Der ehemalige DFB-Präsident Fritz Keller

WM-Vergabe nach Saudi-Arabien Ex-DFB-Präsident Keller verteidigt Neuendorfs Stimmverhalten

Stand: 13.12.2024 10:07 Uhr

Der frühere DFB-Präsident Fritz Keller hat das Stimmverhalten seines Nachfolgers Bernd Neuendorf bei der WM-Vergabe an Saudi-Arabien verteidigt.

"Der DFB hat gar keine Chance gehabt, dagegen zu sein", sagte Keller im Deutschlandfunk. "Wir dürfen uns nicht immer abseits stellen und erwarten, dass der Fußball das hinkriegt, was die Politik nicht hinkriegt." Mit Blick auf die WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada sagte er, dass auch die USA mit ihrem neuen Präsidenten Donald Trump "nicht unsere demokratische Haltung haben".

Keller: "Der DFB hat nur eine Stimme wie Luxemburg und Liechtenstein auch"

Der DFB habe nur eine Stimme, wie Liechtenstein und Luxemburg auch, sagte Keller. Wie in der UNO habe man das Problem, dass es mehr undemokratische als demokratische Staaten gebe.

Bernd Neuendorf hatte sich im Vorfeld der Vergabe für die beiden Bewerbungen für die WM 2030 an sechs Länder und für die WM 2034 an Saudi-Arabien ausgesprochen. Neuendorf stimmt nicht nur beim Kongress für die Vergabe. Als Mitglied im FIFA-Rat trug er bei einstimmigen Beschlüssen mehrere von FIFA-Präsident Gianni Infantino angestoßene Maßnahmen mit, die Saudi-Arabien die WM 2034 sicherten. Diese Beschlüsse sorgten dafür, dass es keine Konkurrenz für Saudi-Arabien gab und die WM-Turniere im Doppelpack vergeben wurden - was aus Gründen befürchteter Deals zuletzt verboten war. Liechtenstein unud Luxemburg waren an diesen Maßnahmen nicht beteiligt, nur 38 Personen sitzen im FIFA-Rat.

Bernd Neuendorf

Bernd Neuendorf

"Das war sehr geschickt gemacht von Infantino", sagte Keller über den FIFA-Präsidenten. "Wir können darüber reden, dass es demokratisch nicht sauber ist. Aber taktisch haben sie es sehr klug gemacht."

Norwegen kritisiert, Menschenrechtsorganisationen warnen

Im Gegensatz zum DFB formulierte Norwegens Verband offene Kritik und bestand auf einer Notiz im Protokoll des FIFA-Kongresses. Norwegens Verbandspräsidentin Lise Klaveness hatte der FIFA geschrieben, dass ihr Verband Bedenken zu dem im FIFA-Rat beschlossenen Vergabeverfahren habe, es spreche gegen die Reformen, die die FIFA nach den Skandalen 2016 beschlossen hatte. Klaveness hatte angekündigt, nicht mitzuklatschen. Es waren die einzigen Widerworte bei dem Kongress.

Norwegens Verbandspräsidentin Lise Klaveness

Norwegens Verbandspräsidentin Lise Klaveness

Für das Turnier werden elf Stadien neu gebaut und vier modernisiert. Fast 200.000 neue Hotelzimmer sollen entstehen. Menschenrechtsorganisationen hatten einen Stopp der Vergabe gefordert. Nach der Übergabe der Gastgeberrolle teilten mehrere Organisationen mit: "Die FIFA und die Nationalverbände, die dafür gestimmt haben, können niemals behaupten, dass sie sich der Schwere der Risiken nicht bewusst waren."

Die Menschenrechtsorganisationen befürchten eine Ausbeutung von Arbeitern, wie sie sich im Rahmen der WM-Vorbereitung für Katar 2022 ereignet hat. "Diese Entscheidung wird viele Leben gefährden", sagte demnach Steve Cockburn von Amnesty International.

Keller: "Haben uns in Katar lächerlich verhalten"

Keller verwies auf das Verhalten des DFB bei der WM 2022. "In Katar wurden politische Statements verlangt. Wir haben uns lächerlich verhalten und wurden ausgelacht ", sagte Keller. Der DFB und mehrere andere europäische Länder wollten die "One Love"-Kapitänsbinde als Zeichensetzung für Menschenrechte tragen. Diese Binde legten die Teams ab, als die FIFA mit Gelben Karten und nicht näher genannten sportlichen Sanktionen drohte. "Wir müssen die Situation nutzen", sagte Keller, um die positiven Dinge "die wir haben, exportieren zu können".

Fritz Keller war 2019 beim DFB-Bundestag zum Präsidenten des DFB gewählt worden. 2021 verglich Keller in einer DFB-Präsidiumssitzung den DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch (hauptberuflich Richter) mit dem NS-Richter Roland Freisler, der in der Nazi-Diktatur am Volksgerichtshof mehr als 2.600 Todesurteile verhängt hatte und Teilnehmer der Wannseekonferenz war. In der Folge trat Keller zurück. Nachdem Peter Peters und Koch den DFB in der Folge kurzzeitig kommissarisch geführt hatten, wurde Neuendorf 2022 zum DFB-Präsidenten gewählt.

DFB-Präsident Fritz Keller (l.) und Vizepräsident Rainer Koch

DFB-Präsident Fritz Keller (l.) und Vizepräsident Rainer Koch