen A-League. Dort spielt mittlerweile auch Mathew Leckie. Nach einer langen Zeit in Deutschland, wo er unter anderem bei Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC in der Bundesliga spielte, ist er seit vergangenem Jahr bei Melbourne City unter Vertrag.
Leckie steht sinnbildlich für den australischen Teamspirit: Zur ganz großen Karriere hat es für den 31-Jährigen nicht gereicht, aber er ist ein technisch starker Spieler und vor allem ein Anführer, der unermüdlich kämpft und arbeitet. Bereits 2014 und 2018 war er bei den Weltmeisterschaften als Stammspieler dabei, sein großer Moment kam aber erst jetzt gegen Dänemark.
Mit Wille und Einsatz gegen Messi und Co.
Als Teamplayer bleibt Leckie auch im Interview bescheiden, hebt nicht seine, sondern die Teamleistung hervor: "Man sieht die Mentalität und das Mindset der Spieler auf dem Platz. Das ist wirklich eine Gemeinschaftsleistung des Teams." Das ganze Team sei präsent, schwärmt er: "Jeder rennt und kämpft für die anderen."
Leckie ist überzeugt, dass sie auch gegen Argentinien mit derselben Mentalität und demselben Arbeitsaufwand ins Spiel gehen werden. In der K.o.-Phase könne alles passieren: "Die Jungs sind bereit, alles reinzuwerfen und alles zu geben. Das werden wir weiter genauso machen. Und dann sehen wir, wohin es uns führt."
Besonderes Stadion für Australien
Ein gutes Omen könnte dabei die Spielstätte sein. Denn schon zum dritten Mal in diesem Jahr geht es im Ahmed bin Ali Stadium für die "Socceroos" um alles: Zunächst konnten sie sich dort im asiatischen Entscheidungsspiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate durchsetzen, gegen Peru lösten sie im selben Stadion das WM-Ticket im Elfmeterschießen.
Zweimal hing Australiens WM-Teilnahme am seidenen Faden. Jetzt könnte ihnen an exakt derselben Stelle die Sensation gelingen, wenn sie mit einem Sieg gegen Argentinien zum ersten Mal das Viertelfinale erreichen. Eines ist sicher: Auf dem Fed Square in Melbourne würden sie erneut eine riesige Party feiern - diesmal immerhin zur Frühstückszeit.