Rui Borges am Seitenrand als Trainer von Sporting CP

Champions League Taktik Borges, Tore Gyökeres - wie Sporting den BVB ärgern möchte

Stand: 10.02.2025 15:06 Uhr

Sporting Lissabon hat unter dem Nachfolger von Ruben Amorims Nachfolger wieder zurück in die Erfolgsspur gefunden. Nie aus dieser Spur geraten ist Viktor Gyökeres, der dem BVB schon am Dienstag (11.02.2025, hier ab 20.50 Uhr live in der Audio-Reportage und im Ticker) im Playoff-Hinspiel der Champions League wohl alles abverlangen wird.

Pünktlich zu Weihnachten hing der Haussegen bei Sporting Lissabon gehörig schief. Gerade hatte man durch ein 0:0 gegen Gil Vicente am 15. Spieltag zum ersten Mal seit Saisonwoche zwei die Tabellenführung abgegeben. Ausgerechnet an Stadtrivale Benfica, der auch noch der Gegner im nächsten Spiel sein würde.

Die Verantwortlichen des Klubs, der genau genommen "Sporting Clube de Portugal" oder "Sporting CP" heißt, sahen sich zum Handeln gezwungen und zogen nach nur 44 Tagen die Reißleine: Joao Pereira, gerade erst zum Nachfolger des zu Manchester United abgewanderten Trainerhelden Ruben Amorim ernannt, wurde nach acht Spielen mit nur drei Siegen und vier Niederlagen wieder zurück ins zweite Glied zu Sportings B-Mannschaft geschickt.

Unter Borges mit Viererkette - und weiter mit Treffsicherheit bei Gyökeres

Als neuer Mann wurde pünktlich zum richtungsweisenden Derby Rui Borges vorgestellt, den man dafür vom damals sechstplatzierten Ligakonkurrenten Vitoria Guimaraes freikaufen musste. Ein Deal, der sich bisher gelohnt hat. Zwar reichen Borges' Punkteschnitt und die Spielweise nicht an die Herrlichkeit heran, die die Mannschaft unter Amorim geboten hatte, aber das Spitzenspiel wurde direkt 1:0 gewonnen. Mittlerweile führen die Grün-Weißen die Tabelle in Portugals Eliteklasse auch wieder mit vier Punkten Vorsprung an - und treffen in den Champions-League-Playoffs eben auf Borussia Dortmund.

Statt wie unter Amorim meist mit Dreierkette, die gegen den Ball zu einer Fünferkette wird, lässt Borges mit Vierer-Abwehrkette agieren. Was unter dem Trainer, der es als Spieler nie ganz in Portugals erste Liga geschafft hat, aber geblieben ist: Sporting steht für Offensivfußball - und Viktor Gyökeres, ausgesprochen etwa "Yokeresch", ist derjenige, der dafür sorgt, dass hier auch die Zahlen stimmen.

In 34 Pflichtspielen hat der schwedische Mittelstürmer mit ungarischen Wurzeln in dieser Saison 34 Tore erzielt und sieben weitere aufgelegt. In der Jagd auf den Goldenen Schuh für Europas besten Torjäger liegt Gyökeres nur nicht auf Rang eins, weil die portugiesische Liga aufgrund ihrer vermeintlichen "Schwäche" dort nicht mit einem ganz so großen Faktor berücksichtigt wird wie beispielsweise die Bundesliga.

Dort spielte der 26-Jährige bisher nie. Wer sich aber durch eine der zahlreichen Fußball-Datenbanken wühlt, der findet schnell folgende Werte: 26 Spiele und 7 Tore - in der 2. Liga. Für den FC St. Pauli in der Saison 2019/20.

Viktor Gyökeres jubelt im Trikot des FC St. Pauli

Über viele Umwege auf die ganz große Bühne

Gyökeres ist nämlich das, was man im Fußballersprech einen Spätstarter nennt. Zumindest auf der ganz großen Bühne. Mit 19 wechselte er aus seiner Heimat nach England zu Brighton & Hove Albion, doch in der Premier League spielte er nie. Der Klub lieh ihn aus, erst nach Hamburg, dann zu Swansea, später zu Coventry.

Für Coventry, das für ihn nach einer halbjährigen Leihe etwas mehr als eine Million Euro zahlte, erzielte Gyökeres immerhin 41 Tore in 121 Zweitligaspielen und landete auf dem Radar von Amorim, der im Sommer 2023 für seine Mannschaft dringend einen echten Torjäger suchte und sich das sogar fast 25 Millionen Euro kosten ließ.

So kam es, dass Gyökeres im Sommer 2023 für fast 25 Millionen Euro nach Lissabon wechselte. Mit 25 spielte er zum ersten Mal in einer ersten Liga, schoss in 50 Pflichtspielen satte 43 Tore, legte 15 weitere auf und wurde mit Sporting auf Anhieb Meister. Und wirklich schlechter ist seine Quote seither nicht geworden.

Im Sommer vielleicht zu Manchester United?

Die Frage, wie es sein kann, dass dieser Mann immer noch "nur" bei Sporting spielt, mag dem ein oder anderen auf der Zunge liegen. Schließlich ist man mit 26 heutzutage fast schon im Spätsommer seiner Fußballkarriere - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Gründe dafür liegen womöglich auch in den vielen Vereinswechseln, die der 1,89-Meter-Mann bisher vollzogen hat. So klingen zumindest seine Aussagen zu seinem Verein und auch sein Verhältnis zu den Fans ist hervorragend, angesichts des sportlichen Erfolgs kaum verwunderlich.

Jubelt sehr regelmäßig: Viktor Gyökeres (v.) von Sporting Lissabon

Dass der Schwede aber über den kommenden Sommer hinaus noch bei Sporting bleibt, erscheint kaum wahrscheinlich. Schon in diesem Winter gab es hartnäckige Wechselgerüchte, eine im Vertrag verankerte Ausstiegsklausel soll übereinstimmenden Berichten zufolge bei 100 Millionen Euro liegen. Deutlich darunter wird man ihn wohl nicht ziehen lassen. Die Vorstellung, dass es bei einer Summe von 70-80 Millionen Euro aber durchaus Interessenten geben dürfte, bedarf nicht viel Fantasie.

Für Englands Spitzenvereine wäre das fast ein Schnäppchen - einer seiner größten Förderer ist ja bei einem solchen aktiv und mit dem aktuellen Kader womöglich nicht völlig zufrieden. Aber das ist Zukunftsmusik.

Gyökeres als Prüfstein für den BVB

Die Gegenwart heißt: Borussia Dortmund. Sie heißt Waldemar Anton, Emre Can und Nico Schlotterbeck. Der BVB hat in dieser Bundesligasaison 36 Gegentore in 21 Spielen kassiert und jetzt Niko Kovac als Trainer verpflichtet, der vor allem für (defensive) Stabilität sorgen soll. Europas gerade womöglich heißester Torjäger ist da ein Prüfstein, der zu so einem frühen Zeitpunkt dann doch auch schon zur Zerreißprobe werden kann. Gyökeres hat am Wochenende nach kurzer Verletzungspause sein Comeback gegeben - und dürfte gegen den BVB in der Startelf stehen.