Schalkes neues Trikot mit der Aufschrift "Sun Minimeal"

Kryptowährung Schalkes Sponsor lockt mit leicht verdientem Geld durch Lebensmittelkauf

Stand: 29.07.2024 14:12 Uhr

Schalke 04 hat einen neuen Hauptsponsor, der nach eigenen Angaben "das nachweislich gesündeste Lebensmittel der Welt" herstellt. Das Produkt ist mit einer Kryptowährung verbunden - die Macher stellen Fans in Aussicht, sehr reich zu werden. Ein Experte warnt.

Der Schriftzug "Sun Minimeal" steht ab der Saison 2024/25 auf den Trikots des FC Schalke 04. "Minimeal" ist eine komprimierte Mahlzeit und hat eine Form wie ein größerer Keks. Das Werbeversprechen des Schalker Partners Sun AG aus der Schweiz als Hersteller von "Minimeal": Acht Stück davon decken alle notwendigen Nährstoffe eines Tages ab - bei nur 800 Kalorien. "Gesunde Ernährung und Kalorienmanagement waren noch nie so einfach. Nie wieder Kalorienzählen, Diäten oder Hungern", heißt es auf der Internetseite. Zugleich schone man mit "Minimeal" die Natur und spare Ressourcen.

Doch die Ernährung seiner Kunden und der Naturschutz sind nur ein Teil dessen, was das Unternehmen anbietet. Denn das "Minimeal" ist über eine Art Payback-System mit einer Kryptowährung verbunden.

Geschäftsführer spricht in Werbevideo von "finanzieller Freiheit" für Kunden

Der Geschäftsführer der Sun AG, mit der Schalke 04 nun zusammenarbeitet, ist Wolfgang Grabher. In einem Werbevideo spricht der Österreicher die sogenannten "Sun Points" an. Diese Punkte bekommt demnach jeder Kunde in derselben Höhe, in der er Euro für das Lebensmittel bezahlt hat. Grabher sagt, mit den "Sun Points" könne man sich "vielleicht eine finanzielle Freiheit aufbauen".

Finanzielle Freiheit durch den Kauf eines Lebensmittels? Grabher meint eine Kryptowährung, die man im Tausch für "Sun Points" bekommen kann.

Wolfgang Grabher, Geschäftsführer der Sun AG, bei einem E-Autorennen in Berlin 2024

Wolfgang Grabher, Geschäftsführer der Sun AG, bei einem E-Autorennen in Berlin 2024

"Minimeal"-Chef: Wert der Kryptowährung soll um das 10.000-Fache steigen

Die Rede ist von einem "10.000X-Plan", nach dem der Wert der Kryptowährung bis 2030 um das 10.000-Fache steigen soll. Geschäftsführer Grabher rechnet in dem Video konkret vor: Wer für 1.560 Euro Essen bei "Minimeal" kauft, hätte bei einem angenommenen aktuellen Wert der Kryptowährung von 0,01 Euro zwar zunächst nur 15,60 Euro, "aber du bist von Anfang an mit dabei." Grabher vergleicht "Minimeal" mit Unternehmen wie Tesla, Apple und Amazon und verweist auf die Wertentwicklung dieser Unternehmen - am Ende der Grafik steht ein Betrag von 156.000 Euro. Diese Zahl sei zu erreichen, "wenn alles gut läuft", sagt Grabher an dieser Stelle des Videos.

10.000-facher Wert führt zu 156.000 Euro? Diese Erwartung wird in einem Video mit dem Geschäftsführer geweckt.

10.000-facher Wert führt zu 156.000 Euro? Diese Erwartung wird in einem Video mit dem Geschäftsführer geweckt.

