Nach Ernennung von Thomas Tuchel Englands Mangel an Toptrainern und die Geschichte von Howard Wilkinson
In England wird diskutiert, ob es richtig ist, einen Deutschen als Trainer der Fußball-Nationalmannschaft anzuheuern. Dabei wird der Fakt übersehen, dass es an Toptrainern mit englischem Pass mangelt. Der letzte Meistertrainer war Howard Wilkinson.
Gary Lineker erzählt, er habe im Restaurant gesessen bei einem netten Diner mit Rotwein, als die Meldung gekommen sei, die ihm dann doch noch Arbeit bescherte. Seine Kollegen Micah Richards und Alan Shearer, ebenfalls in England sehr prominente ehemalige Fußballer, gesellten sich für den Podcast "The Rest is Football" dazu, um über die anstehende Verpflichtung von Thomas Tuchel als englischen Nationaltrainer zu sprechen.
Warum nicht Eddie Howe?
Der Punkt, ob England von einem Engländer trainiert werden müsse, nimmt in der Diskussion breiten Raum ein. Lineker hätte es gerne gesehen, obwohl er Tuchel und vor allem dessen Titelsammlung schätze. Alan Shearer zeigte sich mehrmals verwundert und nahezu empört darüber, dass der englische Verband FA Eddie Howe nicht mal angesprochen habe, obwohl er den für einen "fantastischen" Trainer und den besten englischen halte.
Im Lauf der Diskussion wurden noch einige Namen von englischen Trainern in den Raum geworfen, deren Sterne aber eher schon wieder verglüht sind, etwa die von Steven Gerrard, Frank Lampard und Graham Potter.
So viel Talent sich auch in den englischen Nationalmannschaften und den U-Auswahlen finde, so dünn ist es bei den Trainern gesät, war die Runde sich dann einig.
Mit Leeds United zum Titel - 1992!
Den Namen eines Trainers, der als letzter Engländer in der höchsten englischen Liga Meister wurde, hatten sie nicht genannt, und das aus sehr nachvollziehbaren Gründen. Howard Wilkinson wird im November 81 Jahre alt.
Als er 1992 Leeds United zur Meisterschaft führte, hieß die höchste Liga noch "First Division", erst die kommende Saison firmierte dann unter dem Label Premier League, und in der wurden spanische Trainer Meister wie Pep Guardiola und Manuel Pellegrini, Italiener wie Carlo Ancelotti, Claudio Ranieri, Roberto Mancini und Antonio Conte, der Portugiese José Mourinho, der Franzose Arsène Wenger, der Deutsche Jürgen Klopp, einmal der Schotte Sir Kenny Dalglish und sehr oft der Schotte Sir Alex Ferguson.
Howard Wilkinson ist seit ein paar Monaten auch Träger eines britischen Ritterordens, vor allem wegen seiner Verdienste um den englischen Nachwuchsfußball. Wilkinson war wesentlich für den Bau der Nachwuchsakademie "St. George’s Park" verantwortlich, von deren Erfolg Thomas Tuchel ab 2025 profitieren soll.
Wilkinson und Tuchel - beide keine Topspieler
Wilkinson und Tuchel haben gemeinsam, dass sie keine große Spielerkarriere hinter sich haben. Immerhin schaffte es Wilkinson zu ein paar Spielen in der First Division mit Sheffield Wednesday, dem Klub in seiner Geburtsstadt, an den er schon früh sein Herz verlor.
Der größte Rivale von Wednesday war und ist Sheffield United, aber direkt dahinter kommt Leeds United, und so war es ziemlich brisant, als Wilkinson 1988 von Sheffield Wednesday an die etwa 50 Kilometer entfernte Elland Road wechselte. Seine Frau soll ihn sogar gefragt haben, ob das ein Witz sei, was allerdings damit zusammenhing, dass Wednesday erstklassig war, der Rivale aus Yorkshire nur in der Second Division spielte.
Leeds United wurde 1969 erstmals englischer Meister, hatte zu Beginn bis Mitte der 70er Jahre glänzende Zeiten und erreichte 1975 das Finale des Europapokals der Landesmeister, in dem es Bayern München mit 0:2 unterlag.
Der Bändiger von Vinnie Jones
In den 80er Jahren wurden die Zeiten schlechter, es ging zweimal runter in die 2. Liga. Im Oktober 1988 übernahm Wilkinson in der 2. Liga.
Seine ersten Worte an die Mannschaften sollen gewesen sein: "Das Flugzeug steht auf der Rollbahn und ist fertig zum Start und zum Flug. Ihr habt drei Wochen Zeit, euch zu entscheiden, ob ihr mitfliegen wollt oder nicht."
Wilkinson galt als innovativ, aber auch als sehr harter und fordernder Trainer, der eisernen Wert auf Disziplin legte. "Sergeant Wilko" wurde er in Anlehnung an eine Figur in einer bekannten englischen Fernsehserie genannt. Dass der als Rüpel verschriene und "die Axt" genannte Vinnie Jones eine Saison mit nur drei Gelben Karten schaffte, wird Wilkinson als fast so großes Werk angerechnet wie die Meisterschaft 1992.
Schon in der Saison zuvor hatte Leeds United als Aufsteiger einen glänzenden vierten Platz belegt. Im Jahr danach wurde der Titel gewonnen, vier Punkte vor Manchester United, das in der Premier League die erste und noch zwölf weitere Meisterschaften gewann - alle unter Sir Alex Ferguson, dem Schotten.