Rodeln in Lillehammer Taubitz und Eggert/Müller feiern perfekten Auftakt
Auftakt nach Maß für die deutschen Rennrodler in Lillehammer: Julia Taubitz gewann im Einsitzer, Toni Eggert sorgte bei seinem Comeback im Doppelsitzer für eine faustdicke Überraschung. Grund zur Freude gab es auch für die Doppelsitzerinnen Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal.
Erstmals seit fast fünf Jahren sind die Rodlerinnen und Rodler wieder im Süden Norwegens unterwegs. Und Julia Taubitz zeigte auf der Olympiabahn von 1994 direkt ihre Klasse. Die 28-Jährige aus Annaberg-Buchholz gewann am Samstag (30.11.2024) vor der US-Amerikanerin Emily Sweeney (+0,092 Sekunden) und feierte ihren 28. Weltcup-Sieg in einem Einzelrennen. Platz drei ging an Weltmeisterin Lisa Schulze aus Österreich (+0,152).
Merle Fräbel rundete das gute deutsche Ergebnis ab und fuhr auf Platz fünf (+0,408). Anna Berreiter und Melina Fabienne Fischer landeten bei der Weltcup-Premiere des neuen deutschen Bundestrainers Patric Leitner auf den Rängen 14 und 15.
"Das war haarscharf. Mit einem Sieg in die Saison zu starten, ist aber natürlich super cool", sagte Taubitz im Anschluss im ZDF. Dabei hatte sie im Vorfeld noch gehadert, "im Training war kein perfekter Lauf dabei". Vor den Rennen habe sie sich dann noch einmal erfolgreich gepusht. "Das hat geklappt", strahlte die fünfmalige Weltmeisterin.
Taubitz lässt sich von Sweeneys Bahnrekord nicht beirren
Bereits im ersten Lauf legte Taubitz, Gesamtweltcup-Siegerin der Vorsaison, eine starke Fahrt hin und arbeitete sich mit Bahnrekord ein Polster von 0,081 Sekunden auf Schulte heraus. Fräbel, Berreiter und Fischer auf den Plätzen sieben, 14 und 15 mussten bereits zu diesem Zeitpunkt auf eine Aufholjagd hoffen, um das Podest noch einmal anzugreifen. Das sollte bei Berreiter und Fischer nur bedingt gelingen, Fräbel schob sich dank einer mutigen Fahrt dagegen noch ein paar Plätze nach vorn.
Auch Taubitz bewies im Finale Nervenstärke, obwohl die Konkurrenz die Meßlatte hochgelegt hatte. Allen voran Emily Sweeney, die Taubitz' Bahnrekord pulverisiert und sich damit an die Spitze katapultiert hatte. Doch Taubitz konterte mit einer erneut grandiosen Fahrt, brillierte in den Kurven und ließ keine Zweifel an ihrem Sieg aufkommen.
WM als großes Ziel
Taubitz hatte in der vergangenen Saison insgesamt sechs Weltcup-Siege in Einzelrennen (inkl. Sprint) feiern können und war zum vierten Mal Gesamtweltcup-Siegerin geworden. Auch in diesem Winter geht sie als Topfavoritin an den Start und wird vor allem bei den Weltmeisterschaften im kanadischen Whistler im Februar alles daransetzen, ihre beeindruckende Medaillensammlung weiter auszubauen. Bei der vergangenen Heim-WM in Altenberg hatte sie Gold im Sprint und mit der Teamstaffel geholt, im Einzel war nur die Österreicherin Schulte schneller gewesen.
Eggert im Doppelsitzer zum Comeback-Coup
Wenig später konnte Bundestrainer Leitner den nächsten Sieg bejubeln. Und dieser hatte sich keineswegs abgezeichnet. Ausgerechnet Toni Eggert fuhr im Doppelsitzer der Männer bei seinem Comeback direkt an die Spitze. Gemeinsam mit seinem neuen Partner Florian Müller gewann er prompt den Weltcup-Auftakt in 1:33,846 Minuten vor den Letten Martins Bots und Roberts Plume (+0,132 Sekunden). Thomas Steu und Wolfgang Kindl aus Österreich wurden Dritter (+0,224).
Auch Tobias Wendl und Tobias Arlt konnten Eggerts Coup nicht verhindern. Die dreifachen Olympiasieger wurden Fünfter (+0,276), Hannes Orlamünder und Paul Gubitz landeten direkt dahinter (+0,327).
