Basketball-WM "Geiles Gefühl" - Deutsche Basketballer erstmals seit 2002 im WM-Halbfinale
Die deutschen Basketballer haben sich in einem Krimi gegen Lettland durchgesetzt und bei der Basketball-WM erstmals seit 2002 wieder das Halbfinale erreicht. Die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) gewann am Mittwoch (06.09.2023) in Manila mit 81:79 und trifft nun auf den Top-Favoriten USA.
Im Halbfinale gegen die USA, das am Freitag (14.40 Uhr) in Manila stattfindet, greift die DBB-Auswahl nach der ersten WM-Medaille seit 2002, damals gewann das Team um Dirk Nowitzki Bronze.
Der Einzug ins WM-Halbfinale bedeutet zudem die vorzeitige Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024. Da sich Kanada im abschließenden Viertelfinale gegen Slowenien durchsetzte, hat Deutschland als eine der zwei verbleibenden europäischen Nationen im WM-Turnier bereits das Ticket sicher.
Franz Wagner mit starkem Comeback: "Können jeden schlagen"
Franz Wagner, der nach seiner Knöchelverletzung beim Auftakt gegen Japan vier Spiele aussetzen musste, gab im Viertelfinale sein Comeback und war am Ende mit 16 Punkten der Topscorer im deutschen Team. Andreas Obst (13 Punkte), Moritz Wagner (12) und Johannes Thiemann (10) trafen ebenfalls zweistellig für das DBB-Team, Kapitän Dennis Schröder kam nur auf 9 Punkte.
"Wir haben eine spezielle Truppe, es ist schön, dass wir uns für uns belohnt haben", sagte Franz Wagner nach dem ersten Einzug in ein WM-Halbfinale nach 21 Jahren. Bei seinem geglückten Coemback durfte Franz gemeinsam mit seinem Bruder Moritz auch wieder auf die Unterstützung der Eltern bauen, die mit nach Manila gereist waren: "Ich habe meine Mama immer ein bisschen gehört während des Spiels. das freut mich und Moritz natürlich riesig, dass sie das miterleben können."
Wagner sieht gute Chancen, auch im Halbfinale gegen den Top-Favoriten USA zu bestehen: "Wir müssen 40 Minuten soliden Basketball zeigen, als Team gut zusammenspielen. Dann können wir jeden schlagen."
Routinier Johannes Voigtmann sprach im Anschluss am ARD-Mikrofon von einem harten Stück Arbeit: "Lettland hat uns alles abverlangt, es war kein schönes Spiel." Andreas Obst sprach von einem "krassen Spiel, wir haben es uns auch selbst nicht leicht gemacht. Aber dass wir jetzt im Halbfinale stehen, ist ein geiles Gefühl." Das Duell mit den USA werde nun "ein Kampf".
Dass Kapitän Dennis Schröder, der bislang ein "überragendes Turnier" (Voigtmann) gespielt hat, gegen Lettland mit Problemen zu kämpfen hatte, am Ende dennoch der Sieg für das deutsche Team stand, wertete Voigtmann als "gutes Zeichen", auch im Hinblick auf das anstehende Halbfinalduell gegen den Rekordweltmeister USA.
Beim letzten Härtetest wenige Tage vor der WM hatte das DBB-Team nur knapp gegen den Top-Favoriten verloren und dabei lange in Führung gelegen. "Wir haben gezeigt, dass wir gegen sie mithalten können. Wir haben nichts zu verlieren", meinte Voigtmann.
Kapitän Schröder: "Haben Geschichte geschrieben"
Auch Dennis Schröder zeigte sich "sehr stolz" auf die Mannschaft. "Wir haben Geschichte geschrieben", sagte der Kapitän am ARD-Mikrofon. "Es war heute eins meiner schlechtesten Spiele überhaupt. Trotzdem hat das Team mich getragen, das sagt so viel über uns aus."
