Titelverteidiger nur remis Leverkusen verschlampt Zwei-Tore-Führung gegen Kiel
Nach acht Minuten sah es nach einem Kantersieg aus, doch dann zeigte Bayer Leverkusen erneut Führungs-Schwächen. Holstein Kiel entführte in der Fußball-Bundesliga beim 2:2 am Samstag trotz eines 0:2-Rückstands einen Punkt vom Meister.
Victor Boniface (4. Minute) und Jonas Hofmann (8.) brachten die Werkself früh komfortabel in Führung, doch der Aufsteiger schlug sensationell durch Max Geschwill (45.+5) und Jan-Fiete Arp (69./Foulelfmeter) zurück.
"Vielleicht haben wir nach dem 2:0 gedacht, das Spiel sei vorbei", sagte Leverkusens Trainer Xabi Alonso im Sportschau-Interview. "Aber das passiert in der Bundesliga nicht. Daraus müssen wir lernen für die Zukunft." Beim Austeiger aus Kiel waren sie hingegen natürlich nicht unzufrieden mit dem Ergebnis. "Es ist ein Punkt beim Meister, nicht mehr und nicht weniger", sagte Kiels Trainer Marcel Rapp der Sportschau.
Früher Leverkusener Doppelschlag durch Boniface und Hofmann
Leverkusen hätte das Vorbild für Kiel sein können. In der Vorwoche hatte der Meister dem zuvor deutlich formstärkeren FC Bayern München im Topspiel mit einer extrem defensiven und destruktiven Spielweise ein 1:1-Remis abgetrotzt. Doch der Aufsteiger nutzte die Blaupause zu Beginn nicht, Kiel setzte auf mutigen Fußball und hohes Anlaufen - und wurde dafür ganz schnell bitterböse bestraft.
Schon in der vierten Minute zeigten die Leverkusener, was sie mit ihrer Klasse gegen einen Gegner anstellen können, der ihnen viel Platz bietet. Bayer konterte schnell, am Ende steckte Exequiel Palacios auf Boniface durch, der früh das 1:0 erzielte. Kurz darauf ermöglichte Kiel den Gastgebern eine ähnliche Situation, Timon Weiner konnte mit einer starken Parade allerdings den Boniface-Doppelpack noch verhindern (6.).
Die zweite Aktion des Kieler Keepers ging allerdings nach hinten los. Seinen Fehler im Aufbau nutzte Palacios, der diesmal für Hofmann auflegte und das 2:0 für Bayer ermöglichte (8.). Für den Argentinier war es nach langer Verletzungspause der erste Startelfeinsatz in dieser Saison und er vergoldete diesen mit zwei schnellen Assists - das alles an seinem 26. Geburtstag.
Kiel passt sich an - und kommt sogar wieder ran
Kiel wurde dann aber etwas zurückhaltender mit dem Verteilen von Geschenken. Boniface erzielte zwar seinen zweiten Treffer, stand aber einige Zentimeter im Abseits (26.). Leverkusen vergab noch einige weitere Halbchancen, der Aufsteiger passte seine Spielweise allerdings an, damit der Nachmittag nicht zu einer ganz bitteren Angelegenheit werden würde. Und weil die Alonso-Elf auch nicht mit voller Wucht aufs dritte Tor ging, blieb Kiel das zumindest in der ersten Halbzeit erspart.
Doch nicht nur das. Das Team von Trainer Rapp bestrafte sogar kurz vor dem Pausenpfiff die Passivität der Werkself. Nach einem Eckball kam Geschwill in der fünften Minute der Nachspielzeit zum Anschlusstreffer für den bisher einzigen Bundesliga-Klub aus Schleswig-Holstein.
Kiel baut Bollwerk auf und hat Hoffnung
Schon mehrfach war Leverkusen in der noch jungen Saison trotz eines Zwei-Tore-Vorsprungs in Nöte geraten, auch bei der Niederlage gegen RB Leipzig (2:3) lag das Alonso-Team mit 2:0 in Führung - und nun schnupperte auch der Aufsteiger am Comeback beim Meister. Denn Leverkusen zog nach der Pause zwar wieder das Tempo an, Kiel stand aber sehr tief und konnte sich gegen die Angriffe wehren.
Bayer hatte zwar die ganze Zeit den Ball und ließ ihn um den Kieler Strafraum zirkulieren, Chancen gab es aber so gut wie keine. Die Gäste lauerten auf ihre Chance, mit einem Konter zuzuschlagen und einen Punkt aus Leverkusen zu entführen - und diese Gelegenheit ergab sich in der 67. Minute. Da stürmte Benedikt Pichler Richtung Bayer-Tor, Edmond Tapsoba konnte im letzten Moment aber noch blocken.
Arp schockt Leverkusen
Und dann gab es die ganz große Chance für Kiel. Nach einem Foul von Jeremie Frimpong gab es Elfmeter für den Außenseiter - und den verwandelte Arp tatsächlich zum Ausgleich (69.). Unglaublich, aber schon wieder brachte Leverkusen einen sicher geglaubten Sieg in Gefahr. Schon zum dritten Mal kassierte die Werkself nach 2:0-Führung das 2:2 - konnte sie wie schon beim Saisonauftakt gegen Borussia Mönchengladbach (3:2) noch mal zurückschlagen?
Zunächst musste Lukas Hradecky sogar das 2:3 verhindern, als Pichler ganz frei aus kurzer Distanz zum Kopfball kam (73.). Die Leverkusener Angriffe wurden dann deutlich vehementer, aber die Bemühungen wirkten auch verkrampft. Und zwar so sehr, dass auch der sonst so häufige Lucky Punch in der Nachspielzeit ausblieb - es blieb beim 2:2 und den beiden aus Bayer-Sicht verschenkten Punkten.
So kann der FC Bayern am Sonntag (bei Eintracht Frankfurt) bereits auf fünf Zähler davonziehen, zudem ist Leverkusen erstmals seit ganz langer Zeit aus den Top vier der Bundesliga gerutscht. Derweil wartet Kiel zwar weiter auf den ersten Sieg im deutschen Oberhaus, das Erlebnis in der BayArena war aber ein nicht für möglich gehaltenes Erfolgserlebnis, das viel Mut für die Zukunft machen dürfte.
Leverkusen gegen Frankfurt, Kiel gegen Union
Für Bayer Leverkusen geht es nach der Länderspielpause gegen Eintracht Frankfurt weiter (19.10., 15.30 Uhr). Holstein Kiel kämpft gegen Union Berlin um (die ersten) 3 Punkte (20.10., 15.30 Uhr).