Maximilian Grosser (r.) jubelt über sein Tor zum 2:1

DFB-Pokal gegen Leverkusen Drittligist Bielefeld schafft die Sensation und steht im Finale

Stand: 02.04.2025 08:43 Uhr

Drittligist Arminia Bielefeld hat auch den vierten Bundesligisten geschlagen und steht zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte im Pokalfinale in Berlin. Die Ostwestfalen bezwangen am Dienstag in einem leidenschaftlichen Spiel auch dank des "Pokalschrecks" Marius Wörl Titelverteidiger Bayer 04 Leverkusen mit 2:1 (2:1).

Der 20-Jährige erzielte seinen dritten Treffer im DFB-Pokal. Es war das fünfte Halbfinale der Arminen, in den vier Semifinals zuvor war ihnen kein Torerfolg gelungen.

Wörl glich im ersten Spielabschnitt die Führung von Jonathan Tah postwendend aus, den umjubelten Siegtreffer machte in der Nachspielzeit der ersten Spielhälfte Maximilian Großer und verhalf den Hausherren zur ersten umjubelten Reise in Finale nach Berlin.

Bielefeld-Trainer Kniat: "Heute Nacht schläft hier keiner"

"Ich bin einfach nur stolz auf die ganze Mannschaft", sagte nach dem Schlusspfiff Bielefelds Trainer Mitch Kniat am Sportschau-Mikrofon, "heute Nacht schläft hier in der Stadt keiner."

Der Trainer fügte hinzu: "Wir haben leidenschaftlich verteidigt, was wir immer machen, und dann sind wir über den Punkt hinausgegangen. Wir waren am Drücker und haben einen verdienten Sieg eingefahren."

Leverkusens Robert Andrich sagte: "Grundsätzlich müssen wir ganz ehrlich sein, dass Bielefeld verdient im Finale ist. Bei uns fehlte ne Menge. Wir haben vorne es nicht geschafft, uns durchzusetzen und haben hinten viele Fehler gemacht." Und er fügte zerknirscht hinzu: "Das war mit Abstand das schlechteste Spiel der Saison."

Bereits vier Bundesligisten besiegt

Die Ostwestfalen besiegten den vierten Bundesligisten in Serie, das hatte zuvor noch kein Team unterhalb der zweiten Liga geschafft. In der ersten Runde hatten sich die Bielefelder gegen Zweitligist Hannover 96 (2:0) durchgesetzt, danach folgten die Siege gegen die Erstligisten Union Berlin (2:0), SC Freiburg (3:1), Werder Bremen (2:1) und eben Leverkusen - alle ohne Verlängerung.

Dass die Serie fortgesetzt werden könnte, zeichnete sich auch gegen den Titelverteidiger früh ab. Kniats Team hielt von Beginn an hervorragend mit dem zwei Klassen höher um den Titel des deutschen Meisters mitspielenden Gegner Leverkusen mit. Schnell war den Fans auf der Bielefelder Alm klar: Hier ist kein Zwei-Klassen-Unterschied zu bemerken.

Standard-Variante bringt Bayer die Führung

Und trotzdem ging Bayer in Führung - mit einer einstudierten Eckenvariante. Alex Grimaldo schlug eine Ecke von der linken Seite auf die Höhe des ersten Pfostens, von wo aus Amine Adli auf den zweiten Pfosten verlängerte.

Was bereits einige Minuten zuvor misslang, brachte diesmal die Führung. Tah lief am rechten Pfosten in Position und verwertete das Zuspiel artistisch im Sprung zum 1:0 (18.).

Bielefeld reagiert prompt durch "Pokalschreck" Wörl

Die Hausherren zeigten eine bärenstarke Reaktion. Denn keine zwei Minuten später stach die Arminia zu - ebenfalls mit einer einstudierten Variante: Ein langer Pass von Leon Schneider erreichte links den durchsetzungsstarken Louis Oppie.

Dessen Pass in die Mitte landete bei Marius Wörl, der sich den Ball auf den rechten Fuß legte und rechts unten ins Tor schoss (20.). Dabei fälschte Jonathan Tah den Ball noch minimal mit der Stiefelspitze ab, so dass sich Lukas Hradecky im Kasten der Rheinländer vergebens streckte.