"Dennis ist ein Biest, wir müssen ihn nicht aufbauen", sagte Moritz Wagner über den Kapitän, der beim Abschluss ungewohnt wackelte. Wagner zeigte sich am ARD-Mikrofon zuversichtlich, dass Schröder gegen die USA wieder die Rolle des Anführers spielen werde: "Er bekommt so viel Aufmerksamkeit, alle reden darüber, wie sie ihn stoppen können. Es wird für ihn nicht leichter, aber ich mache mir überhaupt keine Sorgen."
Deutschland mit Anlaufschwierigkeiten
Das deutsche Team, klarer Favorit gegen den Überraschungs-Viertelfinalisten aus Lettland, startete nervös und mit den fast schon gewohnten Anlaufschwierigkeiten ins Spiel: Andreas Obst erzielte mit einem tiefen Dreier die einzigen deutschen Punkte in den ersten fünf Minuten. Auf der Gegenseite waren die Letten hellwach - Bundestrainer Gordon Herbert nahm beim Stand von 3:13 die erste Auszeit und schickte Franz Wagner aufs Parkett.
Der Mann aus Orlando erzielte auch gleich wieder die ersten Punkte nach seinem Comeback. Doch es waren vor allem die erneut starken Spieler von der Bank, die das deutsche Team wieder ins Spiel brachten: Johannes Thiemann setzte in der Zone immer wieder erfolgreich seine physische Überlegenheit ein, ebenso wie Moritz Wagner, der mit einem krachenden Dunk im zweiten Viertel erstmals für die Führung (17:16) sorgte.
Schröder lange ohne Rhythmus
Es blieb ein ausgeglichenes Spiel, weil die Letten gut den Ball bewegten und stark aus der Distanz trafen. Und auch, weil Dennis Schröder lange seinen Rhythmus suchte: Deutschlands Kapitän traf keinen seiner neun Versuche aus dem Feld - das deutsche Team ging mit einer hauchdünnen 36:34-Führung in die Pause.
Lettland blieb auch in der zweiten Halbzeit auf Augenhöhe, neben Davis Bertans (20 Punkte) traf auch Arturs Zagars hochprozentig von "downtown".
Doch die deutsche Mannschaft hielt dagegen: Anführer Schröder erzielte im 13. Versuch seine ersten Punkte. Und auch Franz Wagner, nach seiner Verletzungspause bis dahin noch sichtlich mit angezogener Bremse unterwegs, drehte auf: Der Berliner sorgte mit sieben schnellen Punkten dafür, dass Deutschland die knappe Führung behauptete.
Nervenspiel bis in die Schlussphase
Es blieb ein Nervenspiel bis in die Schlussphase: Dort übernahm wiederum Franz Wagner für den weiter glücklosen Schröder die Verantwortung. Erst zwei starke, erfolgreiche Drives zum Korb, dann bediente Wagner mit viel Übersicht Isaac Bonga, der einen Dreier aus der Ecke versenkte: Die deutsche Mannschaft startete mit einem 8:0-Lauf ins letzte Viertel und ging erstmals zweistellig in Führung (70:59).
Bertans verfehlt möglichen Matchwinner
Doch die Letten kamen nochmals zurück. Zagars, mit 24 Punkten bester Akteur des Spiels, brachte sein Team mit zwei starken Abschlüssen in der Schlussminute wieder auf zwei Punkte heran. Nachdem Schröder beim letzten deutschen Angriff verlegte, hatte auf der Gegenseite Bertans die Chance auf den möglichen Matchwinner für Lettland, verfehlte seinen Dreier aber knapp. "Ich habe gebetet", sagte Johannes Thiemann im Anschluss über den letzten Wurf der Letten. Am Ende zitterte sich Deutschland glücklich ins WM-Halbfinale.
"Wir hatten am Ende nur 10 Assists, das sagt eigentlich alles", sagte Bundestrainer Herbert im Anschluss bei "Magentasport". Der Kanadier bemängelte die "fehlende Ballbewegung" bei seiner Mannschaft, die in der Offensive insgesamt zu statisch spielte und das gewohnt starke Zusammenspiel vermissen ließ. "Wir werden besser spielen müssen als heute", sagte Herbert mit Blick auf den Halbfinal-Showdown gegen die USA.