WM-Spiel gegen Marokko Lässt "Expertin" Magull Deutschland wieder jubeln?
Bei der EM im vergangenen Jahr in England hat Lina Magull das erste und das letzte Tor für Deutschland geschossen. Auch in der Auftaktpartie bei der WM in Australien und Neuseeland am Montag (24.07.2023) gegen Marokko will sie im DFB-Trikot für besondere Momente sorgen.
Wenn sich jemand mit wichtigen Toren auskennt, dann ist es Lina Magull. Die 28-Jährige erzielte den zwischenzeitlichen Ausgleich im EM-Finale gegen England (1:2) und brachte das Team nach Rückstand zumindest noch in die Verlängerung. Viel wichtiger dürfte rückblickend aber ihr erstes Tor in England gewesen sein: Mit dem 1:0 im Gruppenspiel gegen Dänemark (4:0) brachte Magull die DFB-Frauen auf die Siegerstraße, von der sie erst gegen die Gastgeberinnen wieder abkommen sollten.
"Solche Momente muss man für sich selbst positiv aufnehmen. Ich bin nicht übertrieben selbstbewusst oder bringe eine gewisse Arroganz mit. Ich bin immer sehr kritisch mit mir", beschreibt Magull sich selbst. "Aber ich schaffe es mittlerweile, die positiven Momente mit ins nächste Spiel zu nehmen."
Keine Infos der Bundestrainerin zur Aufstellung
Magull ist bereit für das erste Gruppenspiel in Melbourne gegen Marokko am Montag (10.30 Uhr MESZ / im Audio-Livestream auf sportschau.de). Sie ist überzeugt, dass "wir auch bei der WM Großes leisten können".
Hinter den Einsätzen gleich mehrerer Spielerinnen stehen allerdings noch Fragezeichen. Zur Aufstellung wollte sich Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg auf der Pressekonferenz am Sonntag (23.07.2023) zwar nicht äußern ("Da darf der Gegner noch ein bisschen drüber nachdenken"), dafür unterstrich sie auf Nachfrage jedoch noch einmal ihre Grundeinstellung, keine angeschlagenen Akteurinnen aufs Feld zu schicken: "Alles andere wäre nicht schlau. Wir wollen hier ja mehr als ein Spiel machen."
Abschlusstraining: Lena Oberdorf komplett dabei
Für Abwehrchefin Marina Hegering kommt das Spiel nach ihrer Fersenprellung auf jeden Fall noch zu früh. Dafür meldete sich ihre Vertreterin Sjoeke Nüsken, die sich eine Außenbanddehnung im rechten Knie zugezogen hatte, überraschend schnell zurück. "Das Knie ist super", sagte die Innenverteidigerin der Sportschau bei der Abfahrt vom Teamhotel. Wie Hegering absolvierte sie am Sonntag in Melbourne aber nicht das komplette Abschlusstraining. Die zuletzt ebenfalls angeschlagene Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf indes war bei der Einheit voll dabei.
Minge reist nach Marokko-Spiel nach Hause
Für Janina Minge war es die letzte Übungseinheit mit dem DFB-Team bei der WM. Die Freiburgerin wird das Marokko-Spiel noch von der Tribüne aus anschauen und dann wie geplant zurück nach Hause fliegen. Die Mittelfeldakteurin war wegen der weiten Anreise als 24. Spielerin direkt mit dem 23er-Kader nach Down Under gekommen, um auf etwaige Verletzungsaufälle reagieren zu können. Laut FIFA-Regularien darf bis zu 24 Stunden vor der ersten Partie bei einem entsprechenden Nachweis einer Verletzung oder Erkrankung nachnominiert werden. Dieses Zeitfenster ist nun geschlossen.
Sieg im ersten Spiel soll wieder durchs Turnier tragen
Während die deutsche Startelf aktuell noch ein großes Rätsel ist, sind sich alle im DFB-Lager vor der Marokko-Partie der Schwere der Aufgabe bewusst. "Sie haben sich in den letzten zwei Jahren sehr gut entwickelt. Man sieht, dass sie die nächsten Schritte gehen. Uns wird eine kompakte Mannschaft erwarten, die defensiv sehr stabil ist", lobte Voss-Tecklenburg die Nordafrikanerinnen. Es werde Geduld bedürfen, erklärte die Bundestrainerin, die darauf hofft, dass ihr Team seine "Offensivwucht" nutzen kann.
