Fußball-Bundesliga Mainz, Köln, Darmstadt - über den Geruch von Abstiegskampf
In der Fußball-Bundesliga haben der 1. FSV Mainz 05 und der 1. FC Köln nach 17 Spielen elf Punkte, der SV Darmstadt 98 hat zehn - so steigt man ab, sagt die Statistik. Doch es gibt Hoffnung, es gibt sie tatsächlich.
Timo Schultz trug Trainingsanzug, für einen Trainer in Köln ist das schon Winterkleidung. Als der FC im Heimspiel gegen Heidenheim eine Halbzeit überzeugt und am Ende doch remis gespielt hatte, zupfte Schultz einmal an seiner Trainingsjacke, dann ging er in die Analyse. Sie hätten jetzt einen Punkt mehr als vor dem Spiel, sagte er im Interview mit dem ARD-Hörfunk. "Das ist Fakt."
In Köln hat sich zuletzt eine Menge verändert. Der Trainer heißt nicht mehr Steffen Baumgart, Trainer ist nun Schultz. Baumgart hatte auch im Winter zu Jeans und Schiebermütze T-Shirt getragen, Schultz trug bei seinem Debüt immerhin Trainingsjacke. Baumgart saß eigentlich nie still auf der Trainerbank, er gestikulierte, schimpfte, hüpfte. Schultz hüpft selten, und wenn er schimpft, dann leiser. Im Fernsehen hat man ihn noch nicht fluchen hören.
Auch der fußballerische Ansatz hat sich verändert, zumindest ein wenig. Baumgart mochte es mit viel Tempo und über die Flügel, Schultz mag es abwartender. Bei ihm endet nicht jeder Angriff mit einer Flanke. Manches aber ist gleich geblieben: Mit dem Gewinnen hat der FC in dieser Saison einige Schwierigkeiten. Und auf die Tabelle haben sie in Köln auch schon mal lieber geschaut.
Elf Punkte nach 17 Spielen - das endete oft mit einem Abstieg
Nach dem Ende der Hinrunde ist der 1. FC Köln mit elf Punkten Tabellenvorletzter, der 1. FSV Mainz 05 ist um einige Tore besser und steht deshalb auf Rang 16 (elf Punkte). Letzter ist der SV Darmstadt 98 (zehn Punkte). Das sind keine guten Nachrichten, nicht für Köln und Mainz, erst recht nicht für Darmstadt. Es sind sogar ziemlich schlechte Nachrichten, sagt die Statistik.
Es ist ja so: Seitdem zur Saison 1995/96 die Drei-Punkte-Regel eingeführt wurde, gab es das 24 Mal, dass eine Mannschaft nach dem 17. Spieltag elf Punkte hatte oder weniger. Meist endete das mit dem Abstieg, die Quote liegt bei 75 Prozent. Es gibt Statistiken, die riechen nach Abstieg. In Mainz, Köln und Darmstadt kennen sie das.
In der Saison 2006/07 hatten die Mainzer unter dem Trainer Jürgen Klopp aus den ersten 17 Ligaspielen nur elf Punkte geholt. In der Rückrunde lief es besser, aber nicht gut genug. Mainz stieg ab. Ähnlich war es in Darmstadt in der Saison 2016/17 (neun Punkte nach der Hinrunde) und ein Jahr später in Köln (sechs Punkte), auch ihnen gelang der Klassenerhalt nicht.
Erinnerungen an 2011, als Favre Gladbach rettete
Und doch dürfen alle drei Klubs hoffen. Weil der Rückstand auf den 1. FC Union Berlin auf Rang 15 nur drei beziehungsweise vier Punkte beträgt - wobei die Berliner ein Spiel weniger absolviert haben. Und weil es in der Vergangenheit manchmal auch Geschichten von Mannschaften gegeben hat, die zu diesem Zeitpunkt einer Saison ähnlich wenig Punkte hatten wie heute Mainz, Köln oder Darmstadt, die am Ende aber trotzdem jubelten.
