Fans von Bayer Leverkusen

Uneinigkeit zwischen Köln- und Leverkusen-Fans Alles Derby oder was? Reine Ansichtssache

Stand: 03.02.2025 14:00 Uhr

Im DFB-Pokal treffen mit Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln zwei Klubs aufeinander, von denen nur einer das Duell als "Derby" bezeichnet. Wir klären alle Fragen zu diesem Begriff.

Woher kommt der Begriff "Derby"?

Der Ursprung soll im Royal Shrovetide Football liegen, einem wohl seit dem 12. Jahrhundert stattfindenden Spiel zweier Lokalrivalen des Dorfes Ashbourne in der Region Derbyshire in Großbritannien. Dabei spielen die "Up'ards" aus der Oberstadt gegen die "Down'ards" aus der Unterstadt auf einem knapp fünf Kilometer großen Feld mit unbegrenzter Spieleranzahl und wenigen Regeln.

Was der Fußball auf dem klassischen Spielfeld davon mitgenommen hat, um ein Spiel als Derby anzusehen: besondere Rivalität und räumliche Nähe. Das erste Derby soll es dann 1866 in Nottingham zwischen Nottingham Forest und Notts County gegeben haben.

Was ist der Unterschied zwischen einem Derby und einem Nachbarschaftsduell?

Das ist auch der Grund dafür, warum Bayer Leverkusen und der 1. FC Köln, die am Mittwoch (05.02.2025) im DFB-Pokal um den Einzug ins Halbfinale spielen, unterschiedlicher Auffassung sind. Köln gehört zu den Traditionsvereinen im deutschen Profifußball, aus vielerlei Gründen ist in den vergangenen Jahrzehnten eine Rivalität mit Borussia Mönchengladbach entstanden, bevor Leverkusen für den Rhein-Nachbarn überhaupt ein echter Konkurrent war.

Bayer Leverkusen gegen 1. FC Köln, am 05.02. ab 20.15 Uhr

Sportschau, 05.02.2025 20:15 Uhr

Für Köln ist Gladbach also der Derby-Gegner, weil es der große Rivale war und mit 45 Kilometern Entfernung auch der nächstgelegene Klub, auf den der Verein ständig getroffen ist, mit dem man sich in den 1970er Jahren um Meisterschaften und DFB-Pokalsiege duelliert hat.

Leverkusen spielte erst eine große Rolle im Profifußball, als dieses Derby schon unzählig viele Geschichten geschrieben hatte - die Werkself brauchte aber selbst ein Derby. Für die ist das nun gegen Köln - geografisch, weil die Städte aneinander grenzen, aber auch emotional, weil sich der FC immer ein wenig erhoben hat gegenüber dem aus einem Chemiekonzern erwachsenen Verein.

Köln-Sportdirektor Thomas Kessler (mit kurzen Unterbrechungen seit 23 Jahren im Klub) spricht ganz offen von einem "Nachbarschaftsduell", Bayer-Geschäftsführer Simon Rolfes dagegen von einem "rheinischen Derby" - und beide liegen in dem Fall aus ihrer Sicht richtig. Für ein Derby braucht es Rivalität und Nähe, für ein Nachbarschaftsduell nur Nähe - und Köln sieht Leverkusen nicht als genügend großen Rivalen. Beides trifft für den FC eher zu, wenn es mal zu Duellen mit Fortuna Düsseldorf geht, weil die Städte seit Ewigkeiten verfeindet sind.

Wer oder was entscheidet, ob ein Spiel ein Derby ist?

Der Begriff ist nicht geschützt und er hat auch keine ganz feste Definition. Vielmehr ist die Bezeichnung ein Agreement beispielsweise einer Fangruppe, die ein bestimmtes Duell als Derby ausmacht - zum Beispiel haben die Kölner für sich entschieden, dass das Spiel gegen Leverkusen kein Derby ist, und die Leverkusener für sich, dass Duelle mit Köln doch ein Derby sind.

