Neuer-Ausflug bei Aston Villa FC Bayern entdeckt das eigene Risiko
Erste Niederlage der Saison, Gegentor nach Neuer-Ausflug: Nach der Pleite in der Champions League bei Aston Villa spricht man beim FC Bayern weniger über eigene Fehler, sondern vom "kalkulierten Risiko". Die Pleite soll ein einmaliger Betriebsunfall bleiben.
Nach dem 0:1 des FC Bayern in der Champions League bei Aston Villa war am Donnerstagmorgen (03.10.2024) in einigen Meldungen von einem "Patzer" zu lesen, der den Münchnern den entscheidenden Gegentreffer und die erste Pflichtspielniederlage in dieser Saison bescherte.
Villa-Coach Emery: "Genau gewusst"
Dagegen gab es Einspruch, und zwar vom gegnerischen Trainer: Der Siegtreffer, bei dem die Münchner Abwehr erst von Pau Torres' Ball aus der eigenen Hälfte bloßgestellt wurde und Torschütze Jhon Duran dann den an der Strafraumgrenze postierten Manuel Neuer mit einem gefühlvollen Heber überwand, sei Teil eines zuvor entworfenen Plans gewesen, sagte Villa-Coach Unai Emery.
Er habe genau gewusst, dass Duran den Ball so verwertet, sagte Emery dem "Guardian". Sie hätten vor dem Spiel immer wieder über die Möglichkeiten gesprochen, die sich daraus ergeben, dass der Bayern-Keeper oft weit im Feld steht - als "Sweeper-Keeper", wie der "Guardian" es nannte.
"Sweeper-Keeper" - dieser englische Fachbegriff hätte definitiv das Zeug, auch von deutschen Reportern übernommen zu werden, nach der "Holding Six" und der "Box". Jene "Box", die auch Neuer seit eh und je gerne verlässt, um auch außerhalb des Strafraums gefährliche Situationen "wegzusweepen". Bei Bedarf den gegnerischen Stürmer gleich mit, wie bei der legendären Rettungsaktion gegen Gonzalo Higuain im WM-Finale 2014.
Gegentor nach Neuer-Ausflug
Was bei Higuain im Maracana glückte, ging aber am Mittwochabend im Villa Park schief. Unter anderem deshalb, weil Neuer bei seinem Ausflug auf halbem Weg umdrehte und in den Kasten zurückeilte. Bei den Münchnern fand sich aber im Anschluss niemand, der von einem Fehler sprechen wollte.
Auch nicht Neuer, der sich als Reaktion auf den Gegentreffer noch das Torwarttrikot über den Kopf gezogen und darunter versteckt hatte. "Das ist einfach unser Spiel. Daran werden wir auch nichts ändern", sagte der Bayern-Keeper. "Wir werden weiter versuchen, eng zusammenzustehen, mit und ohne Ball." Dass dies auch Überrumpelungsattacken des Gegners erleichtert, gehöre dann einfach zum "einkalkulierten Risiko", so Neuer.
Auch Joshua Kimmich sah kein grundsätzliches Problem an der Spielweise, mit Neuer als Abräumer bei langen Bällen: "Manu steht natürlich generell etwas hoch", sagte Kimmich, betonte aber: Wir profitieren sehr, sehr oft davon, dementsprechend machen wir ihm keinen Vorwurf."
Eberl: Gegentor ohne "klare Torchance"
Was Eberl dann allerdings anfügte, eröffnete durchaus Spielraum für nachfolgende Diskussionen: Er habe beim Gegentor gar "keine richtige, klare Torchance" gesehen. In der Tat war Bayerns Abwehrkette zwar hoch postiert, aber auch klar in Überzahl. Upamecano war zudem im Laufduell auf Höhe von Ball und Gegner, dem Torschützen Duran. Es sei nicht so gewesen, bemerkte Eberl, dass "der Stürmer klar den Ball hatte", und im Duell "Eins-gegen-eins auf Upa" zulief.
Falsche Einschätzung der Situation in der Bayern-Defensive
Dies lässt sich so deuten, dass nach Eberls Ansicht bei Villas Vorstoß und dem langen Ball an den Strafraum keine echte Gefahr bestand - und dementsprechend für Neuer womöglich auch gar kein Anlass, zu einem Sprint aus seinem Strafraum anzusetzen.
Diese paar Meter, die er dann wieder zurückeilen musste, fehlten ihm dann womöglich am Ende, um Durans Lupfer abzuwehren. So klangen Eberls Worte unterm Strich doch so, als wollte er dem Defensivteam zumindest eine falsche Einschätzung der Situation und fehlende Abstimmung bescheinigen.
Kompany: "Die Jungs machen das gut"
In jedem Fall hat es Aston Villa als erstes Team in dieser Saison geschafft, die Risiken im Münchner Spiel aufzudecken. Trainer Vincent Kompany hinterließ nach der ersten Niederlage im achten Pflichtspiel unter ihm aber nicht den Eindruck, als wolle er an seiner Taktik mit hohem Pressing etwas ändern.
In den vergangenen drei Spielen hätte seine Mannschaft nur "acht Gegenchancen" zugelassen, das zeige auch, "dass die Jungs das gut machen", sagte Kompany bei "DAZN". Insgesamt sei auch Aston Villa nicht allzu torgefährlich gewesen: "Wir haben nicht alles falsch gemacht."
Aber eben auch nicht alles richtig - dass es schon im zweiten Spiel dieser Champions-League-Saison den ersten Rückschlag gibt, liefert dem FC Bayern auch wertvolle Erkenntnisse und ausreichend Gelegenheit, um nachzujustieren. Nach dem Willen der Münchner soll die Saison in der Königsklasse nach Möglichkeit erst im Endspiel enden, im eigenen Stadion.