Bielefeld-Torschütze Wörl - "Kann es immer noch nicht fassen"

Sportschau, 01.04.2025 20:15 Uhr

Wenn Torchancen, dann für die Arminia

Auch fortan konnten sich die favorisierten Gäste ohne den schmerzlich vermissten Florian Wirtz keine Vorteile erspielen. Im Gegenteil: Hradecky parierte stark gegen Noah Sarenren Bazee, der allein auf den Leverkusener Käpt'n zugelaufen war. Doch der Abschluss des Bielefelder Offensivmannes war schlicht zu unplatziert.

Xabi Alonsos Elf fand kein Mittel gegen die weiterhin auf absoluter Augenhöhe mitspielenden und kämpfenden Arminen, die immer gefährlich blieben. Ein Freistoß von Abwehrboss Stefano Russo vom linken Strafraumeck ging allerdings deutlich übers Leverkusener Tor (41.).

Bielefeld trifft zur Führung - die Alm bebt

Als sich die Fans gedanklich schon mit der Pause zu beschäftigen schienen, schlugen die Bielefelder ein weiteres Mal zu. Und wieder lieferte Oppie den Assist.

Sein scharfer Freistoß von der linken Strafraumkante segelte rechts in den Fünfmeter-Raum, wo Maximilian Großer mit großem Willen zum Ball stürmte und ihn mit einem langen Schritt in die Maschen beförderte. Die Alm stand Kopf.

Schiedsrichter Osmers hat alle Hände voll zu tun

Im zweiten Spielabschnitt avancierte die Partie zum Pokal-Fight: Piero Hincapie warf Sarenren Bazee den Ball an den Hinterkopf - beteuerte ein Versehen, der Unparteiische Harm Osmers zeigte dem Leverkusener Verteidiger Gelb. Dann holte sich der inzwischen eingewechselte Victor Boniface die Verwarnung ab, weil er Leon Schneider im Zweikampf mit der Hand im Gesicht traf.

Auf der Gegenseite holte sich Joel Grodowski nach einem taktischen Foul die gelbe Karte ab. Die Partie war im roten Drehzahlbereich angekommen - ohne jedoch aber auszuufern oder besonders unfair zu werden.

Weiter drückten die Arminen auf den nächsten Treffer: Der überragende Oppie stach zur Grundlinie durch, spielte zurück zum Elfmeterpunkt, wo Joel Grodowski frei zum Schuss kam. Doch der etatmäßige Stürmer schoss sich bei der Direktabnahme selbst an, so dass der Ball am langen Pfosten vorbeikullerte.

Wenn Leverkusen gefährlich wurde, dann ausschließlich bei Standards: Ein Freistoß aus dem linken Halbfeld fand den Kopf von Nordi Mukiele, dessen Versuch aber von Keeper Jonas Kersken um den Pfosten gelenkt wurde.

Bielefeld beißt und übersteht auch die Nachspielzeit

In der Schlussphase der regulären Spielzeit drehte Leverkusen auf - und die Fans fragten sich: Wie lange halten die Kräfte bei Arminia Bielefeld? Die Beine wurden schwer - was Jeremy Frimpong ausnutzte und vom rechten Flügel einen gefühlvollen Ball auf Patrik Schick im Sturmzentrum flankte. Gegenwehr fehlte in dieser Szene - und niemand hätte sich über den Ausgleich gewundert. Aber der tschechische Stürmer traf mit dem Kopf nur den rechten Außenpfosten.

Osmers ließ sechs Minuten nachspielen - unendlich lange sechs Minuten. Aber die Arminen mobilsierten ihre letzten Körner - und fielen sich unter dem schier grenzenlosen Jubel der Fans nach dem Schlusspfiff in die Arme.

Bielefeld in Aufstiegskampf und Terminnöten

Durch den Sieg der Bielefelder werden auch die Terminplaner bei den Verbänden alle Hände voll zu tun haben. Am Tag des Pokalfinales steht auch das Endspiel um den Westfalenpokal an, auch für den hat sich die Arminia qualifiziert. Und in den Tagen vor und nach dem Finale findet die Relegation zwischen 2. und 3. Liga statt - auch hier ist Bielefeld noch im Rennen.