Oft wird die Bezeichnung aber auch ganz bewusst - auch von außen - gewählt, um Spannung in ein Spiel zu bringen. Die TSG Hoffenheim ist erst seit 2008 Bundesligist, braucht aber natürlich auch ihren Gegner, auf den sich die Fans besonders freuen - das soll der VfB Stuttgart sein. Der Verein selbst schrieb nach dem Hinspiel im Oktober von einem "Derby-Drama", weil Ermedin Demirovic tief in der Nachspielzeit zum Ausgleich getroffen hatte. Im Spielbericht auf der VfB-Homepage ist dagegen der Begriff "Duell" das höchste der Gefühle. Kurzum: Jeder entscheidet für sich, was ein Derby ist.

Und leider gilt meistens auch für ein solches Duell gegen den Erzrivalen: Der Kampf findet nicht nur auf dem Platz statt. Fans verabreden sich zu Schlägereien, es gibt Ausschreitungen im Spielort oder im Stadion, aggressive Stimmung. Mehrere internationale Derbys werden teilweise schon seit längerer Zeit ohne Gästefans ausgetragen, um dem entgegenzuwirken.

Warum gibt es immer mehr angebliche Derbys?

Mehr Spannung und vermeintliches Gefühlsspektakel - das sind auch die Gründe, warum der Begriff immer inflationärer benutzt wird. Spiele sollen eine zusätzliche Würze erhalten, um Aufmerksamkeit oder Klicks zu generieren, mehr Zuschauer in die Stadien zu locken, zu emotionalisieren. So gibt es längst nicht mehr nur Lokalderbys, sondern auch mehrere Baden-Württemberg-Derbys, Südwestderbys und sogar teilweise Länderspiele wie Deutschland gegen Niederlande, die als Derby bezeichnet werden.

Bei welchen Partien gibt es Derby-Uneinigkeit?

Nicht nur Köln und Leverkusen oder Stuttgart und Hoffenheim sind sich uneins, sondern auch Vereine, wo die verschiedenen Ansichten nicht sofort auf der Hand liegen. Beim Hamburger SV gilt sogar das Duell gegen den Stadtrivalen FC St. Pauli oftmals nicht als Derby, sondern nur das Spiel gegen Werder Bremen. Im Ruhrgebiet sind die Ansichten ebenfalls verschieden - oftmals entsteht auch der Eindruck, dass kleinere Vereine eine Partie gegen große Klubs gerne als Derby proklamieren.

Ähnlich ist es bei Eintracht Frankfurt, gegen die Mainz 05 und Darmstadt 98 den Derby-Begriff beanspruchen, der Europa-League-Sieger von 2022 sieht dagegen aber eigentlich nur die Kickers Offenbach als Derbygegner. Auch der VfL Wolfsburg ist ein Beispiel eines Klubs, der kein beidseitig anerkanntes Derby hat, weil Hannover 96 nur Eintracht Braunschweig als entsprechenden Kontrahenten sieht.

Was sind die berühmtesten Derbys in Deutschland?

Gladbach gegen Köln, Schalke gegen den BVB, Hamburg gegen Bremen, Hannover gegen Braunschweig - über diese Partien haben wir schon gesprochen. Es gibt aber auch noch die kaum noch oder schon lange nicht mehr stattfindenden Derbys zwischen dem FC Bayern und TSV 1860 München oder Stuttgart und dem Karlsruher SC. Das Frankenderby zwischen dem 1. FC Nürnberg und Greuther Fürth ist auch sehr präsent, ebenso einige Ostderbys wie Carl-Zeiss Jena gegen Rot-Weiß Erfurt.

Was sind die größten Derbys weltweit?

International gibt es die brisantesten Duelle fast ausschließlich zwischen Stadtrivalen. Einige berühmte Beispiele: Galatasaray und Fenerbahce in Istanbul (Türkei), AS und Lazio in Rom (Italien), Real und Atletico in Madrid (Spanien), Celtic und die Rangers in Glasgow (Schottland), Corinthians und Palmeiras in Sao Paulo (Brasilien) oder River Plate und die Boca Juniors in Buenos Aires (Argentinien).