Alexander Jobst (l.) und Klaus Allofs
analyse

Freier Eintritt in Düsseldorf Fortunas "Revolution" - ein PR-Stunt, der Fragen aufwirft

Stand: 27.04.2023 14:27 Uhr

Fortuna Düsseldorf ist ein PR-Stunt der Extraklasse gelungen. Mehr ist die Ankündigung noch nicht, künftig auf Eintrittsgeld zu verzichten. Eine kommentierende Analyse.

Die Rede war schnell von einer "Revolution". Vielleicht wird es auch nur eine Reform. Eventuell wird es ein Rohrkrepierer. Es kann auch eine Erfolgsgeschichte werden.

Eine Prognose ist äußerst schwierig, und selbst wenn Fortuna Düsseldorf in der Saison 2023/24 zum ersten Mal allen Zuschauern freien Eintritt zu einem Spiel der - höchst wahrscheinlich - 2. Liga gewährt haben, wird sich noch lange nicht herausgestellt haben, ob "Fortuna für alle" mehr als ein gelungener PR-Stunt ist.

Fortuna-Projekt: Freier Eintritt für alle Zuschauer

Aktuelle Stunde, 26.04.2023 19:25 Uhr

Weltweites Echo auf Fortuna-Plan

Der ist es, das kann mit Stand Donnerstagmittag (27.04.2023) schon gesagt werden. Die renommierte französische Sportzeitung L’Équipe berichtet über den spektakulären Plan der Fortuna, genau wie die brasilianische Zeitung Folha de Pernambuco und die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Das ist großartig für einen Klub, bei dem sich ausländische Medien bisher allenfalls für Spielergebnisse interessiert haben.

Aufmerksamkeit lässt sich zu Geld machen, mit ein paar Mitgliedschaften, die es wegen der bevorzugten Zuteilung von Freikarten an Mitglieder geben dürfte, sogar schon kurzfristig.

Sehr viele Fragen zu Gratis-Tickets

Ob das Projekt dauerhaft mehr Geld generiert - und darum wird es dem Verein ja gehen, sonst hätte er das Gegenteil behauptet und damit tatsächlich den Profifußball revolutioniert -, ist eine von sehr vielen Fragen, die sich schon heute ergeben.

Da wäre etwa die nach den Erlössteigerungen. Am Samstag (30.04.2023) spielt die Fortuna gegen den Karlsruher SC. Die Eintrittspreise für Vollzahler reichen von 20 bis 45 Euro, unter Berücksichtigung der Ermäßigungen scheint ein Durchschnittspreis von 25 Euro realistisch. Bei einem aktuellen Zuschauerschnitt von 29.000 nimmt die Fortuna bei 17 Heimspielen in der Liga somit gut zwölf Millionen Euro ein.

Die am Mittwoch (26.04.2023) vorgestellten Sponsoren zahlen laut des Klubs in den kommenden fünf Jahren 45 Millionen Euro. Damit könnten die entgangenen Einnahmen also nichtmal ausgeglichen werden. Es braucht bei Annahme gleichbleibender Umstände - 2. Liga und knapp 60 Prozent Auslastung des Stadions - mehr Sponsoren und Steigerungen in weiteren Bereichen wie Merchandising und Catering. Wird das signifikant möglich sein?

Welche Angaben müssen Ticketinteressenten machen?

Eine der interessantesten Fragen ist die, wer wie an Freikarten kommt. Fortunas Vorstandsvositzender sprach vage von einer "digitalen Plattform", auf der sich Interessenten bewerben können. Mitglieder würden bevorzugt behandelt.

Wäre mit der digitalen Plattform der schon vorhandene Ticket-Shop gemeint, hätte Jobst vom Ticket-Shop sprechen können. Im Zusammenhang mit dem Versprechen der Düsseldorfer, die Karten "fair" zu verteilen, stellt sich noch mehr die Frage, welche Angaben Interessenten machen müssen. Name, Wohnort und Geburtsdatum werden kaum ausreichen. Warum sollte Max Mustermann aus Meerbusch eher eine Karte zustehen als Maria Mustermann aus Ratingen?

Die hinter dem Slogan "Fußball für alle" zu vermutende, löbliche Absicht, auch Menschen mit sehr wenig Geld Zutritt zu einem Profifußballspiel zu verschaffen, erfordert, dass die bedürftigen Menschen angeben, dass sie bedürftig sind. Oder wird ein gewisses Kontingent über soziale Einrichtungen zugeteilt?

Dünne Antworten aus Düsseldorf

Jede Frage im Zusammenhang mit Fortunas Strategie wirft eine weitere Frage auf. Die Antworten sind bislang sehr dünn. Die Fortuna hat es in die Schlagzeilen gebracht und ganz nebenbei Konkurrenten unter Druck gesetzt. Vereine, die zur kommenden Saison die Preise erhöhen wollen, werden von einigen Fans den Hinweis bekommen, dass Düsseldorf bald gar kein Geld mehr nehmen will.

Das hat übrigens in 60 Jahren Bundesliga noch nie ein Fan gefordert. Der Besuch seines Vereins war ihm immer wert, auch dafür einen angemessenen Preis zu zahlen. Wie hoch der Preis für die Fans der Fortuna sein wird, wenn sie kein Geld mehr zahlen müssen, ist auch eine spannende Frage. Es dauert noch mit einer Antwort.