Auf eine Anfrage der Sportschau, ob das ein seriöses Angebot ist, teilt die Sun AG mit: "Bitcoin hat in der Vergangenheit bewiesen, dass eine Vervierzehntausendfachung möglich ist." Grabhers Vortrag in dem Video zufolge soll "Minimeal" bis 2030 fünf Millionen Kunden haben, gleichzeitig wolle man die Kryptowährung verknappen, in dem man sie durch eine stete Vernichtung von fünf Milliarden auf eine Million Coins runterfährt. Steigende Nachfrage und ein sinkendes Angebot sollen also den Wert erhöhen.

Ihr Geld investieren die Kunden nicht direkt in die Kryptowährung, technisch kaufen die Menschen nur mit Euro das Lebensmittel. "Wir bieten keine Kryptowährung an", betont die Sun AG auf Anfrage der Sportschau. Im zuständigen Schweizer Handelsregister steht allerdings als Zweck der Gesellschaft neben der Herstellung der Lebensmittel "das Erbringen von Dienstleistungen im Bereich Blockchain und Kryptowährungen". Die Sun AG schreibt, dass es sich bei den "Sun Points" lediglich "um ein kostenloses Bonusprogramm handelt, das der Kunde optional mit der Blockchain verbinden kann". Die "Sun Points" zum Eintausch in die Währung gibt es demnach gratis zum "Minimeal" dazu. Eine Chance auf sechsstellige Beträge in Euro ohne Risiko also?

Experte warnt: Kryptowährung wird genutzt, um echtes Geld zu verdienen

Martin Calladine recherchiert seit Jahren zu Kryptogeschäften im Fußball und schrieb das Buch "No questions asked" ("Keine Fragen gestellt"), das die Tendenz des Profifußballs zum Geld der Kryptofirmen und die Folgen aufzeigt. Dass die Kryptowährung mit dem Lebensmittel verbunden wird, hat für ihn einen klaren Grund. "Die Gier und die Unwissenheit der Leute wird ausgenutzt. Das Ganze dreht sich eigentlich um die Kryptowährung, die die Menschen mit der Aussicht auf schnellen Reichtum anlocken soll", sagt der 47 Jahre alte Autor aus London im Gespräch mit der Sportschau. "Das Essen ist meiner Ansicht nach nur ein Vehikel, um den Menschen echtes Geld aus der Tasche zu ziehen. Jeder, der auf diesem Umweg in die Währung investiert, wird meiner Meinung nach seine gesamte Investition verlieren."

Autor Martin Calladine beschäftigt sich seit Jahren mit Fußball und Krypto.

Autor Martin Calladine beschäftigt sich seit Jahren mit Fußball und Krypto.

Es sei für ihn schwer zu verstehen, "wie jemand wirklich glauben kann, dass eine zehntausendfache Wertsteigerung der Währung auch nur annähernd wahrscheinlich ist", sagt Calladine. Zwar hätten in der Vergangenheit einige Kryptowährungen kurzzeitig enorm an Wert gewonnen, die meisten jedoch nicht. "Und meistens läuft das nur so lange, bis Spekulanten die Währung verkaufen und ihre Gewinne einstreichen", sagt Calladine.

BaFin: Für "Sun Minimeal" nicht zuständig, Mahnung zur Vorsicht bei Krypto

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) teilte auf Anfrage der Sportschau mit, dass sie nicht für eine Beaufsichtigung des Schalker Sponsors zuständig sei. Grundsätzlich mahnt sie Menschen zur Vorsicht. "Investments in Kryptowerte sind hoch spekulativ - und ebenso riskant", schreibt die BaFin. "Das 'sichere, schnelle Geld' gibt es nicht."

Die BaFin-Zentrale in Bonn

Die BaFin-Zentrale in Bonn

Die "Sun Points" werden in mehreren Videos mit dem Geschäftsführer Grabher als kostenfreier Zugang zur Kryptowährung beworben: Wer "Minimeal" im Abo und auf Vorkasse kauft, bekommt die doppelte Anzahl an "Sun Points". Wer Freunden das Produkt erfolgreich empfiehlt, bekommt dieselbe Menge an "Sun Points" wie seine geworbenen Freunde. Grabher rechnet im Werbevideo beispielhaft einen Betrag von 660.000 Euro vor, die Kunden in Aussicht stünden, wenn sie genug Bekannte von "Minimeal" überzeugen und damit ihren Bestand in der Kryptowährung steigern.