Unvergessen, wie Lucie Favre an einem Tag im Februar 2011 Borussia Mönchengladbach auf Rang 18 übernahm, wie er die Mannschaft um die Techniker Marco Reus und Juan Arango stabilisierte, wie sie gemeinsam drei der letzten vier Saisonspiele gewannen und sich in die Relegation retteten. Wie Igor de Camargo in der Relegation gegen Bochum ein Tor erzielte, das Gladbach-Fans nicht vergessen haben. Und wie Gladbach doch ein Erstligist blieb.
Ähnlich dramatisch war es in der Saison 1999/2000, als sich Eintracht Frankfurt nach einer Hinrunde mit nur elf Punkten rettete. In Frankfurt hießen die Protagonisten Felix Magath und Horst Heldt. Und dann ist da noch eine Geschichte aus der Saison 2020/21, an sie erinnern sich Mainzer gerne.
Heidel, Schmidt, Svensson - und ein Mainzer Märchen
Nach 17 Spieltagen hatte der 1. FSV Mainz 05 nur sieben Punkte, dann übernahmen Christian Heidel und Martin Schmidt die sportliche Verantwortung, als Trainer präsentierten sie Bo Svensson. Und das funktionierte: Mainz holte in der Rückrunde 32 Punkte und schaffte den Klassenerhalt.
Heute heißt der Trainer nicht mehr Svensson, Mainz hat auch in dieser Saison den Trainer gewechselt. Das ist nun Jan Siewert. Als er Anfang November als Interimstrainer übernahm, gewannen die Mainzer gleich mal gegen Leipzig. Es war der erste Saisonsieg in der Bundesliga - nur kam bis heute keiner dazu. Siewert hat in Mainz die Defensive stabilisiert, in keinem Spiel gab es mehr als ein Gegentor. Nur vorne läuft es nicht: fünf Tore in acht Siewert-Spielen.
Über einen Angreifer, der Tore erzielt, würde sich Siewert sicher freuen. Es könnte sein, dass ihm die Verantwortlichen Heidel und Schmidt diesen Wunsch noch im Januar erfüllen werden. Schmidt sagte nach dem Remis gegen Wolfsburg: "Wir beobachten den Markt."
Alle suchen einen Torjäger - in Köln müssen sie besonders kreativ sein
In Köln haben sie ähnliche Probleme mit dem Toreschießen, in der Statistik finden sich nur elf FC-Tore - keine Mannschaft in der Bundesliga ist ungefährlicher. Nur darf der Trainer Schultz nicht auf einen neuen Torjäger hoffen, die Transfersperre gegen den Klub ist gerade verhängt worden. Und nun hat sich nicht nur Luca Waldschmidt verletzt, auch Davie Selke (fünf Tore) fällt vorerst aus.
Der Tabellenletzte Darmstadt hat immerhin 20 Tore erzielt, aber auch 44 Gegentore kassiert, fünfzehn mehr als die Konkurrenz aus Köln und Mainz. Es fehlt in der Defensive an Klasse, aber auch vorne. Sie suchen in Darmstadt einen wuchtigen Angreifer, einen Typ Sandro Wagner. Einen, der Tore garantiert. Nur, wer sucht den nicht?
Und doch gehen sie in Darmstadt einen anderen Weg als die Konkurrenz. Der Trainer heißt weiter Torsten Lieberknecht, sein Job ist nicht in Gefahr. Im Gegenteil: Seitdem der sportliche Leiter Carsten Wehlmann die "Lilien" überraschend verlassen hat, gehört Lieberknecht einer Runde an, die bis zur Einstellung eines Nachfolgers über Transfers entscheidet. Und in seiner neuen Rolle hat Lieberknecht dem "Hessischen Rundfunk" gerade gesagt: "Wir werden mit Sicherheit noch etwas machen."