Deutsches Bob-Duo im Interview Laura Nolte und Deborah Levi - Freundinnen im Zweierbob
Laura Nolte und Deborah Levi geben im Wintersport-Podcast der Sportschau Einblicke in ihre tiefe Freundschaft, Schwächeanfälle an der Bahn und Einkaufen im Bobanzug.
Die Olympiasiegerinnen von Peking, Laura Nolte und Deborah Levi, werfen in der neuen Folge des Wintersport-Podcasts der Sportschau einen Blick auf ihre Gold-Fahrt im Zweierbob, geben im Gespräch mit Julia Kleine viele Einblicke in ihre tiefe Freundschaft, erläutern die Feinheiten des Bobfahrens und sprechen über Schwächeanfälle an der Bahn.
Sportschau: Laura, du bist Jahrgang 1998 und die jüngste Bob-Olympiasiegerin der Geschichte. Ist das ein Titel, der dich stolz macht?
Laura Nolte: Das ist schon ziemlich cool - ich wusste das vorher auch nicht, das wurde uns erst im Ziel gesagt. Das hat einfach gezeigt, dass es sich gelohnt hat, so früh anzufangen.
Sportschau: Du hast hinterher von Schwächenanfällen berichtet, Dir sei übel gewesen.
Laura Nolte: So habe ich noch nie reagiert. Das war vor dem ersten Lauf, da war ich so nervös. Ich habe an dem Tag auch nicht sehr viel gegessen. Und dann war ich beim Aufwärmen und habe gemerkt: Ok, ich spüre meine Beine kaum, sehe die Leute kaum. Ich war einfach ziemlich aufgeregt.
Sportschau: Du hast ja eigentlich Leichtathletik gemacht, wurdest 2016 von der Leichtathletik weg-akquiriert, in den Bob gesetzt und dann wurde gesagt: "Fahr da mal runter" …
Laura Nolte: … ja genau. Ich kannte welche, die auch Bobfahren gemacht und mich da mal mitgeschleppt haben. Da dachte ich, dass ich Anschieberin von einer Pilotin werde. Dann hieß es aber direkt, ob ich nicht selber fahren möchte, und keine zwei Monate später saß ich selbst im Bob.
Sportschau: Und dann standest du vor dieser Steilwand in Oberhof, die ist glaube ich vier Meter hoch …
Laura Nolte: … ja, da stand ich vor dieser Wand und hab' gedacht: "Ich kann da doch nicht lang fahren! Wie soll das funktionieren? Hilfe! Voll hoch!" Ich war schon sehr nervös, weil ich es so noch nicht kannte und mich da selbst nicht gesehen habe. Aber irgendwie hat es dann doch geklappt.
Sportschau: Bei Laura ging es also alles ziemlich schnell - wie war das bei dir, Deborah?
Deborah Levi: Ich wurde 2018 auf einem Leichtathletik-Wettkampf angesprochen. Ich habe meine ganze Kindheit schon Leichtathletik gemacht, habe mich irgendwann auf den Sprint spezialisiert und wurde bei den deutschen Jugendmeisterschaften von einem Trainer angesprochen, der meinte: "Ich habe da eine Anfrage für dich, klären wir aber nach dem Wettkampf." Da hat er mich dann gefragt, ob ich nicht Lust hätte, Bobanschieberin zu werden und da kam das alles ins Rollen. Nur ein oder zwei Wochen später habe ich mich dann auch schon mit Laura in Winterberg getroffen.
Sportschau: … und da hattest du direkt das Vertrauen, dich da hinten in den Bob reinzusetzen?
Deborah Levi: Ja, auf jeden Fall. Laura und ich haben uns von Beginn an total gut verstanden. Dass man bei der ersten Fahrt mit einem mulmigen Gefühl am Start steht, ist normal. Aber ja: volles Vertrauen in Laura.
Sportschau: Die Trainer haben euch auf jeden Fall genügend Vertrauen geschenkt. Mittlerweile seid ihr Olympiasiegerinnen, Europameisterinnen. 2023 habt ihr bei der WM in St. Moritz auch die Chance auf einen Titel, den ihr noch nicht geholt habt. Wie geht ihr diese WM an?
Laura Nolte: WM-Gold soll auf jeden Fall noch dazu kommen - ob schon im nächsten Jahr müssen wir dann sehen. Wir haben ja auch noch eine Heim-WM in Winterberg, das wird richtig cool. Auf St. Moritz freuen wir uns natürlich auch total, aber die Bahn kennen wir nicht so gut wie andere.
Sportschau: Ist das so entscheidend, dass man auf der Bahn viel trainiert? Oder liegen die Unterschiede am Eis?
Laura Nolte: Das ist schon extrem entscheidend, gerade auf schwierigen Bahnen. Ich werde vor dem Weltcup maximal zehn Fahrten auf der Bahn haben. Da komme ich gerade einmal dazu, die Kurven zu können und unten anzukommen. Zu den ganzen Feinheiten komme ich da nicht. Es ist ja so: je weniger man lenkt, desto schneller ist man. Das ist natürlich nur bis zu einer gewissen Grenze möglich, und an diese Grenze versucht man ranzukommen. Aber bei zehn Fahrten hat man nicht die Chance zu experimentieren. Da versucht man, erstmal anzukommen - das sieht bei den anderen Fahrerinnen anders aus: die kann man nachts um vier Uhr wecken und die können da runterfahren.
Sportschau: Man kann euch einfach so nachts wecken und dann wisst hier, was man in Kurve fünfzehn machen muss?
Laura Nolte: Das auf jeden Fall. Wir müssen eigentlich jede Bahn komplett auswendig können.
Sportschau: Das sieht auch total interessant aus, wenn Ihr die Bahnbegehung macht. Da habt Ihr ja Spikes unter den Schuhen und geht komplett die Bahnen ab.
Laura Nolte: Genau, vor jedem Training gehen wir die Bahn einmal zu Fuß ab, damit wir sehen, was die Kurven für Radien haben, wie lang sie sind und wie das Eis beschaffen ist.
Sportschau: Ihr seid ja nicht nur sportlich ein Dream-Team, sondern auch privat sehr gut befreundet. Ist das nicht eine besondere Herausforderung?
Deborah Levi: Also ich finde eher, dass man da viele Vorteile rausziehen kann. Es reicht ein Blick ins Gesicht, um zu wissen, was im Kopf der Anderen gerade so abgeht. Auch am Wettkampftag können wir uns gegenseitig so die Ruhe geben und das Vertrauen, dass das auch unser kleiner Vorteil bei Olympia gewesen ist und hoffentlich noch lange so bleibt.
Sportschau: Habt Ihr Euch auch mal so richtig gestritten?
Laura Nolte: Das werden wir so oft gefragt, aber wir haben uns wirklich noch nie gestritten. Noch nie.