Schalke will zwischen Lebensmittel und Krypto trennen

Auf die Frage, ob der Klub Bedenken bezüglich der Seriosität des Anbieters gehabt habe, trennte Schalke 04 zwischen Lebensmittel und Kryptowährung: "Im aktuellen Hauptsponsoringvertrag ist festgelegt, dass die Sun AG ihr Produkt Sun Minimeal bewirbt. Darauf fokussiert sich die Partnerschaft. Um das Produkt zu erwerben, sind keine Punkte oder Coins notwendig." Die Sun AG habe in den Gesprächen "überzeugend dargelegt, dass das Unternehmen mit Sun Minimeal ein werthaltiges Lebensmittel herstellt". Es gehe dabei auch um das Thema der nachhaltigen Lebensmittelproduktion, so Schalke 04.

Darüber hinaus schrieb Schalke über das Produkt des Sponsors, das nun auf den Trikots steht: "Was Menschen für eine gesunde und ausgeglichene Lebensweise zu sich nehmen, treffen sie individuell und sollte nie auf Basis eines Sponsorings erfolgen." Die Ernährungspläne der Spieler seien individuell gestaltet, pauschal empfohlen werde "Minimeal" den Spielern deshalb nicht. "Die Entscheidung, welche Lebensmittel die Spieler zu sich nehmen, obliegt dem einzelnen Spieler."

Schalker Spieler in Trikots mit dem neuen Sponsor

Schalker Spieler in Trikots mit dem neuen Sponsor

Auch Nico Rosberg und Hansi Hinterseer werben für "Sun Minimeal"

"Minimeal" lässt sich die Werbung viel kosten. Medien berichten über Zahlungen von bis zu vier Millionen Euro pro Saison, die sich Schalke im Voraus ausgezahlt haben lassen soll. Schalke legt auf Anfrage der Sportschau nicht offen, wie viel Geld fließt und wann welche Zahlungen fällig sind. Die Sun AG teilte dagegen auf Anfrage mit, "dass die Summe des Sponsorings bereits im Voraus bezahlt wurde".

Auch im Motorsport ist die Sun AG aktiv, um den Bekanntheitsgrad von "Minimeal" zu steigern: Der ehemalige Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg und der frühere DTM-Sieger Timo Scheider werben für "Minimeal" in E-Motorsportserien. Weitere Werbefiguren von "Minimeal" sind der frühere Musiker Joey Kelly und der österreichische Entertainer Hansi Hinterseer.

Schalke erlebte Fehlschlag mit Kryptofirma, Fans verloren ihr Geld

Dass es Risiken bei Geschäften mit Kryptofirmen geben kann, erlebte Schalke 2023. Da verkündete der Klub eine Zusammenarbeit mit der Krypto-App Tradar, die den Fans sogenannte "digitale Spieleranteile" anbot. Auch der FC Augsburg, der VfL Wolfsburg, die TSG Hoffenheim und Bayer 04 Leverkusen stiegen nach eigenen Angaben ein. Die Betreiberfirma "MFC Labs GmbH" teilte im Januar 2024 mit, dass sie Insolvenz angemeldet habe.

Im Juni teilten die neuen Besitzer "EML Sports Innovation GmbH" den Nutzern der App schriftlich mit: "Da wir keinen Bezug zum früheren Betreiber haben, besteht kein Anspruch auf Rückerstattung. Das heißt, alle Investitionen unter der Verantwortung von MFC Labs GmbH verfallen." Nach Angaben von Schalke 04 existiert die Partnerschaft nicht mehr, die Betreiber von Tradar hätten aber alle "bis dahin fälligen Verpflichtungen beglichen".

Die App "Tradar"

Die App "Tradar"