Bahnrekord im ersten Lauf
Schon im ersten Lauf zeigten Eggert und Müller, dass es zwischen ihnen bereits prächtig harmoniert. Während Wendl/Arlt schwächelten und sich als Sechste auch hinter dem dritten deutschen Duo Orlamünder/Gubitz einsortierten mussten, schwangen sich Eggert und Müller mit Bahnrekord (46,807 Sekunden) an die Spitze.
Und tatsächlich sollte das Märchen seine Krönung im Finale finden. Nach einem erneut starken Start bauten Eggert/Müller ihre Führung sukzessive aus und brachten eine fehlerfreie Fahrt ins Tal. Im Anschluss schaute die versammelte Weltelite ob der großen Überraschung verdutzt drein.
Toni Eggert und Florian Müller beim Start
Eggert: "Brauchen uns nicht zu verstecken"
"Das Wetter hat uns in die Karten gespielt", meinte Eggert nach dem Rennen. "Wir haben heute alle Bausteine zusammengebaut. Er (Florian Müller, Anm. d. Red.) hat heute echt einen guten Job gemacht." Der gab die Lobeshymnen direkt zurück: "Der Toni ist ein wahnsinnig guter Fahrer. Hut ab!" Dennoch bremste Eggert die Euphorie ein wenig. "Natürlich ist es schön, wir brauchen uns nicht zu verstecken. Aber nächste Woche kann alles schon wieder anders sein."
Der 36-Jährige hatte bis 2023 gemeinsam mit seinem Partner Sascha Benecken zahlreiche Erfolge gefeiert, darunter elf Weltmeistertitel, ehe das Duo den Schlitten in die Ecke gestellt hatte. Doch Eggert kitzelte es wieder. Nach einer kurzzeiten Tätigkeit beim Verband der Vereinigten Staaten entschied er sich für eine Rückkehr in den Weltcup-Zirkus und fand in Müller einen neuen Partner, der zuvor im Einsitzer unterwegs war.
Eggert machte im Vorfeld keinen Hehl daraus, welches große Ziel ihn antreibt: der Olympiasieg 2026, der ihm mit Benecken verwehrt blieb. 2022 holte das Duo Silber in Peking, vier Jahre zuvor war es Bronze in Pyeongchang. Beide Male triumphierten Wendl und Arlt. Dass Eggerts Ambtionen alles andere als vermessen sind, zeigt sein Auftakt in Lillehammer.
Degenhardt/Rosenthal zum Auftakt nur knapp geschlagen
Schon am Vormittag hatten die deutschen Doppelsitzerinnen Jessica Degenhardt und Cheyenne Rosenthal mit einem Rennen vorgelegt. Die Ex-Weltmeisterinnen mussten sich einzig Chevonne Forgan und Sophia Kirby geschlagen geben. 0,017 Sekunden gaben am Ende den Ausschlag zugunsten der US-Amerikanerinnen, die bereits im ersten Lauf mit der Bestzeit vorgelegt hatten.
Das deutsche Duo konnte sich im zweiten Lauf zwar noch einmal verbessern und war dort sogar einen Hauch schneller als die Konkurrenz unterwegs, für den Sieg zum Auftakt sollte es allerdings nicht reichen. Das Podium komplettierten Marta Robezniece/Kitija Bogdanova aus Lettland (+0,490 Sekunden).
Die vergangene Saison hatten Degenhardt/Rosenthal im Gesamtweltcup auf Platz zwei hinter Andrea Vötter und Marion Oberhofer beendet. Die Italienerinnen kamen im ersten Rennen in diesem Winter auf Rang fünf ins Ziel.
Eitberger stürzt mit neuer Partnerin
Eine Enttäuschung erlebte Dajana Eitberger, die mit ihrer neuen Partnerin Magdalena Matschina bereits im ersten Lauf stürzte und ausschied. "Das ist sehr, sehr bitter. Eine bittere Pille, die wir gerade schlucken müssen", sagte die frühere Einzel-Weltmeisterin Eitberger. Von schwereren Verletzungen blieb das Duo glücklicherweise aber offenbar verschont. "Mir geht es gut. Aber die Dajana hat ein paar kleine Wehwechen", sagte Matschina und kündigte an: "Aufstehen und weitermachen." In Innsbruck-Igls geht es in der nächsten Woche weiter.
In der vergangenen Saison war Eitberger, die 2018 Olympia-Silber im Einzel gewonnen hatte, noch mit Saskia Schirmer den Eiskanal hinuntergerast. Das Duo hatte bei der Heim-WM in Altenberg Gold mit der Teamstaffel geholt und im Februar in Oberhof auch einen Weltcupsieg gefeiert. Dennoch entschied sich die 33-Jährige für einen Wechsel. Das große Ziel mit der 19-jährigen Matschina ist die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2026.