Die Bedeutung eines guten Starts ist Voss-Tecklenburg und ihren Spielerinnen bewusst, nachdem die WM-Vorbereitungsspiele gegen Vietnam (2:1) und Sambia (2:3) alles andere als überzeugend waren. "Das würde natürlich etwas mit dem Selbstvertrauen machen, mit dem Teamflow, der dann entstehen kann", sagte Kapitänin Alexandra Popp und ergänzte: "Wir wollen alles reinhauen, unser Spiel durchdrücken, um ein gutes, stabiles Ergebnis zu erzielen. Das würde uns ein gutes Gefühl für die weiteren Partien geben."
Wir wollen alles reinhauen, unser Spiel durchdrücken, um ein gutes, stabiles Ergebnis zu erzielen. Das würde uns ein gutes Gefühl für die weiteren Partien geben.
"Unsere Gruppe ist definitiv kein Selbstläufer. Wir müssen gut starten und dann den Flow mitnehmen", sagte Popp mit Blick auf die Gruppe H, in der noch gegen Kolumbien (30. Juli) und Südkorea (3. August) gespielt wird. Ihre Stellvertreterin Svenja Huth hofft auf ein frühes Tor und fügte hinzu: "Wir wollen unser Spiel genießen und Vollgas geben."
Stellt sich Marokko hinten rein?
Zur finalen Vorbereitung auf das Marokko-Spiel gehört die Videoanalyse. Auf ihren Tablets können sich die DFB-Akteurinnen Spielszenen anschauen und über ihre Gegenspielerinnen informieren. "Ich habe mir schon einiges angeguckt", sagte Lena Lattwein am Sonnabend. "Wir erwarten Marokko sehr kompakt, wahrscheinlich in einem 4-4-2. Sie werden versuchen, Akzente bei den Umschaltmomenten zu setzen."
Deshalb sei in den vergangenen Tagen extra noch das Gegenpressing und auch die Tiefensicherung trainiert worden - also die Schwachstellen im Spiel gegen Sambia. Angesichts der Treffer von Sambias Kapitänin Barbra Banda hatte Popp aber auch schon gesagt: "Wenn jemand zehn km/h schneller ist, kann man nichts machen." Bleibt nur, schon die Zuspiele zu unterbinden.
U15-Junioren imitieren im Test die Marokkanerinnen
"Wir müssen auf Sendung sein", warnte Felicitas Rauch deshalb und forderte noch einmal, "die Lehren aus dem Sambia-Spiel" zu ziehen. Die Generalprobe sei sehr wichtig gewesen, denn: "Wie oft spielt man schon mal gegen Mannschaften aus Afrika?"
Die Sambierinnen wurden genauso ganz bewusst als letzter Testgegner ausgesucht wie auch die U15-Junioren der Central Coast Mariners, gegen die die DFB-Frauen unter Ausschluss der Öffentlichkeit in dieser Woche noch gespielt haben. Die Jungs wurden dabei von ihrem Trainer so ein- und aufgestellt, wie der DFB die Marokkanerinnen erwartet. Der Ausgang des Spiels ist nicht bekannt gegeben worden. "Das war ein guter Test", sagte Sydney Lohmann am Sonntag. "Wenn jetzt die Crunchtime ist, werden wir da sein."
Magull ist wieder bereit für die besonderen Momente
Die Partie gegen Marokko findet nun wieder auf der großen Bühne statt. Das Melbourne Rectangular Stadium soll mit 30.000 Fans ausverkauft sein. Ein Spiel wie gemacht für Magull.
Es wäre sehr hilfreich, wenn ich auch dieses Mal wieder das erste Tor schießen würde. Aber im Endeffekt ist es egal. Hauptsache wir gewinnen dieses Spiel.
Sie sei "erwachsener in ihrem Spielstil geworden", meint die gebürtige Dortmunderin, die gerade mit Bayern München wieder die deutsche Meisterschaft gefeiert hat. Ihre großen Stärken sind die alten: "Ich liebe das Spiel nach vorne, will immer den Ball haben und immer beteiligt sein am Spiel." Und sie will auch gegen Marokko "wieder besondere Momente schaffen, mit denen keiner rechnet".
Diese können die DFB-Frauen natürlich immer gebrauchen, ob im EM-Finale gegen England oder im ersten WM-Gruppenspiel gegen Marokko. "In meinem Bereich geht es um Tore und Vorlagen. Da habe ich mich entwickelt. Und es ist noch Potenzial nach oben vorhanden. Sonst wäre es ja auch langweilig", betont Magull, die sich mit Spannung und Emotionen mindestens so gut auskennt wie mit wichtigen Toren.
- FIFA-Ranking: Deutschland Platz 2 / Marokko Platz 72
- Beste WM-Platzierung: Deutschland - Titelgewinn 2003 und 2007 / Marokko - Erste Teilnahme 2023
- Fun Fact: Deutschland ist das einzige Land, das sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern (1954, 1974, 1990 und 2014) schon Weltmeister geworden ist.