Karriereende nach mehr als 200 Länderspielen "Das ist schwarzer Humor" - US-Superstar Rapinoe nimmt Abschied
Mit dem Ausscheiden von Titelfavorit USA im Achtelfinale der Frauen-Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland ist auch klar: Eine ganz große Persönlichkeit des Fußballs verlässt die WM-Bühne: Superstar Megan Rapinoe beendet ihre Karriere.
"Das ist doch ein kranker Witz. Das ist ganz, ganz schwarzer Humor". Als Megan Rapinoe nach dem Achtelfinal-Aus der Titelverteidigerinnen aus den USA in der Mixed Zone stand, waren ihre Tränen bereits getrocknet. Die Tränen, die nach dem dramatischen Aus im Elfmeterschießen gegen Schweden auf dem Platz flossen. Der Schock steckte der US-Fußballlegende aber noch immer in den Knochen. "Das ist wirklich ein harter Moment für mich."
Horan: "So wollten wir sie nicht verabschieden"
Teamkollegin Lindsey Horan konnte ihre Tränen beim Gedanken an das Karriereende einer ganz großen Fußballerin nicht zurückhalten: "Das tut weh. So wollten wir sie nicht verabschieden", sagte die 29 Jahre alte Mittelfeldspielerin am Sportschau-Mikrofon. "Sie war unglaublich für das Team. So viele Weltmeisterschaften, so viele wichtige Tore. Sie hat uns immer geholfen und ermutigt. Sie war ein Idol für mich, seitdem ich ein kleines Kind war." Verteidigerin Julie Ertz, die auf dem Platz die weinende Rapinoe tröstete, ergänzte: "Es war eine Reise mit ihr. Sie war so lange eine unglaubliche Spielerin."
Zwei WM-Titel, Weltfußballerin, Olympiasiegerin
Rapinoe verabschiedet sich ohne ihren dritten Titel von der großen WM-Bühne. Offiziell hängt die zweifache Weltmeisterin und Weltfußballerin von 2019 die Fußballschuhe erst im Herbst an den berühmten Nagel, aber schon jetzt ist klar: Ein weiteres WM-Spiel mit ihr wird es nicht geben. Mit ihrem verschossenen Elfmeter hatte Rapinoe selbst ihren Anteil daran, dass die favorisierten US-Frauen erstmals überhaupt bereits im Achtelfinale einer WM scheiterten.
Rapinoe dürfte auch insgesamt nicht die besten Erinnerungen mit dem Turnier in Australien und Neuseeland verbinden. Zu weit weg war die Olympiasiegerin von 2012 von ihrer Bestform. Auch im Achtelfinale gelang der eingewechselten Rapinoe wenig. Gleich der erste Ball auf sie versprang bei der Mitnahme. In der Verlängerung flogen zwei ihrer Eckbälle ins Nirgendwo. Der verschossene Elfmeter passte so auch ins Bild einer missglückten WM.
Andonovski: "Wenn mein Leben auf dem Spiel stünde"
US-Trainer Vlatko Andonovski würdigte seine Mittelfeldspielerin später auf der Pressekonferenz: "Wenn jetzt mein Leben auf dem Spiel stünde und ich wählen müsste, wer den Elfmeter schießt? Megan Rapinoe wäre meine erste Wahl. Die Nummer eins der Welt, keine Frage. Aber manchmal geht ein Elfmeter auch mal knapp vorbei", sagte der selbst stark kritisierte Coach, und ergänzte: "Megan Rapinoe ist eine Legende."
Großes gesellschaftliches Engagement von Rapinoe
Und als Legende wird Rapinoe auch in die Geschichte eingehen. Nach ihrem Debüt im Nationalteam 2006 wurde sie eine der prägendsten Figuren im Frauen-Fußball, Olympiasiegerin, zweifache Weltmeisterin, Vize-Weltmeisterin, mit Auszeichnungen überhäuft. Und auch abseits des grünen Rasens erlangte sie Berühmtheit: Als eine der ersten Fußballerinnen machte sie 2012 ihre Homosexualität öffentlich. Als erste weiße Sportlerin ging sie aus Protest gegen Rassismus während der Nationalhymne auf die Knie und verweigerte das Singen der US-Nationalhymne.
Öffentlichkeitswirksam auch ihre Auseinandersetzung mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump, der Rapinoe scharf angriff. Ab 2019 kämpfte sie mit einigen Mitspielerinnen vor Gericht dafür, dass die US-Frauen genauso viel Geld vom Verband bekommen wie die Männer.
Viel Beifall in Melbourne
Wie populär Rapinoe auch in ihrem weit fortgeschrittenen Fußballerinnen-Alter ist, zeigte sich auch am Sonntag in Melbourne. Als ihr Name als Spielerin auf der Auswechselbank verlesen wurde, brandete im Stadion bereits Beifall auf. Noch stärker wurde der Jubel dann bei ihrer Einwechslung in der 99. Minute. Das Ausscheiden, sagte Rapinoe später, nehme ihr "nichts von dieser Erfahrung oder meiner Karriere im Allgemeinen. Ich bin so glücklich und dankbar, so lange und in so erfolgreichen Teams gespielt zu haben."
Rapinoe: "Jeden Moment der Karriere geliebt"
Und so blickt sie versöhnlich auf ihre lange Karriere im Nationalteam, die 2006 mit einer Einwechslung in einem Freundschaftsspiel in Kalifornien gegen Deutschland begann. Das Ende jetzt "ist traurig, aber es ist okay. Ich habe jeden Moment meiner Karriere geliebt. Ich werde es zu Tode vermissen, aber es fühlt sich an wie der richtige Zeitpunkt." Was als nächster Schritt nach der Karriere kommt - das ließ die 38-Jährige noch offen.